Das Unternehmen hat derzeit 18 Beschäftigte, davon drei Auszubildende, vier Beschäftigte arbeiten auch mobil (z. B. vor Ort beim Kunden). Zwei Drittel der Belegschaft sind älter als 40 Jahre. Die Organisation der Arbeit findet auftragsbedingt in flexiblen Projektteams statt.
Praxisbeispiel
Handwerk
5. Technologischer Wandel
Der technologische Wandel vollzog sich sowohl bezogen auf die Bearbeitung von Werkstücken als auch bezogen auf die mobile Arbeit bei Kunden. Letzteres erfolgt mittlerweile unterstützt durch laserbasierte Raumausmessungen mit verbundener Daten-übertragung für computergenerierte 3D-Modelle. Die Raummodelle sind die Grundlage, um mittels Software die Integration von zugeschnittenen Produkten in die jeweiligen Räume zu simulieren und diese Entwürfe den Kunden als Diskussionsgrundlage zu präsentieren.
5.1 Anwendung neuer Technologien
Für die Bearbeitung von Werkstücken wurde 2011 ein KUKA-Roboter und 2014 eine CNC 5-Achs-Fräse eingeführt. Beide Maschinen können im Bereich der Aktorik ohne relevante Sensorik eingeordnet werden. Das heißt, beide Maschinen führen programmierte Arbeitsschritte aus, ohne über eine intelligente Sensorik auf ggf. veränderte Umgebungsfaktoren reagieren zu können. Die Steuerung der Maschinen setzt wiederum spezifische Software- und Programmierkenntnisse voraus. Hierzu gehört auch die 3D-Modellierung von Werkstücken (Computer-Aided Design).
5.2 Gründe für die Einführung
Hauptgründe für die Einführung des Roboters und der CNC-Fräse war die Erweiterung des Geschäfts¬modells (d.h. die Herstellung individualisierter, anspruchsvoller und kunstvoller Stücke). Da beide Maschinen händische Arbeiten substituieren und keine direkte Interaktion mit dem Menschen erfordern, der Roboter zudem in einem abgegrenzten Bereich operiert, ergibt sich eine massive Minimierung arbeitsbezogener Unfallgefahren. Die Arbeit mit Computermodellen bietet die Möglichkeit der externen Vernetzung mit Kunden, da diese eigene Modelle zur Verfügung stellen können, die dann beispielsweise vom Roboter plastisch umgesetzt werden. Die Einspeisung von Kundendaten in die unternehmensinterne Software wird bislang dadurch erschwert, dass unternehmensübergreifend keine einheitlichen Systeme genutzt werden. Dies erfordert meist eine Nachbearbeitung von externen CAD. Ferner liegen Grenzen der Maschinen in Ihrer Präzision. Zum Beispiel erkennen die Maschinen aufgrund fehlender Sensorik die Abnutzung der genutzten Werkzeuge (z. B. Fräsköpfe) oder Positionierungsfehler des zu bearbeitenden Materials nicht.
6. Gesundheitliche Auswirkungen
Die Tätigkeiten im Unternehmen gehen grundsätzlich mit physischen Belastungen wie Staub und Wasserlacken sowie körperlicher, teils monotoner Arbeit einher. Psychische Belastungen ergeben sich in den Werkshallen durch Lärm und den verschiedenen Anforderungen einer vollständigen Aufgabe (von Planung und Aufgabendesign über die Werkstückbearbeitung bis hin zur Ergebnis¬rückmeldung). Die direkte Arbeit mit Kunden erfordert Mobilität, Kommunikation und aufgrund des gestiegenen Vorwissens der Kunden ein hohes Maß an Fachwissen.
Die Integration der neuen Maschinen in den Fertigungsprozess hatte deutliche Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation, die unternehmensinterne Kommunikation und das soziale Gefüge. Hierzu zählen neue Belastungen, aber auch gestiegene und gesunkene Arbeitsanforderungen.
6.1 Belastungen durch neue Arbeitsprozesse I
Neue und erhöhte Belastungen treten durch die hohen Konstruktions- und Planungsanforderungen bei der Erstellung von Computermodellen und der Programmierung der Maschinen auf. Anders als beim iterativen händischen Bearbeiten von Werkstücken erfolgen die Programmierungen der Maschinen für mehrere, aufeinander aufbauende Bearbeitungsschritte. Das erfordert beispielsweise zu antizipieren, wie das Werkstück auf die verschiedenen Einwirkungen durch die Maschine reagiert. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, bedarf es zunächst entsprechender Qualifizierungen der Beschäftigten. Gegenwärtig können diese Arbeitsschritte nur von einigen wenigen Expert*innen im Unternehmen ausgeführt werden. Für diese Mitarbeiter*innen besteht eine neue Belastung in dem Bewusstsein, dass Fehlbedienungen der Maschinen immense Kosten verursachen können.
6.2 Belastungen durch neue Arbeitsprozesse II
Andere Mitarbeiter*innen sind gezwungen, die Expert*innen für den Roboter und die CNC-Fräse in die eigenen Arbeiten einzubeziehen (z. B. weil gewisse Teile nur noch per CNC gefertigt werden). Damit sind zum einen erhöhte Anforderungen an die Kommunikation verbunden (z. B. Absprachen, das Bitten um Unterstützung). Das Konfliktpotential unterhalb der Kollegen ist gestiegen. Zum anderen sind damit teils starke Veränderungen der berufsbezogenen und unternehmensinternen Hierarchien verbunden. Mitarbeiter*innen, die vor der Integration der Maschinen aufgrund ihrer ausgeprägten händischen Fertigkeiten besonders geschätzt wurden, müssen sich nun anderen Expert*innen unterordnen (d.h. insofern sie sich nicht weiterbilden). Abstrakt formuliert, ändern sich in diesem Zuge berufliche Identitäten in gravierender Form. Erfahrungen und Fertigkeiten zur händischen Bearbeitung von Werkstücken verlieren und die Schnittstelle Computer-Maschine sowie die Kundenorientierung gewinnen zunehmend an Bedeutung.
6.3 Reaktionen der Beschäftigten auf neue Technologie
Im Unternehmen treten durchaus Widerstände gegen die technologischen Neuerungen auf. Das Problem einiger Mitarbeit*innen besteht darin, dass ihnen die Arbeit, für die sie besonders qualifiziert sind und die sie gern ausführen, von Maschinen „weggenommen“ wird. Tritt ein solcher Widerstand in Kombination mit einer Ablehnung von Qualifizierungsmaßnahmen auf, kommt es zur Resignation und Gefühlen subjektiver Geringschätzung.
6.4 Entlastungen für Beschäftigte
Eine Reduktion der Belastungen erfolgt im Wesentlichen durch die Abnahme monotoner händischer Arbeit. Die Verringerung zeitintensiver monotoner Arbeiten erweitert die Handlungsspielräume vieler Mitarbeit*innen, die nun mehrere miteinander verbundene Arbeitsschritte ausführen.
Die Beherrschung der Maschinen vermittelt das Gefühl einer hohen Wirksamkeit. Auch, weil sich die Mitarbeiter*innen in der Lage fühlen, speziellen Kundenwünschen gerecht werden zu können. Die Technologien wirken hierbei dadurch entlastend, dass durch sie die Fehlerquote in der Fertigung senken und Unsicherheiten hinsichtlich der Ergebnisqualität reduzieren.
7. Gesundheitsschutz, -management & Gesundheitsförderung
Die Zuständigkeit für den allgemeinen Gesundheitsschutz (AGS) liegt beim Geschäftsführer (Schnittstelle BG). Es gibt mehrere Begehungen mit der Berufs¬genossenschaft im Betrieb, eine jährliche Prüfung der Hand¬maschinen sowie der Absauganlagen und der daran gebundenen Staubbelastung. Es besteht das Prinzip der gegenseitigen Kontrolle und Maßregelung.
Es erfolgen Einweisungen in die Maschinen im Shopfloor sowie wieder¬holte Arbeitsschutzbelehrungen zu ausgewählten Maschinen. Das betriebliche Gesundheits-management und die Gesundheitsförderung spielen in regelmäßigen Abständen mit ausgewählten Vorträgen (z.B. zur Ernährung) eine Rolle.
8. Personalentwicklung & -management
Allen Mitarbeiter*innen werden Angebote und Chancen zur Weiterentwicklung geboten. Die Qualifikationen sind momentan neigungs-, interessen- und motivationsgeleitet. In die Überlegungen mit einbezogen wird auch, ob der/die Mitarbeiter*in langfristig beim Unter-nehmen bleiben möchte. Mit Blick auf neue Technologien wird versucht, Einsicht für deren Überlegenheit gegenüber üblichen Methoden bzw. Werkzeugen zu generieren. Die Weiterbildungen erfolgt in der Regel on the job und nur in Ausnahmen in unternehmensgesteuerten Workshops.
Die Weiterbildungen betreffen hauptsächlich die Bedienung der Schnittstellen zu den Maschinen. Die Kompetenzen zum Computer-Aided Design wurden per Rekrutierung ins Unternehmen gebracht. Grundsätzlich ist das Selbststudium in der Freizeit für schnelle Lernfortschritte wichtig. Der Wandels des Berufsbilds (von Hand- in Richtung Kopfarbeit) wird bereits bei den Auszubildenden berücksichtigt.