Das breite Angebot von preiswerten Cloud-Lösungen und die zunehmende Verschiebung von Tätigkeiten im Software-Bereich in Billiglohnländer macht es notwendig, den Fokus des Unternehmens auf Software-Projekte zu legen, die besonders und individuell sind, d.h. als Alleinstellungsmerkmal zu verstehen sind. Der in der Branche bestehende Preis- und Innovationsdruck wird auch an die Beschäftigten weitergegeben.
Darüber hinaus machen es die technischen Voraussetzungen und Entwicklungen möglich (aber auch nötig), dass Arbeitsabläufe immer schneller werden, was auch zu einer Zunahme des Zeit- und Leistungsdrucks führt.
„Also vor zehn Jahren konnte man, wenn man ein Projekt begonnen hat, noch irgendwie zwei, drei Wochen diskutieren, wie man jetzt dieses Projekt gestaltet, mit welchem Ticketsystem man arbeitet und mit welcher Softwareentwicklungsumgebung man da arbeitet oder wie man auch mit dem Kunden oder Kooperationspartnern zusammenarbeitet. Und es hat wirklich Wochen gedauert, bis man dann mal eine gemeinsame Arbeitsbasis hatte. Mittlerweile geht’s da um Stunden und dann steht das alles. Also das ist auch wirklich technische Infrastruktur […].“ (Interview 4)
Die Dokumentation der geleisteten Stunden und Zuordnung zu Kundenprojekten kann zu einem Gefühl der Leistungsüberwachung und des Leistungsdrucks führen. Die Auslastungsquote, d.h. der Anteil der Arbeit, der dem Kunden in Rechnung gestellt werden kann, wird unternehmensbezogen zurückgemeldet, kann aber durch die Führungskraft auch für die einzelnen Beschäftigten eingesehen werden. Somit kann die Sorge entstehen, bei einer schlechten individuellen Auslastungsquote zur Rechenschaft gezogen zu werden. Das führt bei einem Teil der Beschäftigten dazu, dass Tätigkeiten, die keinem Kundenprojekt zugehören, wie z.B. kreative Prozesse oder sich auf dem Laufenden zu halten, sich in den privaten Bereich verlagern.
Besonderer Druck besteht für die Beschäftigten, die von den Kolleg*innen als Expert*innen gesehen werden – sie werden sehr oft für Projekte angefragt, so dass sie besonders unter Zeitdruck stehen.
Zeit- und Leistungsdruck kann auch durch die Veränderungen der Familiensituation vieler Beschäftigter gesehen werden. Es wird berichtet, dass mittlerweile viele Kolleg*innen Eltern geworden sind und nun stärkere Vorgaben in der zeitlichen Verfügbarkeit erleben (z.B. Kita-Schluss), so dass dieselbe (oder zum Teil auch als mehr erlebte) Arbeit in enger umgrenzten Arbeitszeiten oder bei Teilzeitregelungen auch in weniger Zeit geschafft werden muss (s. auch Arbeitszeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Arbeitsort).
Insgesamt wird die Arbeitslast von einem Teil der Beschäftigten als hoch empfunden, d.h. es wird als schwierig erachtet, selbst gesetzte Standards in der verfügbaren Zeit zu realisieren. In den Interviews wird eine zunehmende Arbeitsverdichtung berichtet.