Nachfolgend sind stichpunktartig Themen aufgeführt, die kurz-, mittel- und langfristig Thema im Unternehmen bzw. am befragten Standort sein werden:
- kurzfristig: Erweiterung Produktionskapazität; Hochfahren der 300mm-Linie, mehr Anlagen –> durch Erhöhung der Effektivität durch Freisetzung von Bearbeitungskapazität im Umfang von 5% pro Geschäftsjahr, damit vorhandene Beschäftigte andere zusätzliche Aufgaben übernehmen können); Zertifizierungen auf neue Anlagen erforderlich; Veränderungen im AGS/in Gefährdungen werden nicht erwartet
Das wird für einen gewissen Zeitraum, also, wenn ich jetzt von zwei Jahren mal spreche, eine Mehrbelastung sein für einige Leute. (Interview 5)
- Ausbau des Transportsystems (ist mit Installation neuer Tools verbunden und Erwerb von Qualifikationen)
- Wissenssicherung, vor allem von implizitem Wissen; Nutzung von Wissensmanagement-Tools für implizites Wissen; Entwicklung von Tools zur Wissensübergabe (z.B. Business-Baum); vor allem wichtig, wenn es demographisch auf einen Generationenwechsel zugeht.
Das Thema Tools ist auch nochmal ein Thema, was sicherlich ein Zukunftsthema ist, auch für HR, wie setzen wir unsere IT-Tools insgesamt im Rahmen der Digitalisierung um, das ist ein Prozess, der läuft jetzt auch langsam an, das ist jetzt aber kein Thema für die Schicht, sondern ist eher so ein Thema, was bieten wir als HR für IT-Lösungen für unsere Fachbereiche an, momentan läuft das erstmal relativ easy (Interview 4)
- Qualifikation: Aktuelle Bemühungen erfassen den Qualifikationsbedarf und streben an, den Beschäftigen mehr Zeit für Qualifikationen einzuräumen.
- Demographie (ältere Belegschaft gesund erhalten; Generationenwechsel schaffen)
- freifahrende Roboter (GPS); Veränderung für die Beschäftigten in der Interaktion (selbst im Weg stehen, Material in den Weg stellen)
Ist eher für Mitarbeiter Herausforderung, da sie im freien Raum rumfahren, dass man dann nicht irgendwo was abladen und stehenlassen kann, also Bewegungsflächen freihalten (Interview 2)
- Überlegung, Überwachungsplätze nicht mehr zentral und stationär, sondern mobil einzurichten (z. B. über Tablets):
Es beginnt jetzt die Diskussion: Die WAK ist ja etwas Stationäres und vielfach wird gesagt, es gibt doch heute alles schon mobil. Ich kann ja mit dem Tablet herumlaufen oder gebt mir bitte ein Smartphone. Das ist heute auch alles schon machbar. Da ist es aber auch so: wie machen wir das jetzt? Wer kümmert sich, wenn Fehlermeldungen auftreten? Drei haben ein Smartphone, wer reagiert? Geben die Systeme den anderen Bescheid, dass sich der eine jetzt kümmert? Oder „nehme den Auftrag an“. Das muss geklärt werden. Und nicht einfach nur sagen, hier hast Du ein Smartphone. Das kann man nicht dem Selbstlauf überlassen. Aber das wird die nächste Stufe sein. Heute können sie sich vom Leitstand aus anrufen, weil jeder sein Handy dabei hat. Aber das kann auch über modernere Mittel funktionieren. (Interview 7)
- Einsatz von Experten/Assistenzsystemen (z. B. über Kameras)
Wir haben heute noch nicht solche Expertensysteme, dass ich sage, ich habe dieses Problem und wenn das auftritt, gibt er mir bestimmte Vorschläge. Das ist der Wunsch oder das Ziel, auch noch dahin zu kommen, aber das existiert in der Form nicht. (Interview 7)
- Automated Decision Making
Es wird sich in Richtung der Automated Decision Making, dass bei bestimmten Fehlerfällen das System selber entscheidet, was es jetzt macht. Der Trend wird weitergehen. Dass im Hintergrund Softwarepakete ablaufen: wenn das eintritt, dann mach ich das usw. und frage gar nicht, sondern führe es selbständig aus. Dass die Leute dort entlastet werden. Das solche Entscheidungen auch vollautomatisch getroffen werden. Das wird sicher ein Weg sein. (Interview 7)
- Überlegungen zu Automatisierung im Bereich Teilereinigung, aber ohne konkrete Umsetzungspläne (z.T. schmutzige, laute Arbeit, mit Chemikalien) und mit Blick auf Ersatzteilbewegung (Anforderung und Transport von Ersatzteilen)
…ich nehme ein Ersatzteil, stecke das mit irgendwelchen Hilfsmitteln, wie auch immer, in ein Säure Bad oder was auch immer, dort wird es behandelt, gereinigt, dann kommt zum Neutralisieren wo anders hin, dann wird getrocknet und geht wieder zurück. So dass wir natürlich auch darüber nachdenken, dort wo es machbar und sinnvoll ist, diese Tätigkeiten zu automatisieren. Die latent ist die Gefahr da, dass man als Mitarbeiter von der Automatisierung betroffen ist. Also es ist aktuell kein offenes Thema bei uns, weil wir als Verantwortliche auch gesagt haben, wir sehen aktuell keine technische Machbarkeit. (Interview 6)
Teilereinigung, ist auch der Grund, warum wir dort an mehr Automatisierung denken, dort müssen wirklich schwere Teile in ein flüssiges Bad reingesetzt werden, also dort ist auch die körperliche Beanspruchung da und auch die Lautstärke, weil dort Teile abgestrahlt werden unter hohem Druck (Interview 6)
- Fragen der Gestaltung der verbliebenen Operator-Arbeitsplätze:
Wir sind gerade am überlegen, ob man das auch bei Losen macht, wo ein Roboter sich nicht rechnet, wir können heute auch exakt den Leuten die Aufträge/Befehle geben: Nimm das und bring es dorthin. Wenn du dort bist, ziehst du das raus und nimmst das mit. Das gebe ich dir jetzt als Liste. Entweder als große Anzeige am Bildschirm, oder auch hier, dann arbeitest Du das ab. Und die Liste verschwindet. Und ich schiebe immer wieder Neues nach. Ich treibe die Leute. Sie bekommen heute diese Liste über mehrere Dinge und können dann selbst entscheiden, ob sie nun links rum oder rechts rum laufen. Man könnte das aber auch ganz schlimm treiben und sagen, ich gebe dir genau die Sequenz vor. Wie das die Leute auffassen? Das ist bestimmt nicht jedermanns Sache. Weil: der Automat hört nicht auf. Immer wenn ich einen Auftrag fertig habe, schieb er den nächsten rein. Der versucht mich immer am Laufen zu halten. (Interview 7)
- zunehmende Vernetzung
Das Interessante für mich ist, egal in welchem Industriezweig sie sind, die Komplexität die zunimmt und dass sie immer mehr Komponenten des Produktionsprozesses miteinander verknüpfen (Interview 2)
- Losgröße 1
Es könnte nur schlimm werden, wenn die Anzahl der Wechsel noch weiter steigt. Wir versuchen immer rüstarm zu fahren: man steckt das rein, und nun möchte man möglichst viele Lose darüber fahren, bevor ich wieder ein anderes Retikel benutze. Oder die Maschine umrüste. Wenn es aber aufgrund der hohen Variabilität oder Varianz oder Varianten, dass ich sage – 10 Wafer? Zack. Nächstes. 3 Wafer – ach, schon wieder neues Retikel. (Interviewer: Und das Thema Losgröße 1.) Dann wird es heftig. Das wird man dann irgendwann nicht mehr mit Menschen schaffen können. Aber alle wollen ja gerne da hin. Jeder kann sich seine Sache bestellen. (Interview 7)
- freifahrende Roboter als Transportsystem für Hilfsmittel usw.; Veränderungen von Gefährdungen und AGS werden hier nicht erwartet
Aber geschätzt in drei Jahren ist es dann soweit, da fahren dann die Geräte auch frei im Raum herum und da wird es sicher auch eine Variante geben, die die ganzen Hilfstransporte durchführen. Das wird auch wieder die Leute entlasten: Ersatzteile heranbringen, Medien, Lackflaschen, das alles in die Maschinen zu geben, alles, was nicht über Rohrleitungen zur Maschine kommt, das dann zum Beispiel zu transportieren. Das was die großen Logistikunternehmen jetzt teilweise auch schon so haben, größere FTS oder LQVs rumfahren haben und sagen, bringt mir das Teil hin. Das wird sicher die nächsten drei Jahre kommen, aber das sind mehr so riesen Sprünge, wie wir es vorher hatten. (Interview 7)
Man sollte sich nicht nur, was jetzt erstmal offensichtlich wird, auf die Roboter, die eventuell frei im Raum rumfahren, konzentrieren, sondern die sind ja letztlich auch bloß Teil eines komplexen Systems und müssen mit allen anderen Komponenten zusammenspielen (Interview 2)
- Nachtschicht
aber ich kann mir vorstellen, dass wir da vielleicht beim Thema Schichtarbeit schon nochmal Potenzial haben, also was ich sehe ist z.B. das Thema Nachtschicht, was sehr belastend ist für die Mitarbeiter und da sehe ich schon Bedarf, dass wir uns mit diesem ganzen Thema Nachtschicht nochmal beschäftigen, zumindest mal in den nächsten ein, zwei, drei Jahren (Interview 4)
man verspicht sich eher beispielsweise durch Automatisierung, dass weniger in der Nachtschicht tätig sind, also dass die Arbeit irgendwo erleichtert wird in manchen Bereichen (Interview 3)
- Kommunikation zu Wissen allgemein und zu AGS-Wissen gewährleisten beim Einsatz von (hochspezialisierten) Fremdfirmen oder an anderen Standorten
Dadurch, dass viele hochspezialisierte Leistungen akquiriert werden müssen, hat man dort wechselnde Konstellationen, das mag vielleicht etwas sein, was zunimmt, was man so nicht auf dem Schirm hat, neben den klassischen Dingen Entgrenzung und Informationsflut, die jetzt überall aufschlagen. Jemand, der es nicht so wissen kann, natürlich gibt es auch Prozesse und Regeln, wie manche Dinge zu erfolgen haben, aber das ist dann ja oft nicht so, Papier oder Vortrag und die gelebte Situation kann eine andere sein. Das wird, denk ich, ein Thema sein, wenn man an unterschiedlichen Standorten tätig ist, dass da auch Unterschiede existieren dass man dann immer aufpassen muss, dass es nicht zu kurz kommt, dass da andere Risiken entstehen in der Kommunikation, dass Multiplikatoren da vielleicht nicht so greifen auf Risiken hinzuweisen oder dass manch einem nicht bewusst ist, dass besondere Gefahrstoffe bestehen obwohl das irgendwo natürlich bekannt gemacht ist, obwohl da Warnschilder sind, ist es doch eine Sache, die auch Schulungen bedarf und Sensibilität bei den Beschäftigten. (Interview 3)
- gesunde Führung
aber eine ganz neue Frage, die sich […] für mich stellt, wie kann man dieses Führungsverhalten in Richtung Gesundheit noch optimieren, weil Führungskräfte in so einem global agierenden Unternehmen mit einem hohen wirtschaftlichen globalen Kostendruck, agieren natürlich primär anders. Sie müssen wirtschaftlich sein und es geht ja auch drum die Arbeitsplätze zu erhalten und man will ja auch schauen, dass es den Standort noch lange gibt und deswegen ist ja auch sehr viel auf Effizienz ausgelegt (Interview 4)
- erneuter Einsatz COPSOQ
- Mitarbeiter*innen sensibilisieren in Richtung gesundheitlicher Eigenverantwortung
- Handling von Big Data; immer mehr MA müssen mit Daten arbeiten –> Qualifizierung, Überlastung
- Umgang mit ständigen Veränderungen; Change-Prozessen; wie Leute dazu motivieren und dabei gesund erhalten, trotz ständiger Anpassungsleistungen (psychische Belastungen)
- Nutzung neuer Medien –> Entgrenzung Beruf vs. Privat
- Angebot qualitativ hochwertiger BGM-Maßnahmen; Motivation zur Teilnahme
Ist Herausforderung gute und qualifizierte Angebote findet und nicht Dinge macht, die nicht wirklich evidenzbasiert sind (Interview 3)
- Globalisierung und Arbeitszeiten: TelKos mit unterschiedlichen Zeitzonen; Handling (z.B. um 7 Uhr und 23 Uhr; dazwischen frei?)
- Neue Arbeitsformen
Weiteres Thema, Arbeitsbedingungen der Zukunft. Ist etwas, was ich sehe, was stark auf uns zukommt. Das könnte auch Bezug zum Arbeitsschutz haben. Wie, wann, wo arbeiten die Mitarbeiter in der Zukunft. Wo, Thema, Stichpunkt Remote. Ich kann eigentlich dann irgendwann mit den modernen Medien irgendwo arbeiten, ich muss gar nicht mehr unbedingt hier rein kommen, das könnte natürlich gerade auch für Schichtthemen hoch interessant werden. Brauch ich denn wirklich dann den Arbeitsplatz hier vor Ort? muss ich dann hier noch in der Schicht arbeiten? Oder kann ich die Schichten mit den Robotern machen lassen und habe dann einfach nur noch kleine Einsatztruppen, die sich kümmern, wenn was schief läuft, ansonsten steuere ich aber die komplette Fertigung von außen und da ist es dann wahrscheinlich auch sogar Wurst, wann und wo, weil irgendwo auf dieser Erde ist mal Tag, also es kann von egal wo gesteuert werden. (Interview 4)
- Personelle Folgen weiterer technologischer Veränderungen
da kommen dann natürlich auch Fragen auf, wie was machen wir dann mit Mitarbeitern, die das nicht mehr können, da haben wir auch noch keine Lösungen. Dadurch, dass wir noch einen Teil Operating-Tätigkeiten haben, haben wir da jetzt noch gerade so die Lösung, aber wenn das irgendwann mal nicht mehr wäre, stellen sich da schon nochmal Fragen, wie geht man da vor (Interview 4)
Hinweise/Fragen der Autoren
- BEM – braucht mehr Ressourcen, um es allen anzubieten zu können?
- Wie lässt sich die Annahmequote BEM erhöhen (in der Literatur finden sich Annahmequoten von 25%2)?
- Schwierig beim BGM: Spagat zwischen individueller Beratung und Gruppenangeboten
- Aktiv Vorschläge für BGM-Themen einbringen lassen (Ernährung, Stress, was noch?)
- Wie lassen sich Schichtmitarbeiter*innen für Kurse motivieren?
- Zuständigkeit für Gefährdungsbeurteilung:
SIFAs stellen Mechanismen bereit, haben Vorlage erstellt, es gibt also entsprechende Anweisung, wie Gefährdungsbeurteilungen zu machen sind, sie unterstützen dabei. Die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung jedoch liegt bei jeder Führungskraft, müssen also selbst entscheiden, was in welcher Tiefe durchgeführt wird. Es gibt immer wieder Diskussionen darüber, dass SIFAs (Sicherheitsfachkräfte) dafür verantwortlich wären (Interview 2)
- persönliche Kommunikation erhöhen:
Zeiträume für eine Kommunikation haben deutlich abgenommen, das ist auch bei den COPSOQ-Auswertungen mit hochgekommen. Wir sehen relativ wenig Chancen, dort irgendwas zu verändern (Interview 2)
- Anschieben der Gefährdungsbeurteilung-assoziierten Maßnahmen, die jetzt wegen Überlastung wieder auf Eis liegen
Anmerkung: Für viele andere Berufsgruppen hat es Veränderungen gegeben, die hier nicht fokussiert wurden: Programmierer*innen, Systemexpert*innen, aber auch Führungskräfte, AGS-Expert*innen (neue GB etc.).