5.2.2.2 Zeit- und Leis­tungs­druck (Arbeits­or­ga­ni­sa­tion)

Das breite Ange­bot von preis­wer­ten Cloud-Lösun­gen und die zuneh­mende Ver­schie­bung von Tätig­kei­ten im Soft­ware-Bereich in Bil­lig­lohn­län­der macht es not­wen­dig, den Fokus des Unter­neh­mens auf Soft­ware-Pro­jekte zu legen, die beson­ders und indi­vi­du­ell sind, d.h. als Allein­stel­lungs­merk­mal zu ver­ste­hen sind. Der in der Bran­che bestehende Preis- und Inno­va­ti­ons­druck wird auch an die Beschäf­tig­ten weitergegeben.

Dar­über hinaus machen es die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen und Ent­wick­lun­gen mög­lich (aber auch nötig), dass Arbeits­ab­läufe immer schnel­ler werden, was auch zu einer Zunahme des Zeit- und Leis­tungs­drucks führt.

Also vor zehn Jahren konnte man, wenn man ein Pro­jekt begon­nen hat, noch irgend­wie zwei, drei Wochen dis­ku­tie­ren, wie man jetzt dieses Pro­jekt gestal­tet, mit wel­chem Ticket­sys­tem man arbei­tet und mit wel­cher Soft­ware­ent­wick­lungs­um­ge­bung man da arbei­tet oder wie man auch mit dem Kunden oder Koope­ra­ti­ons­part­nern zusam­men­ar­bei­tet. Und es hat wirk­lich Wochen gedau­ert, bis man dann mal eine gemein­same Arbeits­ba­sis hatte. Mitt­ler­weile geht’s da um Stun­den und dann steht das alles. Also das ist auch wirk­lich tech­ni­sche Infra­struk­tur […].“ (Inter­view 4)

Die Doku­men­ta­tion der geleis­te­ten Stun­den und Zuord­nung zu Kun­den­pro­jek­ten kann zu einem Gefühl der Leis­tungs­über­wa­chung und des Leis­tungs­drucks führen. Die Aus­las­tungs­quote, d.h. der Anteil der Arbeit, der dem Kunden in Rech­nung gestellt werden kann, wird unter­neh­mens­be­zo­gen zurück­ge­mel­det, kann aber durch die Füh­rungs­kraft auch für die ein­zel­nen Beschäf­tig­ten ein­ge­se­hen werden. Somit kann die Sorge ent­ste­hen, bei einer schlech­ten indi­vi­du­el­len Aus­las­tungs­quote zur Rechen­schaft gezo­gen zu werden. Das führt bei einem Teil der Beschäf­tig­ten dazu, dass Tätig­kei­ten, die keinem Kun­den­pro­jekt zuge­hö­ren, wie z.B. krea­tive Pro­zesse oder sich auf dem Lau­fen­den zu halten, sich in den pri­va­ten Bereich verlagern.

Beson­de­rer Druck besteht für die Beschäf­tig­ten, die von den Kolleg*innen als Expert*innen gese­hen werden – sie werden sehr oft für Pro­jekte ange­fragt, so dass sie beson­ders unter Zeit­druck stehen.

Zeit- und Leis­tungs­druck kann auch durch die Ver­än­de­run­gen der Fami­li­en­si­tua­tion vieler Beschäf­tig­ter gese­hen werden. Es wird berich­tet, dass mitt­ler­weile viele Kolleg*innen Eltern gewor­den sind und nun stär­kere Vor­ga­ben in der zeit­li­chen Ver­füg­bar­keit erle­ben (z.B. Kita-Schluss), so dass die­selbe (oder zum Teil auch als mehr erlebte) Arbeit in enger umgrenz­ten Arbeits­zei­ten oder bei Teil­zeit­re­ge­lun­gen auch in weni­ger Zeit geschafft werden muss (s. auch Arbeits­zeit, Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie, Arbeitsort).

Ins­ge­samt wird die Arbeits­last von einem Teil der Beschäf­tig­ten als hoch emp­fun­den, d.h. es wird als schwie­rig erach­tet, selbst gesetzte Stan­dards in der ver­füg­ba­ren Zeit zu rea­li­sie­ren. In den Inter­views wird eine zuneh­mende Arbeits­ver­dich­tung berichtet.