1. Zugang und Material

Die Akquise des Unter­neh­mens erfolgte über das Bran­chen­netz­werk und den unter­neh­mens­in­ter­nen Betriebs­arzt. Der Zugang zu den Interviewpartner*innen wurde über die betrieb­li­che Sozi­al­be­ra­te­rin geschaf­fen. Es wurden sieben Inter­views mit fol­gen­den Per­so­nen bzw. Berei­chen durchgeführt:

  • betrieb­li­che Sozialberaterin
  • Leiter Arbeits­si­cher­heit, Umwelt­schutz und Brandschutz
  • Betriebs­arzt
  • Lei­te­rin Human Resour­ces (HR)
  • 3 Ingenieur*innen aus dem Bereich Auto­ma­ti­sie­rung (Pro­jekt­lei­ter im Auto­ma­ti­sie­rungs­pro­jekt – Koor­di­na­tion; Inge­nieur Auto­ma­ti­sie­rung –tech­ni­sche Umset­zung; Lea­d­in­ge­nieur Maintenance-Engineering)
  • vor­ran­gig unter­such­ter Bereich: Fertigung/Produktion; zum Teil auch Service/Instandhaltung

Die Dauer der Inter­views vari­ierte zwi­schen 43 Minu­ten und 1 Stunde/46 Minu­ten. Die Inter­views wurden mit Dik­tier­ge­rät auf­ge­zeich­net, tran­skri­biert und mit der Soft­ware MAXQDA einer the­ma­ti­schen Ana­lyse unter­zo­gen. Dar­über hinaus erfolgte Zugang zu aus­ge­wähl­ten Unter­neh­mens­da­ten. Es fanden zwei Unter­neh­mens­be­ge­hun­gen im Bereich der Pro­duk­tion (200mm, 300mm-Linie) statt: vor Beginn und nach Abschluss der Interviews.

1.1 Ziel­stel­lung und Grundannahmen

Ziel

  • Beschrei­bung neuer Tech­no­lo­gien und damit ein­her­ge­hen­den Ver­än­de­run­gen der Arbeit und Arbeitsgestaltung
  • Unter­su­chung der sich daraus erge­ben­den Ver­än­de­run­gen in den Belas­tun­gen, in der Gesund­heit und den Beschwer­den der Beschäf­tig­ten sowie Anpas­sun­gen im Arbeits- und Gesundheitsschutz

Grund­an­nah­men

  • Halb­lei­ter­bran­che = sehr dyna­mi­sche Bran­che, die stark durch Kos­ten­druck getrie­ben wird (Rock’s Law: „The cost of capi­tal equip­ment to build semi­con­duc­tors will double every four years.“ (Ross 2004; Null, Lobur 2006)1 und tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen zur Kos­ten­ein­spa­rung von großer Bedeu­tung sind
  • zuneh­mende Indi­vi­dua­li­sie­rung von Kun­den­wün­schen sowie die wirt­schaft­li­che Not­wen­dig­keit, ein brei­tes Pro­dukt­spek­trum anzubieten
  • hier soll­ten Ent­wick­lun­gen im Sinne von Indus­trie 4.0 also gute Vor­aus­set­zun­gen finden
  • es soll­ten Erfah­run­gen im Ein­satz und der Nut­zung hoch tech­no­lo­gi­sier­ter Fer­ti­gungs­lö­sun­gen mit Blick auf die Aus­wir­kun­gen auf Arbeit und Gesund­heit bestehen

1 zitiert nach Hel­lige, H. D. (2009). Ska­len­öko­no­mi­sche Men­gen­ef­fekte der Infor­ma­ti­ons­tech­nik und ihr Ein­fluss auf den Res­sour­cen­ver­brauch. Weller, I.(Hg.), Sys­tems of Pro­vi­sion & Indus­trial Eco­logy: artec-Paper, 162, 135.

2. Basis­da­ten und betrieb­li­che Struk­tu­ren (bezo­gen auf befrag­ten Stand­ort), Stand 2016/17

  • inter­na­tio­na­ler Her­stel­ler für Halb­lei­ter (Auto­mo­bil­in­dus­trie) und Leis­tungs­halb­lei­ter (Ener­gie­bran­che) sowie Chip­kar­ten ICs.
  • Betriebs­größe:
    • 1.968 Mitarbeiter*innen (03/2017) (Pro­duk­tion = 75% (n=1.4729 / Tech­no­lo­gie (Pro­duk­tion & Ent­wick­lung) = 16% (n=308) / Sup­port = 9% (n=188))
    • 50 Aus­zu­bil­dende (Mechatroniker*innen, Mikrotechnolog*innen)
  • Jah­res­um­satz: k.A.
  • Pro­dukt­menge: über 400 ver­schie­dene Pro­dukte, 200mm, 300mm Produktionslinien
  • Alters­struk­tur:
    • <30 Jahre: N=80; 4%
    • 30-39 Jahre: N=300; 15%
    • 40-49 Jahre: N=896; 46%
    • 50-59 Jahre: N=614; 31%
    • >60 Jahre: N=78; 4%
  • Frau­en­an­teil: 25%
  • Qua­li­fi­ka­ti­ons­struk­tur:
    • An- und Unge­lernte: 26%
    • Fach­kräfte: 28%
    • Akademiker*innen (inkl. Meister*in/Techniker*in): 36%
  • Arbeits­ver­träge
    • unbe­fris­tete Ver­träge: 99%
    • Voll­zeit­be­schäf­tigte: 66% (vor 2 Jahren: 72%)
  • Schicht­ar­beit
    • Beschäf­tigte in Schicht­ar­beit: 49%
    • mit Wochen­end­ar­beit: 49%
    • Schicht­mo­delle: 8-Stun­den-Schicht­sys­tem; Drei-Schicht-Konti-Modell (Früh/Spät/Nacht); 8 ver­schie­dene Teil­zeit­mo­delle und 2 Son­der­mo­delle ohne Nacht­schicht (Wech­sel­schicht); Nor­mal­schicht (Office-Bereich)
      keine Mitarbeiter*innen in mobi­len Ein­sät­zen, d.h. 100% am Stand­ort beschäf­tigt; <1% Telearbeitsverträge
  • Orga­ni­sa­tion des AGS
    • Anzahl Betriebs­ärzte (intern): N=1
    • Anzahl Fach­kräfte (intern): N=9
  • Tarif­ver­trag spielt keine Rolle
  • Betriebs­rat vor­han­den; N=19 Mit­glie­der, N=5 Freistellungen

3.1 Auto­ma­ti­sie­rung

Gegen­stand der Pro­duk­tion sind Sili­cium-Schei­ben (Wafer), von denen 25 in einem Los zusam­men­ge­fasst sind. Ein Los durch­läuft (je nach Pro­duk­t­ei­gen­schaf­ten) 600 bis 1.200 Fer­ti­gungs­schritte und benö­tigt ca. zwei Monate Durch­lauf­zeit. Gleich­zei­tig werden 400 ver­schie­dene Pro­dukte par­al­lel bear­bei­tet, d.h. die Lose durch­lau­fen je nach Ziel­pro­dukt unter­schied­li­che Fer­ti­gungs­schritte. Über 100.000 Wafer durch­lau­fen gleich­zei­tig die Produktion.
Vor der Auto­ma­ti­sie­rung gab es ein Trans­port­sys­tem für die Lose unter der Decke, das diese an bestimmte Lager­plätze (Sto­cker) bringt. Von dort wurden die Lose manu­ell durch einen Ope­ra­tor an die Anla­gen gebracht und hän­disch bestückt. Der Schritt, die Lose vom Sto­cker zu Anla­gen zu brin­gen und diese zu bestü­cken, ist der zen­trale Bestand­teil der Automatisierung.

Der Auto­ma­ti­sie­rungs­grad liegt bei knapp 90%, erreicht in drei Wellen über sechs Jahre (40%, 60%, 90%). Die Ver­füg­bar­keit der Robo­ter­sys­teme liegt bei 98%. In den ver­blei­ben­den 2% der Zeit müssen diese gewar­tet und repa­riert werden. Etwa 170 Robo­ter wurden installiert.

3.1.1 Inte­grierte Fer­ti­gungs­steue­rung und Überwachung

Es besteht ein kom­ple­xes und mit­ein­an­der ver­bun­de­nes Pro­duk­ti­ons­sys­tem, zu dem die Fer­ti­gungs­an­la­gen selbst, das Trans­port­sys­tem und die Robo­tik gehö­ren und das sich zum Teil über ver­schie­dene Etagen erstreckt. Zen­trale Merk­male des Pro­duk­ti­ons­sys­tems sind die inte­grierte Fer­ti­gungs­steue­rung, in der die Fer­ti­gungs­in­for­ma­tio­nen in Echt­zeit vor­lie­gen und die voll­au­to­ma­ti­sierte Anla­gen­be­die­nung in nahezu allen Anlagenbereichen.

Jeder ein­zelne Wafer ist über einen Laser­mar­ker mar­kiert und so einem bestimm­ten Los zuge­ord­net. Die Lose sind mit RFID-Chips ver­se­hen, in denen alle Pro­zess- und Qua­li­täts­da­ten gespei­chert werden und jeder­zeit ein­ge­se­hen werden können. Die Robo­ter ent­hal­ten RF-Tags, über die sie das Mate­rial (Lose) iden­ti­fi­zie­ren. Diese Infor­ma­tio­nen geben sie an ein Leit-Rech­ner­sys­tem (Lead Time Dis­patcher), das dem Robo­ter die Infor­ma­tio­nen gibt, auf welche Anlage das Los zu plat­zie­ren ist. Es findet eine Pro­zess­über­wa­chung und Selb­st­op­ti­mie­rung statt, so dass mög­li­che Fehler erkannt und kor­ri­giert werden. Eine Dop­pel­pro­zes­sie­rung oder das Aus­las­sen von Pro­zess­schrit­ten sind damit ausgeschlossen.

RFID-Chips beinhal­ten Infor­ma­tio­nen über die Prio­ri­tät der Lose. Diese Infor­ma­tio­nen können bei Bedarf ein­ge­se­hen werden. Ein Ein­griff sollte nur im Stör­fall erfol­gen. Prio­ri­sie­rung von Losen kann über das System ver­än­dert werden und so eine schnelle Anpas­sung an Kun­den­wün­sche erfolgen.

Wei­ter­hin gibt es frei­fah­rende, sich selb­stän­dig an Lade­sta­tio­nen auf­la­dende Robo­ter­sys­teme, die kon­ti­nu­ier­lich Para­me­ter der räum­li­chen Bedin­gun­gen erhe­ben (Par­ti­kel, Spu­ren­gas, Klima, Kon­ta­mi­na­tion), um die Rein­raum­be­din­gun­gen zu über­wa­chen. Posi­tion und Mess­ergeb­nisse werden über WLAN an einen Server übertragen.

3.2 Daten­er­fas­sung und -nutzung

Fol­gende Daten werden erfasst:

  • Pro­dukt­be­zo­gene Daten: wel­ches Los an wel­chem Tag, zu wel­cher Zeit, an wel­cher Anlage oder an wel­chem Pro­zess war (über Jahre zurückverfolgbar)
  • Anla­gen­be­zo­gene Daten oder Para­me­ter (bspw. Welche Gase sind an wel­chen Tem­pe­ra­tu­ren mit wel­chen Flüs­sen gelau­fen, damit der Pro­zess das rich­tige Ergeb­nis bringt – direkt kon­trol­liert auf dem Moni­tor oder im Nach­hin­ein einsehen)
  • Per­for­mance-Daten (Anla­gen­aus­las­tung)

Alle Daten werden in Daten­ban­ken abge­legt, sind aktu­ell abruf­bar und ein­seh­bar, aber auch später zurück­zu­ver­fol­gen. Die Daten werden zur direk­ten  Pro­zess­kon­trolle und zur Über­wa­chung der Aus­las­tung ver­wen­det. Inge­nieure und Sys­tem­ex­per­ten werten die Daten aus. Wäh­rend ein Teil der Daten an den zen­tra­len Über­wa­chungs­plät­zen die Über­prü­fung zeit­nah erfolgt, um bei Feh­lern ein­zu­grei­fen, werden andere Daten von Ingenieur*innen außer­halb der Lini­en­pro­duk­tion mit Blick auf mittel- und län­ger­fris­tige Ent­schei­dun­gen und Opti­mie­run­gen aus­ge­wer­tet. Zur Qua­li­täts­si­che­rung wird zur Feh­ler­ana­lyse auf Fer­ti­gungs- und Stoff­da­ten zurückgegriffen.

3.3 Gründe für den tech­no­lo­gi­schen Wandel

  • Wirt­schaft­li­che Gründe (Kos­ten­er­spar­nis, Effi­zi­enz); Wettbewerbsfähigkeit 
    • höhere Pro­duk­ti­vi­tät mit unver­än­der­tem (bzw. redu­zier­tem) Personalbestand
    • Fle­xi­bi­li­tät bei ver­än­der­ten Bedarfen
    • sta­bile Fertigung
  • Ver­bes­se­rung der Pro­dukt­qua­li­tät (Feh­ler­re­duk­tion durch auto­ma­ti­sierte Pro­zess­kon­trolle, Par­ti­kel­re­duk­tion; Standardisierung)
  • gesund­heit­li­che Gründe (Ent­las­tung der Gelenke; Reduk­tion kör­per­lich schwe­rer und ergo­no­misch ungüns­ti­ger Bewegungen)

3.4 Betei­li­gung der Beschäftigten

An der grund­sätz­li­chen Ent­schei­dung zu auto­ma­ti­sie­ren, waren die Beschäf­tig­ten nicht betei­ligt. Aller­dings liefen im Vor­feld jeder der drei Auto­ma­ti­sie­rungs­wel­len Ver­hand­lun­gen mit dem Betriebs­rat, der dem Vor­ha­ben zustimmte. Dar­über hinaus gab es Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gnen für die Beschäf­tig­ten. Auch bestand die Mög­lich­keit, sich mit Erfah­run­gen und Ideen aktiv ein­zu­brin­gen. Ein Teil der Beleg­schaft hat diese Gele­gen­heit genutzt.

3.5 Her­aus­for­de­run­gen bei der Umsetzung

Die Ein­füh­rung der neuen Tech­no­lo­gien war mit zahl­rei­chen Her­aus­for­de­run­gen ver­bun­den. Dies betraf eine umfas­sende orga­ni­sa­to­ri­sche Pla­nung und Koor­di­na­tion der ein­zel­nen Rea­li­sie­rungs­schritte. Dar­über hinaus musste die Auto­ma­ti­sie­rung im lau­fen­den Betrieb umge­setzt werden. Neben der Berück­sich­ti­gung bau­li­cher und tech­ni­scher Aspekte bedeu­tete dies auch, die Beschäf­tig­ten neben ihrer eigent­li­chen Arbeit zu qua­li­fi­zie­ren. Die Qua­li­fi­zie­rung betraf dabei eine sehr große Anzahl von Beschäf­tig­ten ver­schie­de­ner Alters­grup­pen und mit hete­ro­ge­nen Vor­aus­set­zun­gen. Dazu musste im Vor­feld eine kom­plexe und umfas­sende Orga­ni­sa­tion der Qua­li­fi­zie­rung rea­li­siert werden (z.B. Ermitt­lung der Bedarfe, logis­ti­sche Umset­zung der Schu­lung vieler Mitarbeiter*innen).

Zusätz­lich hatte ein Teil der Beschäf­tig­ten durch gesetz­li­che Rege­lun­gen (z.B. Alters­teil­zeit, Vor­ru­he­stand) das Unter­neh­men bereits ver­las­sen, bevor die Auto­ma­ti­sie­rung im geplan­ten Maße umge­setzt worden war. Das hatte zur Folge, dass pha­sen­weise die­selbe Arbeit mit weni­ger Leuten und ohne tech­ni­sche Unter­stüt­zung erle­digt werden musste.

3.6 Folgen für Arbeitsinhalte

Die Bedeu­tung von Tätig­kei­ten und Auf­ga­ben inner­halb eines Arbeits­plat­zes ver­än­derte sich vor allem dahin­ge­hend, dass der Anteil reiner Bedie­nungs­tä­tig­kei­ten abnahm (von 50% im Jahr 2010 auf 15% in 2015) und der Anteil von Ana­lyse- und Ent­schei­dungs­er­for­der­nisse zunahm (von 20% in 2010 auf 65% in 2015). Es kam zu einer Ände­rung der Beschäf­ti­gungs­struk­tur dahin­ge­hend, dass Ope­ra­tor­tä­tig­kei­ten an Bedeu­tung ver­lo­ren und dem­entspre­chend Per­so­nal im Bereich Ope­ra­ting ein­ge­spart wurde; dafür gab es einen Zuwachs an Per­so­nal­be­darf im Über­wa­chungs­be­reich, der Fach­kräfte erfor­dert. 2010 waren 77% der Beschäf­tig­ten als Ope­ra­tor tätig. 2015 noch 42% mit sin­ken­der Ten­denz (ohne Angabe kon­kre­ter Zahlen). Dem gegen­über ist der Bedarf an Fach­kräf­ten ent­spre­chend von 23% (2010) auf 58% (2015) gestie­gen, mit weiter stei­gen­der Tendenz.

Es gab keine betriebs­be­ding­ten Kün­di­gun­gen. Es wurden Leih­ar­bei­ter­ver­träge nicht ver­län­gert, für einen Teil der Mitarbeiter*innen kamen ver­trag­li­che Rege­lun­gen wie Alters­teil­zeit und Vor­ru­he­stand zur Anwen­dung. Die ver­blei­ben­den Beschäf­tig­ten wurden umqua­li­fi­ziert und im expan­die­ren­den neuen Fer­ti­gungs­be­reich eingesetzt.

Beschäf­tigte, die nicht umqua­li­fi­ziert werden woll­ten oder konn­ten, unter­stüt­zen das zen­trale Ope­ra­ting-Team, das für das Bestü­cken der Anla­gen zustän­dig ist, bei denen eine Auto­ma­ti­sie­rung nicht mög­lich oder sinn­voll ist. Durch Alters­teil­zeit­re­ge­lun­gen sind ältere Beschäf­tigte ausgeschieden.

4.1 Folgen für die Art der Arbeit

Nied­rig qua­li­fi­zierte Tätig­kei­ten wurden von der Auto­ma­ti­sie­rungs­tech­nik ersetzt. Reine Trans­port­auf­ga­ben (bis auf wenige Anla­gen) sind weit­ge­hend weg­ge­fal­len. Auch in der Aus­bil­dung spielt das Ope­ra­ting-Profil keine Rolle mehr.

Die Kon­se­quenz ist, dass die nied­rig qua­li­fi­zier­ten Jobs weg sind und im Prin­zip eine kom­plette nach oben Ver­schie­bung an Qua­li­fi­ka­tion statt­ge­fun­den hat und das müssen sie dann im lau­fen­den Betrieb hin­be­kom­men. (Inter­view 4)

Dort wo Ope­ra­tor-Tätig­kei­ten ver­blei­ben, gibt es auch Unter­stüt­zung durch Robo­ter und es sind nur noch Be- und Ent­la­den gefragt (keine eige­nen Ideen zur Ver­bes­se­rung der Aus­las­tung der Anla­gen o. Ä.), d.h. ver­blei­bende ein­fa­che Tätig­kei­ten sind noch ein­fa­cher geworden.

Abläufe sind stark stan­dar­di­siert und ein Ein­grei­fen des Men­schen weit­ge­hend uner­wünscht bzw. nicht erfor­der­lich. Die Beschäf­tig­ten über­neh­men vor­wie­gend Über­wa­chungs-, Steue­rung- und Kon­troll­auf­ga­ben mit Ana­lyse- und Ent­schei­dungs­er­for­der­nis­sen. Diese Auf­ga­ben erfol­gen über­wie­gend in räum­li­cher Distanz zur Fer­ti­gung. Der Mensch ist dann gefragt, wenn Stö­run­gen und Unre­gel­mä­ßig­kei­ten auftreten.

…wenn es zum Pro­zess­ab­bruch kommt zum Bei­spiel. Also auf Grund eines tech­ni­schen oder pro­zess­tech­ni­schen Feh­lers oder Pro­ble­men an der Anlage, so zu sagen, der Pro­zess unter­bro­chen wird. Da muss man sich kon­kret um das eine Los, das Los ist immer ein Pro­dukt, küm­mern. Also wel­chen Bear­bei­tungs­stand hat es, kann ich nach­ar­bei­ten oder nicht und das muss ein Mensch machen. Das sind Men­schen, die sitzen wirk­lich an Leit­stän­den und über­prü­fen den Los­fluss an den jewei­li­gen Work­cen­ters – so nennt man die Zuord­nung eini­ger Anla­gen, und für so was, ist sozu­sa­gen, der Leit­stands­mensch ver­ant­wort­lich, der bekommt mit, ob es Stö­run­gen bei dem Robo­ter­sys­tem gibt, der bekommt mit, ob es Stö­run­gen an den eigent­li­chen Pro­zess­tools gibt und er bekommt mit, wenn ein Los, aus wel­chen Grün­den auch immer, hängen bleibt, also in dem Pro­zess­fluss unter­bro­chen wird.

Jetzt brau­chen wir Fach­kräfte, die wesent­lich höher spe­zia­li­siert sind, für diese Ent­schei­dungs­fin­dung vor­be­rei­tet sind, die Pro­zesse kennen. (Inter­view 2)

4.2 Psy­chi­sche Be- und Entlastungen

Es wurde 2015 eine Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung psy­chi­scher Belas­tun­gen durch­ge­führt (mit­tels COPSOQ), vor­an­ge­trie­ben durch den Betriebs­rat. Die Ergeb­nisse wurden abtei­lungs­be­zo­gen aus­ge­wer­tet und Maß­nah­men abge­lei­tet. Infor­ma­tio­nen dazu wurden nicht in die vor­lie­gende Fall­stu­die einbezogen.

4.2.1 Arbeits­in­halt, Arbeitsaufgabe

Voll­stän­dig­keit der Aufgabe

Im Vor­der­grund stehen seit der Auto­ma­ti­sie­rung über­wa­chende und kon­trol­lie­rende Pro­zesse. Ein Ein­grei­fen ist nur im Stö­rungs­fall erfor­der­lich. Vor- oder nach­be­rei­tende sowie aus­füh­rende Tätig­kei­ten sind nicht oder nur in gerin­gem Ausmaß erforderlich.

…wo man dann als Mit­ar­bei­ter rie­sige Bild­schirme hat und man über­wacht eigent­lich die Pro­zesse jetzt anstatt sie selber als Hand­ling zu betrei­ben. (Inter­view 4)

Und Über­wa­chungs­funk­tio­nen sind natür­lich erfor­der­lich. Und die Leute dort haben die Mög­lich­keit in diese Liste, die der Robo­ter in sich hat, ein­zu­se­hen, jeder­zeit. Aber müssen nicht aktiv dort ein­grei­fen. Nur im Stör­fall. (Inter­view 2)

 

4.2.2 Arbeits­or­ga­ni­sa­tion

Arbeits­zeit

Die Pro­duk­tion läuft in einem kon­ti­nu­ier­li­chen vor­wärts­ro­tie­ren­den Drei-Schicht-Modell in 8-Stun­den-Schich­ten (Früh/Spät/Nacht) sowie par­al­lel in einem Wech­sel­schicht­mo­dell ohne Nacht­schicht. Dar­über hinaus werden zehn Teil­zeit­mo­delle in Schicht­ar­beit und zahl­rei­che Teil­zeit­mo­delle in Nor­mal­schicht rea­li­siert, um auf indi­vi­du­elle Bedürf­nisse der Beschäf­tig­ten so gut wie mög­lich ein­zu­ge­hen. Zusätz­lich wird ver­sucht, neben fest­ste­hen­den Model­len auch indi­vi­du­elle Modelle zu ermög­li­chen. Wenn es per­sön­li­che Umstände erfor­dern (eigene Gesund­heit, Pflege von Ange­hö­ri­gen o.ä.), gibt es die Mög­lich­keit, für ein Jahr befris­tet in Wech­sel­schicht zu gehen. Es gibt ein Kon­tin­gent an Wech­sel­schich­ten, das durch zeit­li­che Befris­tung und Wech­sel immer wieder ande­ren Beschäf­tig­ten die Mög­lich­keit gibt, ohne Nacht­schicht zu arbei­ten. Es wurden ver­schie­dene Schicht­mo­delle erprobt. Nach einer Phase mit 12-Stun­den-Schich­ten stieg der Kran­ken­stand, so dass auf ein 8-Stun­den-Modell zurück­ge­gan­gen wurde. Dies erwies sich für die Gesund­heit der Beschäf­tig­ten als zuträg­li­cher. Die Wochen­ar­beits­zeit liegt bei 36 Stun­den und die Beschäf­tig­ten haben Anspruch auf 30 Tage Urlaub im Jahr.

Hin­sicht­lich sozia­ler Ver­träg­lich­keit bei Schicht­ar­beit ist viel pas­siert, Rück­gang von 12h- auf 8h-Schicht­mo­del­len, Son­der­schicht­mo­delle für Ältere. (Inter­view 2)

Wir haben sehr kom­plexe Teil­zeit­sys­teme. Wir haben Schicht­ar­beit in Teil­zeit, Nor­mal­schicht in Teil­zeit. Haben alleine in der Schicht­ar­beit 10 Teil­zeit­mo­delle, in der Nor­mal­schicht unend­li­che viele Teil­zeit­mo­delle. (Inter­view 4)

Die Fle­xi­bi­li­sie­rung des Schicht­sys­tems war auch Folge der Auto­ma­ti­sie­rung – so soll den Bedürf­nis­sen der klei­ner gewor­de­nen Teams bei der Ein­satz­pla­nung gerecht werden.

Zeit- und Leistungsdruck

Art und Ursa­che von Zeit- und Leis­tungs­drucks haben sich ver­än­dert. Da die Bestü­ckung der Anla­gen von Hand erfolgte, waren die Beschäf­tig­ten auch dafür ver­ant­wort­lich, wie schnell eine Anlage be- und ent­la­den wurde. Im Laufe der letz­ten Jahre, auch schon vor der Auto­ma­ti­sie­rung, wurden die Durch­lauf­zei­ten immer kürzer, die Anzahl der Anla­gen größer und damit der Zeit­druck höher.

Das ist etwas, wo man auch schon manch­mal gehört hatte von den Mit­ar­bei­tern, dass sie durch­aus froh sind, dass sie das nicht mehr erle­ben muss­ten. Diese kurzen Pro­zess­zei­ten unter dem Stress […] Als ich anfing, hatte ein Mit­ar­bei­ter vier Öfen zu bela­den aber ohne Auto­ma­ti­sie­rung ist das auch lang­sam auf fünf, sechs gestie­gen, also die muss­ten dann auch schon immer mehr. (Inter­view 7)

Neben der Ein­stel­lung der Lose war die Ein­gabe von Daten in die Anlage manu­ell erfor­der­lich, was mit zuneh­men­der Durch­lauf­zahl eine wei­tere Belas­tung darstellte.

Team­lei­ter und Fach­kräfte, die in der Linie waren haben gesagt, dass sie bestimmte Abläufe, alles ein­tip­pen, dass sie das nicht mehr schaf­fen könn­ten, wenn das nicht durch diesen Auto­ma­tis­mus, ich stell alles drauf, der liest den Tag, der meldet das an und macht den ganzen Kram für mich, ohne dass ich tippen muss. Die haben alles ein­ge­ge­ben, muss­ten dabei noch Obacht geben, rich­tige Kenn­num­mer, wie viel Schei­ben drin sind, darfst du nichts ver­wech­seln. (Inter­view 7)

Ein wei­te­rer Aspekt von Leis­tungs­druck ist im großen finan­zi­el­len Wert eines Loses zu sehen. Manu­el­ler Trans­port und Bestü­ckung der Anla­gen waren immer auch mit dem Risiko ver­bun­den, ein Los fallen zu lassen und damit einen finan­zi­el­len Scha­den anzu­rich­ten. Auch können durch die Auto­ma­ti­sie­rung und Rück­kopp­lung mit dem System Fehler der Beschäf­tig­ten (z. B. bei der Ein­gabe von Infor­ma­tio­nen in die Anla­gen; Ver­ges­sen von Teil­schrit­ten) ver­mie­den werden, was als Ent­las­tung erlebt werden kann.

weil die Fens­ter, wo sie die Lose rein­stel­len müssen, sehr klein sind. Man muss aber auch Obacht geben beim Hand raus­zie­hen, da sind Lose oft mal run­ter­ge­fal­len. Nicht schön aber man kann man den Leuten aber kein Vor­wurf machen, weil die Maschine von der Ergo­no­mie her ganz gru­se­lig gestal­tet ist. (Inter­view 7)

Auch wenn mich das System darauf hin­weist, ich hab es jetzt auf die fal­sche [Anlage] gestellt, dass das nicht alleine star­tet. Das ich keinen Fehler mehr machen kann. Also auch das haben die Leute am Ende doch als posi­tiv auf­ge­fasst. (Inter­view 7)

Die Bestü­ckung über­neh­men jetzt die Robo­ter. Leis­tungs­druck ist den­noch da und wird durch die Auto­ma­ti­sie­rung mög­li­cher­weise größer. Zum einen weil dieses kom­plexe tech­ni­sche System zen­tral für den Pro­duk­ti­ons­pro­zess ist und dafür gesorgt werden muss, es am Laufen zu halten. Zum ande­ren pro­du­ziert die Auto­ma­ti­sie­rung kon­ti­nu­ier­lich hohe Takt- und Durch­lauf­zei­ten, an die sich die Beschäf­tig­ten anpas­sen müssen.

Was ich mir vor­stel­len kann, ist eine Annahme mei­ner­seits, aber dadurch, dass die Auto­ma­ti­sie­rung immer weiter fort­schrei­tet und damit natür­lich immer einen grö­ße­ren Ein­fluss auf den eigent­li­chen Fer­ti­gungs­fluss hat, dass alle die, die in irgend­ei­ner Weise invol­viert sind in die War­tung, Instand­hal­tung, Betrieb dieses Sys­tems unter einem gewis­sen Druck stehen. D.h. ich muss das System immer siche­rer machen und im Falle eines Aus­falls muss der erste Schritt auch sitzen, damit die Aus­wir­kun­gen auf die Fer­ti­gung so gering wie mög­lich sind. Hinter jeder Fer­ti­gung steht ein Kunde. Wir haben ja feste Ver­träge, feste Lie­fer­ter­mine. Und danach wird unsere Fer­ti­gung gesteu­ert. (Inter­view 6)

Neuer Leis­tungs­druck ent­steht auch durch die Not­wen­dig­keit, Ent­schei­dun­gen zu treffen.

Aber der Druck, der noch da ist, ist in dem Über­wa­chungs­auf­wand. Stän­dig den Blick darauf haben, tut meine Anla­gen wirk­lich das, was sie tun soll. Und wenn sie es nicht tut, treffe ich die rich­tige Ent­schei­dung, damit sie es wieder tun kann. Da können schon Druck­si­tua­tio­nen oder anspruchs­volle Situa­tio­nen für ein­zelne Per­so­nen manch­mal ent­ste­hen oder das Thema Angst vor Feh­lern, dass ich jetzt gerade bei neuen Sys­te­men die rich­tige Ent­schei­dung treffe.

Dabei spielt der Kos­ten­druck eine ent­schei­dende Rolle. Wenn­gleich die Lose nicht mehr aus der Hand fallen können, bleibt der finan­zi­elle Druck erhalten:

Jede Minute ist viel Geld. Wenn die Maschine nicht bela­den wird und das Mate­rial steht da, aber der Robo­ter hat ein Pro­blem. Das heißt, es muss so schnell wie mög­lich reagiert werden, um den Zeitverlust/Kapazitätsverlust zu mini­mie­ren. Der wird nicht zurück­ge­holt, die Zeit ist vorbei. Je teurer die Maschine/Anlage ist, umso wert­vol­ler ist die Minute oder Stunde. Die Leute wissen das, sie sind unter dem Gesamt­druck. (Inter­view 7)

Per­for­mance-Daten werden team­be­zo­gen, nicht per­so­nen­be­zo­gen aus­ge­wer­tet. Zeit­vor­ga­ben gibt es nicht, auch kein Leis­tungs­ent­gelt. Aller­dings wird Leis­tungs­er­brin­gung der Mitarbeiter*innen ver­gli­chen und ggf. durch Füh­rungs­kräfte hinterfragt.

Außer­dem hat eine Ver­dich­tung von Auf­ga­ben hat statt­ge­fun­den, es werden inzwi­schen fast dop­pelt so viele Anla­gen bedient wie vor der Automatisierung.

Für Groß­teil der Mann­schaft ist es „nor­ma­les Tages­ge­schäft“, dass sie Anla­gen zu warten und Ent­schei­dun­gen zu tref­fen haben aber die Anzahl der Anla­gen, die sie betreuen müssen hat deut­lich zuge­nom­men (Inter­view 2)

Mehr Feu­er­wehr­ak­tio­nen, also von einer Stö­rung zur ande­ren rennen und damit keine Zeit für sys­te­ma­ti­sche Feh­ler­ana­lyse (Inter­view 2)

Dies hat auch für die War­tung und Instand­hal­tung Kon­se­quen­zen, die mehr Anla­gen als früher zu betreuen haben.

Nicht zu ver­ges­sen ist im Zusam­men­hang mit Zeit- und Leis­tungs­druck die Phase der Umstel­lung selbst, die durch einen Mehr­auf­wand an Arbeit gekenn­zeich­net war.

Stö­run­gen und Unterbrechungen

Die Mensch-Maschine-Inter­ak­tion läuft nicht immer rei­bungs­los. So treten Stö­run­gen auf, wenn bei­spiels­weise der Inter­ak­ti­ons­raum der Robo­ter durch den Men­schen beein­träch­tigt wurde und es zum kurz­zei­ti­gen Ste­hen­blei­ben kommt. Auch Strom­schwan­kun­gen, auf die die Anla­gen sehr emp­find­lich reagie­ren, sowie tech­ni­sche Defekte können zu Stö­run­gen führen. Das Beson­dere ist, dass Stö­run­gen nicht die eigent­li­che Arbeit des Beschäf­tig­ten in der Linie unter­bre­chen, son­dern dass sie den zen­tra­len Bestand­teil seiner Arbeit darstellen.

Die [Tech­nik] funk­tio­niert nur nicht oder macht Schwie­rig­kei­ten, wenn tech­ni­sche Pro­bleme vor­lie­gen, wenn IT Sys­teme aus­fal­len oder andere Stö­run­gen, die die Auto­ma­ti­sie­rung dann lahm­le­gen oder nega­tiv beein­träch­ti­gen. Ansons­ten eigent­lich nicht. (Inter­view 5)

Es wurden Dinge mit ein­an­der ver­bun­den, die vorher nie ver­bun­den waren. Das führt dazu, dass bei klei­ne­ren Stö­run­gen Assis­tenz nötig wird. (Inter­view 7)

Die War­tung der Anla­gen ist nach einem sys­te­ma­ti­schen Pro­gramm und Ter­min­plä­nen getak­tet. Mit zuneh­men­dem Alter der Anla­gen fallen jedoch unge­plant Stö­run­gen und damit War­tungs- und Instand­hal­tungs­maß­nah­men an, die die eigent­li­che Arbeit unterbrechen.

Sie werden im zuneh­men­den Maße aus dieser Sys­te­ma­tik durch aktu­elle Stö­run­gen raus­ge­drängt, wo Sie dann erst­mal etwas ande­res machen müssen. Trotz­dem ver­su­chen Sie, in die Sys­te­ma­tik der Anla­gen­war­tung wieder rein­zu­kom­men. In dem Maße wie Anla­gen älter werden, ihre Aus­fall­rate höher werden, haben Sie zuneh­mend die Feu­er­wehr­ak­tio­nen, wo Anla­gen unge­plant in die Stö­rung gehen und Sie sich um diese Anla­gen küm­mern müssen, aber das andere Auf­ga­ben­pro­fil bleibt par­al­lel dazu bestehen. (Inter­view 2)

4.2.3 Soziale Bezie­hun­gen, Kom­mu­ni­ka­tion und Kooperation

Wäh­rend vor der Auto­ma­ti­sie­rung die Anla­gen durch die Beschäf­tig­ten bestückt wurden, befan­den sich viele Per­so­nen gleich­zei­tig in einer Schicht, die sich in einem Bereich beweg­ten (z.T. 100 pro Bereich). Durch Über­nahme dieser Auf­ga­ben durch Robo­ter, sind der­zeit nur zwei bis drei Beschäf­tigte pro Schicht für einen Bereich/Leitstand zustän­dig. Dadurch kam es zu einer Reduk­tion der sozia­len Inter­ak­tio­nen und einer Ver­än­de­rung der sozia­len Beziehungen.

da mit­un­ter soziale Kon­takte redu­ziert sein können, wobei das jetzt nie so geäu­ßert wurde. Viele Leute sind dabei, die ihre das schät­zen, dass sie ihr Ding machen können“ (Inter­view 3)

Wir hatten ja die Listen, wir haben ja die Pla­nung gemacht für die Auto­ma­ti­sie­rung. In Berei­chen wo vorher 100 Leute gear­bei­tet haben, dass dann pro Schicht dann nur noch zwei übrig blie­ben. Und was das für die bedeu­tet war uns auch nicht so rich­tig klar.“ (Inter­view 7)

Früher haben sehr viele Leute auf engs­tem Raum zusam­men­ge­ar­bei­tet. Dann geschieht es schnell, dass man sich in Dreier- oder Vierer-Grüpp­chen trifft und über das eine oder das andere redet oder in die Pause geht und jeden Tag wahr­schein­lich mit der­sel­ben Gruppe. Das ist so aus­ein­an­der­ge­ris­sen worden. Also wäh­rend der Arbeits­schicht gibt’s grö­ßere Phasen, wo man alleine ist. Das ist eine Ver­än­de­rung. Kann der eine posi­tiv, der andere nega­tiv bewer­ten.“ (Inter­view 5)

Für eine Viel­zahl an Mit­ar­bei­tern gibt es über den Tag hinweg kaum Gesprächs­part­ner, Kom­mu­ni­ka­tion nimmt also ab“ (Inter­view 2)

Für die Instandhalter*innen ist die Zunahme der Anla­gen­zahl damit ver­bun­den, dass sie viel allein unter­wegs sind.

Anla­gen­viel­falt, die zu warten ist, hat zuge­nom­men und damit ver­lie­ren sich die Leute immer mehr aus den Augen. Es gibt nur wenige Pro­zesse, wo zwei Leute gleich­zei­tig eine War­tung machen, aus­ge­nom­men sicher­heits­tech­ni­sche Sachen, wo eine Allein­ar­beit ver­bo­ten ist“ (Inter­view 2)

4.2.4 Arbeitsumgebung/Neue Arbeitsformen

Angst vor Arbeitsplatzverlust

Zu Beginn der Auto­ma­ti­sie­rung war Arbeits­platz­ver­lust ein Thema, die tech­ni­schen Ver­än­de­run­gen wurden als Bedro­hung erlebt. Momen­tan ist der ange­strebte Auto­ma­ti­sie­rungs­grad weit­ge­hend erreicht. Auch gibt es eine Erwei­te­rung der Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tät, sodass das aktu­ell weni­ger eine Rolle zu spie­len scheint. Gene­rell ist jedoch die Halb­lei­ter­indus­trie eine dyna­mi­sche Bran­che, in der Stand­ort­si­cher­heit nicht zu garan­tie­ren ist – dies gilt unab­hän­gig von der Automatisierung.

Es gibt diesen Gedan­ken, dass der eigene Arbeits­platz in Gefahr ist, weil die Tech­nik ja alles über­nimmt. (Inter­view 5)

Im ersten Moment ist es eine Bedro­hung. Im ersten Moment. Spe­zi­ell für „das Kli­en­tel“, was direkt betrof­fen ist. (Inter­view 6)

4.3 Kör­per­li­che Be- und Entlastungen

Die größ­ten Ver­än­de­run­gen hat es für die Beschäf­tig­ten im ehe­ma­li­gen Ope­ra­ting-Bereich gege­ben, die nun an den Über­wa­chungs­ar­beits­plät­zen tätig sind. Die Auto­ma­ti­sie­rung hat dabei in erster Linie kör­per­li­che Ent­las­tun­gen zur Folge. Das Heben und Tragen der Lose stellte eine kör­per­lich schwere Arbeit dar. Die Bestü­ckung der Anla­gen war außer­dem mit ergo­no­misch ungüns­ti­gen und ein­sei­ti­gen Hal­tun­gen und Bewe­gun­gen ver­bun­den (Kipp- und Dreh­be­we­gun­gen). Beson­ders die Hand­ge­lenke, Ell­bo­gen und Schul­tern waren betroffen.

Dann gab es ein ergo­no­mi­sches Pro­blem. Die Mit­ar­bei­ter muss­ten die Lose so anfas­sen und so drehen. Ist eine stark ein­sei­tige Belas­tung, weil die Fens­ter, wo sie die Lose rein­stel­len müssen, sehr klein sind. […] Da waren die Leute auch froh. Ist kein Job für die Dauer. (Inter­view 7)

Die Lauf­stre­cken für die Beschäf­tig­ten an den Über­wa­chungs­ar­beits­plät­zen sind, ver­gli­chen mit denen der ehe­ma­li­gen Ope­ra­tor-Tätig­kei­ten, gerin­ger gewor­den. Gele­gent­lich sind Wege zu den Anla­gen erfor­der­lich. Dabei spricht sich das Team in einer Schicht ab, wer zu wel­chen Anla­gen geht und wer am Leit­stand ver­bleibt. Für die Beschäf­tig­ten des zen­tra­len Ope­ra­ting-Teams, die Anla­gen wei­ter­hin manu­ell bestü­cken, sowie für die Instandhalter*innen sind lange Lauf­wege geblie­ben bzw. mehr gewor­den, weil sie für grö­ßere Anla­gen­be­rei­che zustän­dig sind.

…kurze Lauf­wege. Früher sind sie sechs bis sieben Kilo­me­ter pro Schicht gelau­fen, heute geschätzt eins bis zwei Kilo­me­ter. (Inter­view 5)

Dafür finden sich hier die typi­schen Belas­tun­gen eines Bild­schirm­ar­beits­plat­zes – dau­er­haf­tes Sitzen und Bean­spru­chung der Augen.

Hin­sicht­lich Gefähr­dun­gen durch Che­mi­ka­lien, Strah­lung, Lärm etc. hat es keine Ver­än­de­run­gen gege­ben. Auch die Rein­raum­be­din­gun­gen und die ent­spre­chen­den Schutz­klei­dun­gen (Hand­schuhe –> Feucht­ar­beit) haben sich durch Ein­füh­rung der Auto­ma­ti­sie­rung nicht verändert.

4.4.1 Unfälle

Zur Prä­ven­tion von Unfäl­len im Rahmen der Inter­ak­tion zwi­schen Mensch und Robo­ter wurden Sen­so­rik und Sicher­heits­tech­nik (Laser­erken­nungs­sys­tem zur Ein­hal­tung von Sicher­heits­ab­stän­den, mecha­ni­scher Anfahr­schutz) instal­liert und getes­tet. Ent­wick­lun­gen erfolg­ten gemein­sam mit dem Robo­tik­her­stel­ler und unter Ein­be­zug eines Sach­ver­stän­di­gen der Berufs­ge­nos­sen­schaft. Nähert sich der Mensch dem Robo­ter bis zu einem defi­nier­ten Sicher­heits­be­reich, wird dieser zunächst lang­sa­mer, ver­rin­gert sich der Abstand zwi­schen Mensch und Robo­ter weiter, bleibt der Robo­ter stehen. Auch frei­fah­rende Robo­ter sind mit Sen­so­ren und Sicher­heits­tech­nik aus­ge­stat­tet; anders als bei schie­nen­ge­bun­de­nen Robo­tern ist hier jedoch auch GPS zur Posi­ti­ons­be­stim­mung rele­vant. Diese kommen in den Lini­en­be­trieb erst recht neu dazu, so dass bisher wenige Erfah­run­gen damit bestehen, außer bei frei­fah­ren­den Ana­lyse-Robo­tern zur Mes­sung der Luftwerte.

Jedoch hat die fort­schrei­tende Auto­ma­ti­sie­rung zur Folge, dass sich Mensch und Maschine nicht mehr im selben Umfeld bewe­gen müssen, son­dern eine Fern­über­wa­chung und -steue­rung erfolgt. Auch Instand­hal­tungs- und Bedien­be­reich sind räum­lich von­ein­an­der getrennt. So hat es in diesem Zusam­men­hang bis­lang auch keine Unfälle gegeben.

Im Zusam­men­hang mit der Auto­ma­ti­sie­rung sind mir keine [Unfälle] bekannt. (Inter­view 5)

Was wir die Mit­ar­bei­ter natür­lich schu­len müssen, ist wie sie sich zu ver­hal­ten haben in der Nähe von sol­chen Sys­te­men, um die nicht zum Aus­stei­gen zu bewe­gen. Es kann keiner über­fah­ren werden, man würde nur den Pro­zess unter­bre­chen, was erst­mal auch nicht schön ist, aber es würde keine gesund­heit­li­chen Schä­den nach sich ziehen.

Ist eher für Mit­ar­bei­ter Her­aus­for­de­rung, da sie im freien Raum rum­fah­ren, dass man dann nicht irgendwo was abla­den und ste­hen­las­sen kann, also Bewe­gungs­flä­chen freihalten.

Häu­fige Unfälle sind unbe­ein­flusst von der zuneh­men­den Auto­ma­ti­sie­rung: Stol­per- Sturz- und Rut­sch­un­fälle, Stoßen (da z.B. die Maschi­nen und Anla­gen sehr eng sind und Repa­ra­tu­ren in Zwangs­hal­tun­gen in ver­win­kel­ten Berei­chen erfolgen).

Eher bei Instand­hal­tung, dass man abrutscht und sich ver­letzt. Aber dann durch hand­werk­li­che Tätig­keit, die das pro­vo­ziert hat […] aber durch Inter­ak­tion mit fah­ren­den Maschine ist mir nicht unter­ge­kom­men (Inter­view 3)

4.4.2 Befin­den

Es hat einen Rück­gang von Beschwer­den in den Hand­ge­len­ken gege­ben. Bei Beschäf­tig­ten mit langen Lauf­stre­cken in der Linie sind Beschwer­den im Fuß­be­reich geblieben.

Die Hand­ge­lenk­be­schwer­den gibt’s nicht mehr. Oder diese Ell­bo­gen­be­schwer­den. Auch dar­über hinaus ist mir nichts bekannt. (Inter­view 5)

und auch nach der Ein­füh­rung der Auto­ma­ti­sie­rung, hat es zu keiner Ver­än­de­rung des Kran­ken­stan­des im nega­ti­ven Sinne geführt, die man darauf zurück­schlie­ßen könnte (Inter­view 4)

Ver­än­de­run­gen im psy­chi­schen Befin­den werden ver­ein­zelt beschrie­ben. Inwie­fern die Gründe in der Auto­ma­ti­sie­rung liegen, lässt sich hier nicht klar beant­wor­ten. Zusam­men­hänge zur Arbeits­ver­dich­tung und wach­sen­den Anfor­de­run­gen sind zu vermuten.

Leute sind aggres­si­ver, gereiz­ter (Inter­view 2)

die Mit­ar­bei­ter wollen dann irgend­wann nicht mehr, die wollen kein Change mehr. Die können nicht nein sagen, weil die ganze Welt ver­än­dert sich aber ziehen sich dann ein biss­chen zurück und sagen „Ich habe genug vom Change, ich mag nicht mehr, ich will nicht mehr und ich will eigent­lich ein biss­chen Ruhe und biss­chen Schutz und Sicher­heit und nicht schon wieder neu lernen und nicht schon wieder was Neues ange­hen“, da weiß ich nicht, bin ich aber auch kein Experte für, ob das was mit der Psyche macht, also Thema Depres­sio­nen, Bur­nout, ob das irgend­wie eine Rolle spielt, das geht ja auch so in Rich­tung Gesund­heits­schutz. Das sind noch­mal span­nende Themen, die man mal beob­ach­ten muss. (Inter­view 4)

Vom tech­no­lo­gi­schen Wandel unbe­ein­flusst, sind typi­sche kör­per­li­che Beschwer­den im Bereich Haut zu ver­or­ten durch das Tragen der Rein­raum­klei­dung. Auch Muskel-Ske­lett-Beschwer­den treten auf, z.B. durch Zwangs­hal­tun­gen der Instandhalter*inne beim Arbei­ten in und an den Anla­gen. Bei älte­ren Beschäf­tig­ten finden sich vor allem inter­nis­ti­sche Erkran­kun­gen, Blut­hoch­druck. Die Pro­ble­ma­tik der Nacht­schicht gewinnt dann zuneh­mend an Rele­vanz, zuneh­mende Erschöpfung.

Was ich erlebe, dass die Mit­ar­bei­ter mit zuneh­men­den Alter mit den Schich­ten Pro­bleme haben das gilt aber auch nicht für alle. Es gibt auch welche, die schaf­fen es ganz locker bis zum Ruhe­stand. (Inter­view 1)

Häu­fi­ger zeigen sich auch (nicht nur bei Älte­ren) Muskel-Ske­lett-Beschwer­den, Rücken­be­schwer­den, vor allem der Len­den­wir­bel­säule, Knie­schmer­zen und – vor allem bei Mitarbeiter*innen mit langen Weg­stre­cken in der Linie (Instand­hal­ter, Ope­ra­tor) – Pro­bleme mit dem Fußgewölbe.

Ins­ge­samt wird von einem recht hohen Kran­ken­stand berich­tet (Zahlen dazu werden nicht genannt), der sich auch in einer rela­tiv hohen BEM-Rate wider­spie­gelt (Betrieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment). Es ist aller­dings zu ver­mu­ten, dass es einen Zusam­men­hang zwi­schen einer altern­den Beleg­schaft und einem stei­gen­den Kran­ken­stand gibt. Die Auto­ma­ti­sie­rung wird als Ursa­che für stei­gen­den Kran­ken­stand von den Befrag­ten eher ausgeschlossen.

Auch ist der Kran­ken­stand bei Frauen (in Teil­zeit) höher als bei Män­nern. Hier spielt ver­mut­lich die Mehr­fach­be­las­tung der Frauen eine Rolle (Mutter; pfle­gende Tochter/Schwiegertochter).

5. Arbeits- und Gesund­heits­schutz, Betrieb­li­ches Gesundheitsmanagement

Der Gesund­heits­schutz hat einen sehr hohen Stel­len­wert, was sich in ent­spre­chen­der Zer­ti­fi­zie­rung (BS OHSAS 18001) und einem inte­grier­ten Gesund­heits­kon­zept wider­spie­gelt. Neben der gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen Grund­ver­sor­gung gibt es ein betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment (BGM), eine interne betrieb­li­che Sozi­al­be­ra­tung und einen inter­nen Betriebs­arzt. Mit Gesund­heits­fra­gen beschäf­tigt sich das Gesund­heits­team, das eng abge­stimmt mit dem Betriebs­arzt, von der betrieb­li­chen Sozi­al­be­ra­tung gelei­tet wird. Das BGM wird regel­mä­ßig von der Betriebs­lei­tung aus­ge­wer­tet und es steht ein eige­nes Haus­halts­bud­get zur Verfügung.

Anpas­sun­gen des AGS auf­grund ver­än­der­ter Arbeitsbedingungen

Im Thema Arbeits­schutz hat es im Nach­gang der Auto­ma­ti­sie­rung keine beson­de­ren Ver­än­de­run­gen und Anpas­sun­gen geben müssen.

Eigent­lich hat sich rela­tiv wenig ver­än­dert, da seit Jahren rela­tiv stabil auf­ge­baut sind. Wir haben kon­ti­nu­ier­li­che Pro­zesse, was Arbeits­schutz und tech­ni­sche Maß­nah­men bis zur per­sön­li­chen Schutz­aus­rüs­tung angeht. (Inter­view 2)

Ver­än­de­run­gen erga­ben sich jedoch im Bereich ergo­no­mi­scher Maß­nah­men. So wurden mehr höhen­ver­stell­bare Tische und ergo­no­mi­sche Stühle sowie Fußbetteinlagen/orthopädisches Fuß­bett für die Rein­raum­schuhe zur Ver­fü­gung gestellt. Im Arbeits- und Gesund­heits­schutz (Unter­wei­sun­gen etc.) wurde das Thema „Sicher­heit im Umgang mit Robo­tern“ auf­ge­nom­men. Auf­grund der klei­ne­ren Teams wurde ein fle­xi­ble­res Schicht­sys­tem eingeführt.

Wei­tere Bestand­teile des AGS – unab­hän­gig vom tech­no­lo­gi­schen Wandel – sind beispielweise:

  • regel­mä­ßige Tref­fen ver­schie­de­ner Berei­che zum AGS und Umweltschutz

Einmal in der Woche sitzen Busi­ness, Con­ti­nuity, Envi­ron­ment and Safety, Betriebs­arzt, Betriebs­rat zusam­men, wo all­ge­mein Themen zum Arbeits­schutz, Umwelt­schutz bespro­chen werden und es zum all­ge­mei­nen Aus­tausch über Anlie­gen der Mit­ar­bei­ter kommt. (Inter­view 2)

  • ASA-Sit­zun­gen
  • kon­ti­nu­ier­li­che Raum­luft­mes­sun­gen; vor allem mit Blick auf Pro­dukt­qua­li­tät; Vor­teil ist, dass Grenz­werte für Pro­dukt­qua­li­tät unter­halb der gesund­heits­kri­ti­schen Werte liegen, so dass dar­über auto­ma­tisch auch eine Kon­trolle und Ein­hal­tung gesund­heits­be­zo­ge­ner Grenz­werte erfolgt
  • stan­dar­di­sierte Ein­wei­sun­gen; Soft­ware erin­nert an Abar­bei­ten von Arbeitssicherheitsmodulen
  • Ana­lyse von Arbeits­un­fäl­len und ggf. Anpas­sun­gen von Schutzmaßnahmen

Dar­über hinaus gibt es eine Betrieb­li­che Sozi­al­be­ra­tung mit fol­gen­den Funk­tio­nen und Aufgaben:

  • Anlauf­stelle bei Fragen zum Arbeits­platz, Fragen zur Gesund­heit – beruf­li­cher wie pri­va­ter Art; sozi­al­ver­si­che­rungs­tech­ni­sche Fragen
  • Bera­tung von Füh­rungs­kräf­ten, wenn es Pro­bleme mit Mitarbeiter*innen gibt
  • Team­be­ratun­gen, z. B. Umstrukturierungen
  • Schu­lun­gen für Füh­rungs­kräfte im Hin­blick auf gesund­heits­be­zo­gene Themen (z.B. Füh­rung, Umgang mit psy­chisch erkrank­ten Mitarbeiter*innen, Sucht)
  • Schu­lung für Schichtarbeiter*innen (als Teil der regu­lä­ren Conti-Schicht-Schu­lung), z.B. gesunde Ernäh­rung, Sucht, BEM

Die Betriebs­ärzt­li­che Ver­sor­gung deckt fol­gende Berei­che ab:

  • Ver­sor­gung der anfal­len­den all­ge­mein­me­di­zi­ni­schen Probleme
  • klas­si­sche arbeits­me­di­zi­ni­schen, betriebs­ärzt­li­che Tätig­keit (Arb­MedVV), Beispiele: 
    • Vor­sorge Bildschirmarbeit
    • Vor­sor­ge­pflicht Haut (Feucht­ar­beit)
    • ver­ein­zelt Vor­sor­ge­pflicht Gefahr­stoffe (für einige Arbeitsplätze)
    • ver­ein­zelt Bio­mo­ni­to­ring (bei Gefahrstoffen)
    • Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen (mit­tel­schwe­rer Atem­schutz; bei Betriebs­feu­er­wehr: G25 Führen von Fahr­zeu­gen auf Betriebs­ge­lände, G26.3 schwe­rer Atemschutz)
    • Eig­nungs­un­ter­su­chun­gen: G41 Höhentauglichkeit
  • Betriebs­arzt­stelle fun­giert dar­über hinaus als Medi­cal Ser­vice Center (Auf­ga­ben gehen über das klas­si­sche betriebs­ärzt­li­che Auf­ga­ben­spek­trum hinaus)
  • Akut­kon­takt, Ver­mit­teln von Anlauf­stel­len und Akut­ver­sor­gung, auch von klei­ne­ren Beschwerden
  • Imp­fun­gen im Rahmen von rei­se­me­di­zi­ni­schen Aspek­ten, aber nicht im umfas­sen­den haus­ärzt­li­chen Versorgungsspektrum
  • Grip­pe­schutz­imp­fun­gen

Betrieb­li­ches Eingliederungsmanagement

Im vor­letz­ten Jahr wurde zum Thema BEM mit dem Betriebs­rat eine Betriebs­ver­ein­ba­rung erstellt, die den Pro­zess stan­dar­di­siert regelt. Dabei ist der gesamte Pro­zess fest­ge­legt, Anschrei­ben, Zustim­mungs­er­klä­rung, Mit­wir­kungs­pflicht, Pro­to­kol­lie­rung, Auf­be­wah­rungs­fris­ten. Die Betei­li­gung des Betriebs­ra­tes und die Trans­pa­renz durch die Betriebs­ver­ein­ba­rung sollen die Akzep­tanz des BEM in der Beleg­schaft för­dern. Die Ten­denz, BEM anzu­bie­ten, ist stei­gend. Etwa 40% nehmen ein ange­bo­te­nes BEM in Anspruch. Es gibt posi­ti­ves Feed­back von denen, die es annehmen.

Es muss sich noch ein biss­chen rum­spre­chen, dass es hilf­reich ist. (Inter­view 1)

In das BEM-Ver­fah­ren ein­ge­bun­den sind Betriebs­arzt, betrieb­li­che Sozi­al­be­ra­tung, Füh­rungs­kraft, Betriebs­arzt, ggf. Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung, Mitarbeiter*innen und Bera­ter aus dem Bereich Human Resour­ces (HR). Momen­tan ist die Res­sour­cen­si­tua­tion so, dass nicht allen lang­zeit­er­krank­ten Mitarbeiter*innen ein BEM ange­bo­ten werden kann. Der Fokus liegt auf den drin­gends­ten und schwer­wie­gends­ten Fällen. Die HR-Berater*innen bear­bei­ten nach Abschluss eines Falles kon­ti­nu­ier­lich den nächs­ten, so dass etwa 20 BEM-Ver­fah­ren par­al­lel laufen.

Schicht­ar­beit ist im Rahmen von BEM oft ein Thema, beson­ders Nacht­ar­beit. Hier kann bei Bedarf auf das Kon­tin­gent an Wech­sel­schicht zurück­ge­grif­fen werden und für einen bestimm­ten Zeit­raum die Nacht­schicht aus­ge­setzt werden, sofern es die Rah­men­be­din­gun­gen der Abtei­lung erlauben.

Gesund­heits­jahr

Über das Jahr ver­teilt werden tur­nus­mä­ßig Ange­bote zu ver­schie­de­nen Themen gemacht (Nut­zung als Teil der Arbeits­zeit möglich):

  • Refe­rate zu gesun­der Ernäh­rung, Schlaf­hy­giene (vor allem wich­tig bei Schicht­ar­beit), zu psy­chi­scher Belas­tung, Umgang mit Stress (im Nach­gang der Auto­ma­ti­sie­rung beson­ders rele­vant gewor­den); Unter­stüt­zung z.T. durch externe Expert*innen
  • Labor­un­ter­su­chun­gen (Fett­stoff­wech­sel, Cho­le­ste­rin, Blutzucker)
  • Imp­fun­gen
  • Haut­krebs-Scree­ning, Darm­krebs-Scree­ning, Glau­kom-Vor­sorge (in Zusam­men­ar­beit mit der Kran­ken­kasse) durch Fach­ärzte, die für bestimm­ten Zeit­raum (z. B. eine Woche) an den Stand­ort geholt werden; für ein bestimm­tes Kon­tin­gent an Mitarbeiter*innen (Anmel­dung erforderlich):

Es gibt defi­nierte Kon­tin­gente aber natür­lich achten wir drauf, dass nicht immer die glei­chen kommen son­dern dass es mög­lichst gestreut ist und befund­be­zo­gen. (Inter­view 3)

  • Akzep­tanz und Nut­zung ist hoch, auch wegen War­te­zei­ten beim Hausarzt
  • Mit­ar­bei­ter der Nacht­schicht sind schwie­ri­ger zu errei­chen, weil Ange­bote nicht nachts – Ver­such, über ver­setzte Ter­mine und Wie­der­ho­lun­gen allen die Mög­lich­keit zur Teil­nahme zu geben
  • Schwie­rig: Spagat zwi­schen indi­vi­du­el­ler Bera­tung und Gruppenangeboten
  • Anre­gun­gen zu Themen eher vom Unter­neh­men (z.B. Thema Füh­rung), weni­ger von den Beschäftigten

Sta­tio­nä­res Gesund­heits­an­ge­bot für Beschäftigte

  • ein­wö­chige Kur für Mitarbeiter*innen in einer Kur­ein­rich­tung, in der Themen zum gesun­den Leben wie Stress­be­wäl­ti­gung, Ernäh­rung und Bewe­gung behan­delt werden; ein Jahr später noch einmal vier Tage
  • Mitarbeiter*innen müssen einen Teil davon als Urlaub nehmen; bei erfolg­rei­cher Teil­nahme Rück­erstat­tung des Urlaubs (auch län­ger­fris­tig gese­hen; Teil­nahme an Refres­her; Kon­sul­ta­tio­nen Betriebs­arzt; Durch­füh­rung von Trai­nings­ein­hei­ten; Prü­fung von Parametern)
  • nach Rück­kehr regel­mä­ßige Kon­sul­ta­tio­nen beim Betriebs­arzt; Bera­tung in Gesundheitsfragen
  • Eva­lu­ie­rung des Ange­bots mit­tels Labor­wer­ten à bei den meis­ten zeigt es Erfolge
  • rich­tet sich vor allem an Per­so­nen mit Begleiterkrankungen;

…ist nicht an ein gewis­ses Alter gekop­pelt aber eher für ein älte­res Durschnit­tal­ter beson­ders wirk­sam. (Inter­view 3)

  • Betriebs­arzt spricht Mitarbeiter*innen, für die er das Pro­gramm für rele­vant hält, in Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen an und moti­viert zur Teilnahme
  • MA können sich auch eigen­in­itia­tiv melden
  • hier auch Reso­nanz von MA aus der Produktion
  • mit War­te­zeit verbunden

Gesund­heits­an­ge­bot für Führungskräfte

  • stellt ein ver­gleich­ba­res Kon­zept dar wiedas Ange­bot für die Beschäf­tig­ten, rich­tet sich aber an Füh­rungs­kräfte des Unter­neh­mens; Dauer 1 Tag plus 1 Tag Review-Workshop

Die Fle­xi­bi­li­sie­rung der Schicht­mo­delle und die Mög­lich­keit von Teil­zeit­ar­beit ist Teil des BGM. Es gibt ein Kon­tin­gent an Stel­len in Wech­sel-Schicht, auf das vor allem für Mitarbeiter*innen mit gesund­heit­li­chen Pro­ble­men und älte­ren Beschäf­tig­ten zurück­ge­grif­fen werden kann. Mitarbeiter*innen können Bedarf anmel­den (Betriebs­arzt, Sozialarbeiterin)

För­de­rung der Work-Life-Balance

  • Eltern-Kind-Büro
  • Beleg­plätze in Kindergärten
  • Ser­vice und Hil­fe­stel­lun­gen im Bereich Pflege (eigene Pfle­ge­home­page eines exter­nen Anbieters)
  • Tele­ar­beit möglich

Sons­ti­ges

  • zur Prä­ven­tion von Haut­pro­ble­men durch die Feucht­ar­beit (Hand­schuhe) gibt es Haut­schutz­pläne, Innen­fut­ter-Hand­schuhe (Unter­zie­her) aus Baum­wolle und Unter­stüt­zung mit Pflegepräparaten
  • Gesun­des Ver­sor­gungs­an­ge­bot in der Kantine
  • Trai­nings­raum
  • Ange­bot Rücken­schu­lung, Sportkurse
  • Ein­satz (ergo­no­mi­scher) Hilfs­mit­tel (höhen­ver­stell­bare Tische, Stühle), Bildschirmarbeitsplatzbrillen
  • Aus­leihe und Tes­tung ergo­no­mi­scher Hilfs­mit­tel durch Mitarbeiter*innen mög­lich; auf Wunsch Bege­hung des Arbeits­plat­zes und Bera­tung durch Betriebs­arzt; Zusam­men­ar­beit mit HR-Abtei­lung zur Prü­fung der Bean­tra­gung von Fördermitteln
  • der­zeit wird in die Umge­stal­tung der Pau­sen­räume inves­tiert, die atmo­sphä­risch ange­nehm gestal­tet werden und in denen Rech­ner zur Ver­fü­gung stehen, die allen Mitarbeiter*innen den Zugang zu Intra­net und Inter­net ermöglichen.
  • diverse Sozi­al­leis­tun­gen (Alters­vor­sorge)

Die Kom­mu­ni­ka­tion zu Ange­bo­ten und Ankün­di­gung erfolgt über Poster, Mails, Ankün­di­gun­gen/­So­cial-Media-Auf­tritte im Intra­net (mit eige­ner Seite zum Thema Gesund­heit; HR-Seite mit Links zu Gesund­heits­the­men; Betriebs­arzt mit eige­ner Intra­net-Seite). Es steht ein Online-Tool zur Anmel­dung für Ange­bote bereit. Zugang zum Intra­net haben die Beschäf­tig­ten in Nor­mal­schicht und Schicht­lei­ter mit einem eige­nen Rech­ner. Alle ande­ren Beschäf­tig­ten können Kiosk­lö­sun­gen mit Intra- und Inter­net­zu­gang nutzen (Rech­ner in Umklei­de­be­rei­chen oder bald in neuen Pau­sen­räu­men). Die ange­bo­te­nen Gesund­heits­kon­zepte werden hin und wieder auch in Betriebs­ver­samm­lun­gen the­ma­ti­siert, wie z.B. die Vor­stel­lung von Sozi­al­leis­tun­gen (Alters­vor­sorge etc.).

Akzep­tanz: Kurse in den Schich­ten wurden gut ange­nom­men, als es noch 12-Stun­den-Schich­ten mit län­ge­rer Pause dazwi­schen gab. Gene­rell werden Kurse von Büro­mit­ar­bei­tern besser als von Schicht­ar­bei­tern ange­nom­men. Eine Erklä­rung könnte in den Fahr­ge­mein­schaf­ten und damit ver­bun­de­nen zeit­li­chen Ein­schrän­kun­gen liegen. Bei Prä­ven­ti­ons­an­ge­bo­ten und dem sta­tio­nä­ren Gesund­heits­an­ge­bot für die Beschäf­tig­ten lässt sich eher kein Unter­schied feststellen.

Im Nach­gang der COPSOQ-Aus­wer­tung wurden Maß­nah­men abge­lei­tet und zum Teil umge­setzt. Dabei ging es um Themen wie Kom­mu­ni­ka­tion und Infor­ma­ti­ons­wei­ter­gabe, Wert­schät­zung und Aner­ken­nung von Leis­tun­gen von Mit­ar­bei­tern, Füh­rungs­stil und damit ver­bun­dene Orga­ni­sa­ti­ons­ver­än­de­run­gen. Aktu­ell blei­ben klei­nere Maß­nah­men unbe­ar­bei­tet, da die Betei­lig­ten oft die­sel­ben sind und diese z.T. mit ande­ren Dingen überlastet.

Nach Aus­wer­tung hat es eine ganze Reihe an Sofort­maß­nah­men gege­ben bis in den orga­ni­sa­to­ri­schen Bereich rein. Auch eine Fülle von klei­nen Maß­nah­men, die aber auch umge­setzt und zu kom­mu­ni­zie­ren sind. Die sind aber momen­tan alle wieder aufs Eis gelegt, weil es immer wieder in glei­chen Per­so­nen­kreis rein­geht, die Füh­rungs­kräfte und die Lead-Inge­nieure, die der­zeit so zu sind, dass das lie­gen­ge­blie­ben ist (Inter­view 2)

 

Fazit zu Arbeits- und Gesund­heits­schutz; Betrieb­li­ches Gesundheitsmanagement

  • Mensch-Robo­ter-Inter­ak­tion: Ent­wick­lung von Sen­so­rik und Sicher­heits­tech­nik mit Robo­ter­her­stel­ler; Ein­be­zug Sach­ver­stän­di­ger BG/DGUV
  • Inves­ti­tion in Ergo­no­mie (höhen­ver­stell­bare Tische; ergo­no­mi­sche Stühle; ortho­pä­di­sche Einlagen)
  • Fle­xi­bi­li­sie­rung des Schicht­sys­tems (auf­grund klei­ne­rer Teams)
  • All­ge­mein hoher Stel­len­wert der Gesund­heit in Unter­neh­mens­leit­bild (Betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment; Betrieb­li­che Sozi­al­be­ra­tung; Medi­cal Ser­vice Center; Gesund­heits­jahr (Vor­träge, Check-Up); Rücken­schule; Sport­kurse; Betrieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment; Kur (1 Woche); För­de­rung Work-Life-Balance)

7. Per­spek­ti­ven

Nach­fol­gend sind stich­punkt­ar­tig Themen auf­ge­führt, die kurz-, mittel- und lang­fris­tig Thema im Unter­neh­men bzw. am befrag­ten Stand­ort sein werden:

  • kurz­fris­tig: Erwei­te­rung Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tät; Hoch­fah­ren der 300mm-Linie, mehr Anla­gen –> durch Erhö­hung der Effek­ti­vi­tät durch Frei­set­zung von Bear­bei­tungs­ka­pa­zi­tät im Umfang von 5% pro Geschäfts­jahr, damit vor­han­dene Beschäf­tigte andere zusätz­li­che Auf­ga­ben über­neh­men können); Zer­ti­fi­zie­run­gen auf neue Anla­gen erfor­der­lich; Ver­än­de­run­gen im AGS/in Gefähr­dun­gen werden nicht erwartet

Das wird für einen gewis­sen Zeit­raum, also, wenn ich jetzt von zwei Jahren mal spre­che, eine Mehr­be­las­tung sein für einige Leute. (Inter­view 5)

  • Ausbau des Trans­port­sys­tems (ist mit Instal­la­tion neuer Tools ver­bun­den und Erwerb von Qualifikationen)
  • Wis­sens­si­che­rung, vor allem von impli­zi­tem Wissen; Nut­zung von Wis­sens­ma­nage­ment-Tools für impli­zi­tes Wissen; Ent­wick­lung von Tools zur Wis­sens­über­gabe (z.B. Busi­ness-Baum); vor allem wich­tig, wenn es demo­gra­phisch auf einen Genera­tio­nen­wech­sel zugeht.

Das Thema Tools ist auch noch­mal ein Thema, was sicher­lich ein Zukunfts­thema ist, auch für HR, wie setzen wir unsere IT-Tools ins­ge­samt im Rahmen der Digi­ta­li­sie­rung um, das ist ein Pro­zess, der läuft jetzt auch lang­sam an, das ist jetzt aber kein Thema für die Schicht, son­dern ist eher so ein Thema, was bieten wir als HR für IT-Lösun­gen für unsere Fach­be­rei­che an, momen­tan läuft das erst­mal rela­tiv easy (Inter­view 4)

  • Qua­li­fi­ka­tion: Aktu­elle Bemü­hun­gen erfas­sen den Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­darf und stre­ben an, den Beschäf­ti­gen mehr Zeit für Qua­li­fi­ka­tio­nen einzuräumen.
  • Demo­gra­phie (ältere Beleg­schaft gesund erhal­ten; Genera­tio­nen­wech­sel schaffen)
  • frei­fah­rende Robo­ter (GPS); Ver­än­de­rung für die Beschäf­tig­ten in der Inter­ak­tion (selbst im Weg stehen, Mate­rial in den Weg stellen)

Ist eher für Mit­ar­bei­ter Her­aus­for­de­rung, da sie im freien Raum rum­fah­ren, dass man dann nicht irgendwo was abla­den und ste­hen­las­sen kann, also Bewe­gungs­flä­chen frei­hal­ten (Inter­view 2)

  • Über­le­gung, Über­wa­chungs­plätze nicht mehr zen­tral und sta­tio­när, son­dern mobil ein­zu­rich­ten (z. B. über Tablets):

Es beginnt jetzt die Dis­kus­sion: Die WAK ist ja etwas Sta­tio­nä­res und viel­fach wird gesagt, es gibt doch heute alles schon mobil. Ich kann ja mit dem Tablet her­um­lau­fen oder gebt mir bitte ein Smart­phone. Das ist heute auch alles schon mach­bar. Da ist es aber auch so: wie machen wir das jetzt? Wer küm­mert sich, wenn Feh­ler­mel­dun­gen auf­tre­ten? Drei haben ein Smart­phone, wer reagiert? Geben die Sys­teme den ande­ren Bescheid, dass sich der eine jetzt küm­mert? Oder „nehme den Auf­trag an“. Das muss geklärt werden. Und nicht ein­fach nur sagen, hier hast Du ein Smart­phone. Das kann man nicht dem Selbst­lauf über­las­sen. Aber das wird die nächste Stufe sein. Heute können sie sich vom Leit­stand aus anru­fen, weil jeder sein Handy dabei hat. Aber das kann auch über moder­nere Mittel funk­tio­nie­ren. (Inter­view 7)

  • Ein­satz von Experten/Assistenzsystemen (z. B. über Kameras)

Wir haben heute noch nicht solche Exper­ten­sys­teme, dass ich sage, ich habe dieses Pro­blem und wenn das auf­tritt, gibt er mir bestimmte Vor­schläge. Das ist der Wunsch oder das Ziel, auch noch dahin zu kommen, aber das exis­tiert in der Form nicht. (Inter­view 7)

  • Auto­ma­ted Decision Making

Es wird sich in Rich­tung der Auto­ma­ted Decision Making, dass bei bestimm­ten Feh­ler­fäl­len das System selber ent­schei­det, was es jetzt macht. Der Trend wird wei­ter­ge­hen. Dass im Hin­ter­grund Soft­ware­pa­kete ablau­fen: wenn das ein­tritt, dann mach ich das usw. und frage gar nicht, son­dern führe es selb­stän­dig aus. Dass die Leute dort ent­las­tet werden. Das solche Ent­schei­dun­gen auch voll­au­to­ma­tisch getrof­fen werden. Das wird sicher ein Weg sein. (Inter­view 7)

  • Über­le­gun­gen zu Auto­ma­ti­sie­rung im Bereich Tei­le­rei­ni­gung, aber ohne kon­krete Umset­zungs­pläne (z.T. schmut­zige, laute Arbeit, mit Che­mi­ka­lien) und mit Blick auf Ersatz­teil­be­we­gung (Anfor­de­rung und Trans­port von Ersatzteilen)

…ich nehme ein Ersatz­teil, stecke das mit irgend­wel­chen Hilfs­mit­teln, wie auch immer, in ein Säure Bad oder was auch immer, dort wird es behan­delt, gerei­nigt, dann kommt zum Neu­tra­li­sie­ren wo anders hin, dann wird getrock­net und geht wieder zurück. So dass wir natür­lich auch dar­über nach­den­ken, dort wo es mach­bar und sinn­voll ist, diese Tätig­kei­ten zu auto­ma­ti­sie­ren. Die latent ist die Gefahr da, dass man als Mit­ar­bei­ter von der Auto­ma­ti­sie­rung betrof­fen ist. Also es ist aktu­ell kein offe­nes Thema bei uns, weil wir als Ver­ant­wort­li­che auch gesagt haben, wir sehen aktu­ell keine tech­ni­sche Mach­bar­keit. (Inter­view 6)

Tei­le­rei­ni­gung, ist auch der Grund, warum wir dort an mehr Auto­ma­ti­sie­rung denken, dort müssen wirk­lich schwere Teile in ein flüs­si­ges Bad rein­ge­setzt werden, also dort ist auch die kör­per­li­che Bean­spru­chung da und auch die Laut­stärke, weil dort Teile abge­strahlt werden unter hohem Druck (Inter­view 6)

  • Fragen der Gestal­tung der ver­blie­be­nen Operator-Arbeitsplätze:

Wir sind gerade am über­le­gen, ob man das auch bei Losen macht, wo ein Robo­ter sich nicht rech­net, wir können heute auch exakt den Leuten die Aufträge/Befehle geben: Nimm das und bring es dort­hin. Wenn du dort bist, ziehst du das raus und nimmst das mit. Das gebe ich dir jetzt als Liste. Ent­we­der als große Anzeige am Bild­schirm, oder auch hier, dann arbei­test Du das ab. Und die Liste ver­schwin­det. Und ich schiebe immer wieder Neues nach. Ich treibe die Leute. Sie bekom­men heute diese Liste über meh­rere Dinge und können dann selbst ent­schei­den, ob sie nun links rum oder rechts rum laufen. Man könnte das aber auch ganz schlimm trei­ben und sagen, ich gebe dir genau die Sequenz vor. Wie das die Leute auf­fas­sen? Das ist bestimmt nicht jeder­manns Sache. Weil: der Auto­mat hört nicht auf. Immer wenn ich einen Auf­trag fertig habe, schieb er den nächs­ten rein. Der ver­sucht mich immer am Laufen zu halten. (Inter­view 7)

  • zuneh­mende Vernetzung

Das Inter­es­sante für mich ist, egal in wel­chem Indus­trie­zweig sie sind, die Kom­ple­xi­tät die zunimmt und dass sie immer mehr Kom­po­nen­ten des Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses mit­ein­an­der ver­knüp­fen (Inter­view 2)

  • Los­größe 1

Es könnte nur schlimm werden, wenn die Anzahl der Wech­sel noch weiter steigt. Wir ver­su­chen immer rüst­arm zu fahren: man steckt das rein, und nun möchte man mög­lichst viele Lose dar­über fahren, bevor ich wieder ein ande­res Reti­kel benutze. Oder die Maschine umrüste. Wenn es aber auf­grund der hohen Varia­bi­li­tät oder Vari­anz oder Vari­an­ten, dass ich sage – 10 Wafer? Zack. Nächs­tes. 3 Wafer – ach, schon wieder neues Reti­kel. (Inter­viewer: Und das Thema Los­größe 1.) Dann wird es heftig. Das wird man dann irgend­wann nicht mehr mit Men­schen schaf­fen können. Aber alle wollen ja gerne da hin. Jeder kann sich seine Sache bestel­len. (Inter­view 7)

  • frei­fah­rende Robo­ter als Trans­port­sys­tem für Hilfs­mit­tel usw.; Ver­än­de­run­gen von Gefähr­dun­gen und AGS werden hier nicht erwartet

Aber geschätzt in drei Jahren ist es dann soweit, da fahren dann die Geräte auch frei im Raum herum und da wird es sicher auch eine Vari­ante geben, die die ganzen Hilfs­trans­porte durch­füh­ren. Das wird auch wieder die Leute ent­las­ten: Ersatz­teile her­an­brin­gen, Medien, Lack­fla­schen, das alles in die Maschi­nen zu geben, alles, was nicht über Rohr­lei­tun­gen zur Maschine kommt, das dann zum Bei­spiel zu trans­por­tie­ren. Das was die großen Logis­tik­un­ter­neh­men jetzt teil­weise auch schon so haben, grö­ßere FTS oder LQVs rum­fah­ren haben und sagen, bringt mir das Teil hin. Das wird sicher die nächs­ten drei Jahre kommen, aber das sind mehr so riesen Sprünge, wie wir es vorher hatten. (Inter­view 7)

Man sollte sich nicht nur, was jetzt erst­mal offen­sicht­lich wird, auf die Robo­ter, die even­tu­ell frei im Raum rum­fah­ren, kon­zen­trie­ren, son­dern die sind ja letzt­lich auch bloß Teil eines kom­ple­xen Sys­tems und müssen mit allen ande­ren Kom­po­nen­ten zusam­men­spie­len (Inter­view 2)

  • Nacht­schicht

aber ich kann mir vor­stel­len, dass wir da viel­leicht beim Thema Schicht­ar­beit schon noch­mal Poten­zial haben, also was ich sehe ist z.B. das Thema Nacht­schicht, was sehr belas­tend ist für die Mit­ar­bei­ter und da sehe ich schon Bedarf, dass wir uns mit diesem ganzen Thema Nacht­schicht noch­mal beschäf­ti­gen, zumin­dest mal in den nächs­ten ein, zwei, drei Jahren (Inter­view 4)

man ver­spicht sich eher bei­spiels­weise durch Auto­ma­ti­sie­rung, dass weni­ger in der Nacht­schicht tätig sind, also dass die Arbeit irgendwo erleich­tert wird in man­chen Berei­chen (Inter­view 3)

  • Kom­mu­ni­ka­tion zu Wissen all­ge­mein und zu AGS-Wissen gewähr­leis­ten beim Ein­satz von (hoch­spe­zia­li­sier­ten) Fremd­fir­men oder an ande­ren Standorten

Dadurch, dass viele hoch­spe­zia­li­sierte Leis­tun­gen akqui­riert werden müssen, hat man dort wech­selnde Kon­stel­la­tio­nen, das mag viel­leicht etwas sein, was zunimmt, was man so nicht auf dem Schirm hat, neben den klas­si­schen Dingen Ent­gren­zung und Infor­ma­ti­ons­flut, die jetzt über­all auf­schla­gen. Jemand, der es nicht so wissen kann, natür­lich gibt es auch Pro­zesse und Regeln, wie manche Dinge zu erfol­gen haben, aber das ist dann ja oft nicht so, Papier oder Vor­trag und die gelebte Situa­tion kann eine andere sein. Das wird, denk ich, ein Thema sein, wenn man an unter­schied­li­chen Stand­or­ten tätig ist, dass da auch Unter­schiede exis­tie­ren dass man dann immer auf­pas­sen muss, dass es nicht zu kurz kommt, dass da andere Risi­ken ent­ste­hen in der Kom­mu­ni­ka­tion, dass Mul­ti­pli­ka­to­ren da viel­leicht nicht so grei­fen auf Risi­ken hin­zu­wei­sen oder dass manch einem nicht bewusst ist, dass beson­dere Gefahr­stoffe bestehen obwohl das irgendwo natür­lich bekannt gemacht ist, obwohl da Warn­schil­der sind, ist es doch eine Sache, die auch Schu­lun­gen bedarf und Sen­si­bi­li­tät bei den Beschäf­tig­ten. (Inter­view 3)

  • gesunde Füh­rung

aber eine ganz neue Frage, die sich […] für mich stellt, wie kann man dieses Füh­rungs­ver­hal­ten in Rich­tung Gesund­heit noch opti­mie­ren, weil Füh­rungs­kräfte in so einem global agie­ren­den Unter­neh­men mit einem hohen wirt­schaft­li­chen glo­ba­len Kos­ten­druck, agie­ren natür­lich primär anders. Sie müssen wirt­schaft­lich sein und es geht ja auch drum die Arbeits­plätze zu erhal­ten und man will ja auch schauen, dass es den Stand­ort noch lange gibt und des­we­gen ist ja auch sehr viel auf Effi­zi­enz aus­ge­legt (Inter­view 4)

  • erneu­ter Ein­satz COPSOQ
  • Mitarbeiter*innen sen­si­bi­li­sie­ren in Rich­tung gesund­heit­li­cher Eigenverantwortung
  • Hand­ling von Big Data; immer mehr MA müssen mit Daten arbei­ten –> Qua­li­fi­zie­rung, Überlastung
  • Umgang mit stän­di­gen Ver­än­de­run­gen; Change-Pro­zes­sen; wie Leute dazu moti­vie­ren und dabei gesund erhal­ten, trotz stän­di­ger Anpas­sungs­leis­tun­gen (psy­chi­sche Belastungen)
  • Nut­zung neuer Medien –> Ent­gren­zung Beruf vs. Privat
  • Ange­bot qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ger BGM-Maß­nah­men; Moti­va­tion zur Teilnahme

Ist Her­aus­for­de­rung gute und qua­li­fi­zierte Ange­bote findet und nicht Dinge macht, die nicht wirk­lich evi­denz­ba­siert sind (Inter­view 3)

  • Glo­ba­li­sie­rung und Arbeits­zei­ten: TelKos mit unter­schied­li­chen Zeit­zo­nen; Hand­ling (z.B. um 7 Uhr und 23 Uhr; dazwi­schen frei?)
  • Neue Arbeits­for­men

Wei­te­res Thema, Arbeits­be­din­gun­gen der Zukunft. Ist etwas, was ich sehe, was stark auf uns zukommt. Das könnte auch Bezug zum Arbeits­schutz haben. Wie, wann, wo arbei­ten die Mit­ar­bei­ter in der Zukunft. Wo, Thema, Stich­punkt Remote. Ich kann eigent­lich dann irgend­wann mit den moder­nen Medien irgendwo arbei­ten, ich muss gar nicht mehr unbe­dingt hier rein kommen, das könnte natür­lich gerade auch für Schicht­the­men hoch inter­es­sant werden. Brauch ich denn wirk­lich dann den Arbeits­platz hier vor Ort? muss ich dann hier noch in der Schicht arbei­ten? Oder kann ich die Schich­ten mit den Robo­tern machen lassen und habe dann ein­fach nur noch kleine Ein­satz­trup­pen, die sich küm­mern, wenn was schief läuft, ansons­ten steuere ich aber die kom­plette Fer­ti­gung von außen und da ist es dann wahr­schein­lich auch sogar Wurst, wann und wo, weil irgendwo auf dieser Erde ist mal Tag, also es kann von egal wo gesteu­ert werden. (Inter­view 4)

  • Per­so­nelle Folgen wei­te­rer tech­no­lo­gi­scher Veränderungen

da kommen dann natür­lich auch Fragen auf, wie was machen wir dann mit Mit­ar­bei­tern, die das nicht mehr können, da haben wir auch noch keine Lösun­gen. Dadurch, dass wir noch einen Teil Ope­ra­ting-Tätig­kei­ten haben, haben wir da jetzt noch gerade so die Lösung, aber wenn das irgend­wann mal nicht mehr wäre, stel­len sich da schon noch­mal Fragen, wie geht man da vor (Inter­view 4)

 

Hinweise/Fragen der Autoren

  • BEM – braucht mehr Res­sour­cen, um es allen anzu­bie­ten zu können?
  • Wie lässt sich die Annah­me­quote BEM erhö­hen (in der Lite­ra­tur finden sich Annah­me­quo­ten von 25%2)?
  • Schwie­rig beim BGM: Spagat zwi­schen indi­vi­du­el­ler Bera­tung und Gruppenangeboten
  • Aktiv Vor­schläge für BGM-Themen ein­brin­gen lassen (Ernäh­rung, Stress, was noch?)
  • Wie lassen sich Schichtmitarbeiter*innen für Kurse motivieren?
  • Zustän­dig­keit für Gefährdungsbeurteilung:

SIFAs stel­len Mecha­nis­men bereit, haben Vor­lage erstellt, es gibt also ent­spre­chende Anwei­sung, wie Gefähr­dungs­be­ur­tei­lun­gen zu machen sind, sie unter­stüt­zen dabei. Die Erstel­lung der Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung jedoch liegt bei jeder Füh­rungs­kraft, müssen also selbst ent­schei­den, was in wel­cher Tiefe durch­ge­führt wird. Es gibt immer wieder Dis­kus­sio­nen dar­über, dass SIFAs (Sicher­heits­fach­kräfte) dafür ver­ant­wort­lich wären (Inter­view 2)

  • per­sön­li­che Kom­mu­ni­ka­tion erhöhen:

Zeit­räume für eine Kom­mu­ni­ka­tion haben deut­lich abge­nom­men, das ist auch bei den COPSOQ-Aus­wer­tun­gen mit hoch­ge­kom­men. Wir sehen rela­tiv wenig Chan­cen, dort irgend­was zu ver­än­dern (Inter­view 2)

  • Anschie­ben der Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung-asso­zi­ier­ten Maß­nah­men, die jetzt wegen Über­las­tung wieder auf Eis liegen

Anmer­kung: Für viele andere Berufs­grup­pen hat es Ver­än­de­run­gen gege­ben, die hier nicht fokus­siert wurden: Programmierer*innen, Systemexpert*innen, aber auch Füh­rungs­kräfte, AGS-Expert*innen (neue GB etc.).

3.1 Auto­ma­ti­sie­rung

Der über­wie­gende Teil der Pro­duk­tion im Unter­neh­men ist durch Pro­to­ty­pen- und Ein­zel­fer­ti­gung gekenn­zeich­net. Ver­ein­zelt werden Pro­dukte zwar in grö­ße­rer Anzahl her­ge­stellt, den­noch sind diese durch eine Vari­anz in bestimm­ten Details gekenn­zeich­net, die mit einer großen Viel­falt an Fer­ti­gungs­schrit­ten und gerin­gem seri­el­len Durch­lauf ein­her­geht. Nur ein klei­ner Teil der Robo­ter­be­stand­teile wird vor Ort selbst gefer­tigt (z. B. in der CNC-Frä­se­rei), wäh­rend der Groß­teil der Kom­po­nen­ten zuge­kauft wird. Teile, die auf­grund hoher Stück­zah­len in Serie gefer­tigt werden können, werden als Auf­träge nach außen ver­ge­ben. Durch diese Gege­ben­hei­ten ist der Ein­satz auto­ma­ti­sier­ter Tech­ni­ken und Ver­fah­ren im eige­nen Pro­duk­ti­ons­pro­zess nicht sinnvoll.

3.2 Digi­ta­li­sie­rung, Daten­er­fas­sung und Vernetzung

Die ein­zel­nen Berei­che des Unter­neh­mens unter­schei­den sich stark im Umfang der Digi­ta­li­sie­rung von Pro­zes­sen. Es wird dabei ver­schie­dene Soft­ware genutzt: Excel für Lie­fer­ter­min­über­wa­chung und zur Pro­dukt­frei­gabe, seit 2009 das Pro­gramm SAP als Waren­wirt­schafts­sys­tem zur Pro­duk­ti­ons­pla­nung/-steue­rung, Ein­kauf und Lager­ver­wal­tung sowie CAD in der Kon­struk­tion zur Erstel­lung von 3D-Model­len. Digi­tale Daten werden für die Erstel­lung von Fol­ge­an­ge­bo­ten sowie für die Pla­nung der War­tungs­not­wen­dig­keit genutzt. Bestel­lun­gen erfol­gen aus­schließ­lich über SAP. Per­spek­ti­visch soll diese Soft­ware mit den Online-Shops von Anbie­tern und Zulie­fe­rern ver­bun­den werden. Ver­sor­gungs­kreise werden über SAP gesteu­ert (z. B. Nach­schub von Ver­brauchs­ma­te­rial), dies erfolgt aber hän­disch und nicht auto­ma­tisch. Dar­über hinaus werden aus der Abtei­lung Kon­struk­tion Daten aus den CAD-Model­len extra­hiert, mit vor­han­de­nen SAP-Daten sys­tem­sei­tig und auto­ma­tisch abge­gli­chen und ggf. neue Daten in das SAP ein­ge­speist, das dann die Anga­ben zu Stück­zah­len ein­zel­ner Bau­grup­pen für den gesam­ten Pro­duk­ti­ons­auf­trag lie­fert. Die Bestel­lung erfolgt dann eben­falls händisch.

Neben den Mitarbeiter*innen der Kon­struk­ti­ons­ab­tei­lung arbei­ten auch die Beschäf­tig­ten der Berei­che Soft­ware-Ent­wick­lung und Inbe­trieb­nahme vor­wie­gend digi­tal, da hier die Pro­gram­mie­rung der Pro­dukte die zen­trale Auf­gabe dar­stellt. In der Elek­tro-Mon­tage werden Schalt­pläne und Modelle, die in der Kon­struk­tion in CAD erstellt wurden, vor­ran­gig noch analog genutzt. Arbeits­schritte und Ände­run­gen in Schalt­plä­nen werden hän­disch auf Papier doku­men­tiert. Ände­rungs­hin­weise der Monteur*innen, beson­ders bei der Pro­to­ty­pen­fer­ti­gung, gehen in ana­lo­ger Form an die Kon­struk­ti­ons­ab­tei­lung zurück und werden dort berück­sich­tigt. Diese Infor­ma­tio­nen werden erst final in eine digi­tale Ver­sion über­nom­men. Schalt­pläne liegen neben der Papier­ver­sion jedoch auch digi­tal vor und können in pdf-Viewer ein­ge­se­hen werden. Dort kann auch der Abruf wei­te­rer Infor­ma­tio­nen erfol­gen (z. B. SAP-Nummer der Bau­teile). Die Nut­zung digi­ta­ler 3-D-Modelle erfolgt ver­stärkt in der Mecha­ni­schen Montage.

Mobile End­ge­räte (vor­ran­gig Smart­pho­nes) werden in erster Linie von Beschäf­tig­ten in den Berei­chen Ser­vice, Kon­struk­tion und Ver­trieb und vor­ran­gig für die Kom­mu­ni­ka­tion genutzt, weni­ger für den Zugriff auf Fir­men­da­ten, Pro­dukte oder Inhalte. Ein­zelne Beschäf­tigte im Ver­trieb arbei­ten auch mit Tablets. Wenn­gleich für alle Beschäf­tigte ein eige­ner Login geschaf­fen wurde, ist der Zugang zu digi­ta­len Infor­ma­tio­nen für Team­lei­ter und Beschäf­tigte aus dem Office-Bereich ein­fa­cher als für Beschäf­tigte aus der Pro­duk­tion, da sie eigene Rech­ner haben. In der Pro­duk­tion teilen sich meh­rere Beschäf­tigte einen Rechner.

Die Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen den Abtei­lun­gen und Beschäf­tig­ten erfolgt zuneh­mend per Email. Im Unter­neh­men 1a gibt es für Bekannt­ma­chun­gen aber auch ein „Schwar­zes Brett“, das an einem für alle zugäng­li­chen Ort auf­ge­hängt ist. Eben­falls analog erfolgt die Erfas­sung von Daten wie Arbeits­zeit, Urlaubs­an­träge, Anmel­dun­gen für Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen oder Ähn­li­ches: es werden Papier­lis­ten genutzt.

In digi­ta­ler Form liegen Pro­zess­da­ten der Robo­ter beim Kunden vor. Bei einem Teil der Kunden gibt es auch eine direkte Ver­net­zung zwi­schen Zulie­fe­rer und den Anla­gen beim Kunden. Auf Anla­gen­da­ten kann bei diesen Kunden direkt zuge­grif­fen werden, um z. B. Feh­ler­ana­ly­sen vor­zu­neh­men. Über die Aus­wer­tung von Feh­ler­da­ten hinaus erfolgt jedoch keine Nut­zung wei­te­rer Prozessdaten.

Im fusio­nier­ten Unter­neh­men 1 ist geplant, weit­ge­hend die Pro­zesse des Unter­neh­mens 1b zu nutzen, die bereits in stär­ke­rem Ausmaß digi­ta­li­siert sind. Dies betrifft einer­seits die Kom­mu­ni­ka­tion, die neben Emails über eine Share­point-Platt­form und wöchent­li­che News­let­ter erfolgt. Über den Share­point wird auch die Erfas­sung von Daten wie Urlaubs­an­trä­gen und die elek­tro­ni­sche Zeit­er­fas­sung rea­li­siert. Aus dem Unter­neh­men 1a hin­ge­gen, wird hin­ge­gen das Waren­wirt­schafts­sys­tem SAP für das Gesamt­un­ter­neh­men über­nom­men, so dass dies wie­derum eine Neue­rung für die Kolleg*innen des Unter­neh­mens 1b sein wird, die Schu­lun­gen erfor­dert. Auch wird nach der Fusion eine stär­kere Ver­net­zung von Daten durch eine höhere Kom­pa­ti­bi­li­tät der Soft­ware erfol­gen (z. B. Ver­knüp­fung von Out­look, CAD sowie Zeit­er­fas­sung mit SAP). Rele­vante, analog anfal­lende Doku­mente sollen (z. B. als Scan) in SAP ein­ge­pflegt werden. Eben­falls neu wird die inte­grierte Buch­hal­tung sein (der­zeit noch extern ver­ge­ben): hier soll SAP stär­ker inte­griert werden. In etwas fer­ne­rer Zukunft besteht der Wunsch, die Doku­men­ta­tion der Arbeits­schritte in der Elek­tro­mon­tage eben­falls zu digi­ta­li­sie­ren und die Beschäf­tig­ten dafür mit Tablets auszustatten.

Die größte tech­ni­sche Neue­rung nach der Fusion und dem Umzug an einen neuen Stand­ort ist die Instal­la­tion eines auto­ma­ti­sier­ten Lager­lift­sys­tems. Es wird mit SAP ver­knüpft, so dass Bestandsdaten auto­ma­tisch in SAP hin­ter­legt werden. Für jeden Pro­duk­ti­ons­auf­trag gibt es eine Liste mit Bau­grup­pen und dazu­ge­hö­ri­gen Mate­ria­lien. Diese werden ent­we­der unmit­tel­bar bei Bedarf bei Zulie­fe­rern bestellt oder dem eige­nen Lager­be­stand ent­nom­men. Das Lager­lift­sys­tem besteht aus einer Viel­zahl von Tableaus, die über ein elek­tro­ni­sches Rota­ti­ons­sys­tem beför­dert werden und die eine Aus­las­tung des Raums bis unter die Decke ermög­li­chen. Auf jedem Tableau befin­den sich num­me­rierte Fächer, die mit Mate­ria­lien bestückt sind. In SAP ist zu jedem Teil die ent­spre­chende Lager-Fach­num­mer hin­ter­legt. Die in SAP zu jedem Pro­duk­ti­ons­auf­trag hin­ter­leg­ten Bau­grup­pen und Mate­ria­lien können somit im Lager­lift­sys­tem gezielt ange­steu­ert werden. Die Ansteue­rung erfolgt über ein Reg­al­be­dien­ge­rät. Das ange­steu­erte Tableau wird zu einer etwa hüft­ho­hen Aus­ga­be­öff­nung beför­dert, so dass die Ent­nahme aller Teile immer von der­sel­ben Posi­tion aus erfolgt. Die Ent­nahme der Bau­teile wird dann vom Lagermitarbeiter*in über das System bestä­tigt, was wie­derum in SAP gespei­chert wird. Somit ermög­licht das Auto­ma­tik­la­ger gleich­zei­tig eine Bestands­kon­trolle und Kommissionierung.

3.3 Gründe für den tech­no­lo­gi­schen Wandel und Betei­li­gung der Beschäftigten

Die Ein­füh­rung neuer Soft­ware und die Instal­la­tion eines elek­tro­ni­schen Lager­lift­sys­tems sowie die Eta­blie­rung digi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Zeit­er­fas­sungs­struk­tu­ren ist über­wie­gend durch die Fusion und den damit ver­bun­de­nen Stand­ort­wech­sel sowie den Anstieg der Beschäf­tig­ten­zah­len und Pro­duk­ti­ons­um­fänge begrün­det. Als wei­te­rer und zen­tra­ler Trei­ber tech­no­lo­gi­scher Ent­wick­lun­gen werden vor allem die Kunden gese­hen, z.B. deren Ansprü­che an die Doku­men­ta­tion der Fer­ti­gung, wie die elek­tro­ni­sche Abruf­bar­keit des Fertigungsfortschritts.

Ent­schei­dun­gen über tech­ni­sche Neue­run­gen werden durch die Geschäfts­füh­rung getrof­fen. Für die Umset­zung, z.B. die Koor­di­na­tion von Mitarbeiter*innenschulungen, werden Pro­jekt­grup­pen gebildet.

4.1.1 Arbeits­in­halt, Arbeitsaufgabe

Voll­stän­dig­keit der Auf­gabe, Ent­schei­dungs­spiel­raum, Qualifikationsanforderungen

Die Befrag­ten berich­ten, dass die Arbeit durch kom­plexe Anfor­de­run­gen gekenn­zeich­net ist und als abwechs­lungs­reich erlebt wird. Die Auf­ga­ben erfor­dern eigen­stän­di­ges, krea­ti­ves Denken und die Fähig­keit zur Pro­blem­lö­sung. Dies gilt vor allem für die Prototypenentwicklung.

Auf­grund der Unter­neh­mens­größe und fla­chen Hier­ar­chien ist eine hohe Mit­be­stim­mung der Beschäf­tig­ten gege­ben. Trotz bestehen­der Zustän­dig­kei­ten sind die Zugänge nicht strikt gere­gelt, so dass bei­spiels­weise alle Beschäf­tig­ten Zugang zum Lager haben.

Durch die Fusion, die anstei­gende Beschäf­tig­ten­zahl und die stär­kere Digi­ta­li­sie­rung werden durch tech­ni­sche Rege­lun­gen (z. B. über indi­vi­du­elle Logins) die Zugänge und Zustän­dig­kei­ten ein­ge­schränkt, woraus sich eine stär­kere Funk­ti­ons­tei­lung ergibt.

Lern- und Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten sind gege­ben und häufig sogar not­wen­dig. Die Qua­li­fi­ka­ti­ons­er­for­der­nisse werden als hoch beschrie­ben, weil spe­zi­fi­sche Kennt­nisse erfor­der­lich sind.

Die Elek­tro­nik wird zuneh­mend soft­ware­las­tig (Inter­view 4),

was bedeu­tet, dass bereits in der elek­tro­ni­schen Mon­tage Pro­gram­mier­kennt­nisse bzw. ein Ver­ständ­nis der steu­ern­den Soft­ware vor­han­den sein muss. Damit wird die Arbeit in diesem Bereich zuneh­mend anspruchs­voll, Auf­ga­ben gehen über die des tra­di­tio­nel­len Mecha­tro­ni­kers oder Elek­tri­kers hinaus. Ins­ge­samt gibt es eine Ver­schie­bung des Auf­ga­ben­spek­trums von mecha­ni­schen zu elek­tro­ni­schen Auf­ga­ben, d.h. es wird zuneh­mend mit elek­tro­ni­schen Kom­po­nen­ten gear­bei­tet und auch die Zukauf­teile werden immer kom­ple­xer, so dass die Beschäf­tig­ten aller Fer­ti­gungs­be­rei­che spe­zi­elle Kennt­nisse erwer­ben müssen. Beson­ders die Mitarbeiter*innen im Ser­vice müssen hoch qua­li­fi­ziert sein. Hier besteht die Her­aus­for­de­rung auch darin, dem brei­ten Pro­dukt­spek­trum gerecht zu werden:

Man kann nicht jede Maschine bis ins Detail kennen. Aber wenn man so eine Maschine vor sich hat, muss man halt zuse­hen, dass man dann den Fehler findet. Was kann man aus­schlie­ßen, welche sind die vor- oder nach­ge­la­ger­ten Pro­zesse, wo hakt es denn jetzt wirk­lich? Das Grund­ver­ständ­nis muss da sein. (Inter­view 6)

Ent­wick­lungs­er­for­der­nisse erga­ben sich bei­spiels­weise aus der seit 2015 auf­ge­nom­me­nen Pro­duk­tion von frei­fah­ren­den Robo­tern, die (z.B. durch den Einbau von Laser­scan­nern) im Ver­gleich zur Pro­duk­tion schie­nen­ge­bun­de­ner Robo­ter mit Neue­run­gen in Bezug auf die Soft­ware, Mon­tage, Inbe­trieb­nahme und den Ser­vice ver­bun­den war und damit ver­än­derte Anfor­de­run­gen an die Beschäf­tig­ten dieser Berei­che stellt.

Auch die Ein­füh­rung der Soft­ware SAP im Jahr 2009 erfor­derte einen hohen Schu­lungs­auf­wand für die Beschäf­tig­ten. Zu Beginn stieß die Neue­rung auf Ableh­nung und der Nutzen dieser musste deut­lich gemacht werden. Inzwi­schen sind die Vor­be­halte ver­schwun­den, die Vor­teile des Sys­tems wurden erkannt, wie z.B. die Reduk­tion der Feh­ler­häu­fig­keit. Gleich­zei­tig wird aber auch berich­tet, dass die Beschäf­tig­ten eine zuneh­mende Abhän­gig­keit von der Tech­nik erleben.

Die Schu­lung auf SAP wird für die Beschäf­tig­ten von Unter­neh­men 1b im Zuge der Fusion eben­falls rele­vant. Dazu kommt, dass die Buch­hal­tung im fusio­nier­ten Unter­neh­men inter­ner Bestand­teil des Unter­neh­mens wird, was nur bei einem der Ursprungs­un­ter­neh­men (1b) der Fall war. Dies bedeu­tet einen Schu­lungs­auf­wand für Beschäf­tigte, die neu in die Buch­hal­tung ein­ge­ar­bei­tet werden. Die SAP-Schu­lun­gen, die damit für Mitarbeiter*innen aus beiden Unter­neh­men rele­vant werden, werden sowohl intern als auch extern erfolgen.

Die Arbeit mit Share­point wird für die Beschäf­tig­ten des Unter­neh­mens 1a neu sein, so dass hier interne Schu­lun­gen erfol­gen werden, vor allem durch Kolleg*innen aus Unter­neh­men 1b, die mit dem System bereits ver­traut sind.

Die Ein­füh­rung des auto­ma­ti­sier­ten Lager­lift­sys­tems wird für die Beschäf­tig­ten im Lager­be­reich den Umgang mit dem digi­tal gesteu­er­ten Bedien­ter­mi­nal erfor­der­lich machen, über den die Teile ein- und aus­ge­la­gert werden.

Die genann­ten Qua­li­fi­zie­rungs­be­darfe ent­ste­hen aus betrieb­li­chen Gege­ben­hei­ten und Ver­än­de­run­gen. Die Teil­nah­me­zeit gilt als Arbeits­zeit und die Kosten werden vom Unter­neh­men getra­gen. Dazu gehö­ren bei­spiels­weise pro­dukt­be­zo­gene Schu­lun­gen bei den Zulie­fer­fir­men zu Bau­tei­len, die im Unter­neh­men ver­baut werden (z.B. Robo­ter­arme). Erwei­terte Qua­li­fi­ka­tio­nen sind bei­spiels­weise im Bereich der Elek­tro­tech­nik erfor­der­lich, so dass hier Schu­lun­gen ange­bo­ten werden. Mit­un­ter kommt es vor, dass Beschäf­tigte von der Elek­tro­mon­tage in den Bereich Inbetriebnahme/Service wech­seln, in dem die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen noch höher sind, so dass eine Wei­ter­qua­li­fi­zie­rung erfor­der­lich ist. Dar­über hinaus bilden sich Beschäf­tigte frei­wil­lig neben ihrer regu­lä­ren Arbeits­zeit weiter, zum Bei­spiel im Abend­stu­dium (zum Techniker*in) oder in IHK-Kursen (zum Betriebswirt*in, Fachwirt*in). Das Unter­neh­men unter­stützt diese neben­be­ruf­li­chen Wei­ter­qua­li­fi­ka­tio­nen zum Teil finan­zi­ell (z.B. bei sehr guten Prü­fungs­leis­tun­gen) sowie durch die Ermög­li­chung der Kurs­teil­nahme, indem den Beschäf­tig­ten die ent­spre­chende zeit­li­che Fle­xi­bi­li­tät gewähr­leis­tet wird.

Die Zunahme inter­na­tio­na­ler Kunden macht Qua­li­fi­zie­rung auch im Bereich der Fremd­spra­chen nötig. Es wird aktu­ell ein Eng­lisch­kurs angeboten.

Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten und Qua­li­fi­zie­rungs­er­for­der­nisse erge­ben sich aber nicht nur durch tech­no­lo­gi­schen Wandel, son­dern auch durch die Fusion, mit der Ver­än­de­run­gen von Struk­tu­ren, Pro­zes­sen, Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Auf­ga­ben­be­rei­chen einhergehen.

Für die Beschäf­tig­ten in Füh­rungs­ebe­nen erge­ben sich auf­grund struk­tu­rel­ler Ver­än­de­run­gen durch die Fusion eben­falls Qua­li­fi­zie­rungs­be­darfe. Die Ein­füh­rung einer zwei­ten Füh­rungs­ebene (zwi­schen Teamleiter*innen der ein­zel­nen Abtei­lun­gen und der Geschäfts­füh­rung) sowie die ver­än­derte Anzahl an Beschäf­tig­ten in den Teams machen Wei­ter­bil­dun­gen zum Thema Mitarbeiter*innenführungen erforderlich.

Grund­sätz­lich wird von den Befrag­ten erwar­tet, dass zukünf­tig die Ein­ar­bei­tung in neue Arbeits­mit­tel oder tech­ni­sche Hilfs­mit­tel erfor­der­lich sein wird.

Information(sangebot)

Geschil­dert wird, dass viele Infor­ma­tio­nen über Email wei­ter­ge­ge­ben werden. All­ge­mein wird eine Zunahme des Email-Auf­kom­mens wahr­ge­nom­men – es taucht der Begriff der Email-Flut auf. Es wird ange­strebt, kurze per­sön­li­che Tref­fen wieder stär­ker zu for­cie­ren. Im Umgang mit Email muss ein Umden­ken der Beschäf­tig­ten dahin­ge­hend erfol­gen, dass z.B. der Ver­tei­ler­kreis geziel­ter aus­ge­wählt werden muss, um unnö­tige Emails zu vermeiden.

Die Nut­zung von Soft­ware ermög­licht es, leich­ter und schnel­ler an Infor­ma­tio­nen zu kommen. So kann bei­spiels­weise in der Pro­duk­tion der Stand einer Bestel­lung von Zulie­fer­tei­len direkt ein­ge­se­hen werden, ohne dafür die Beschäf­tig­ten des Ein­kaufs in die Sta­tus­ab­frage einzubinden.

4.1.2 Arbeits­or­ga­ni­sa­tion

Arbeits­zeit, Arbeits­ort, Ver­ein­bar­keit von Beruf und Familie

Im Unter­neh­men 1a gibt es ein Ein-Schicht-System mit einer Kern­ar­beits­zeit von 8 bis 15 Uhr und Gleit­zeit sowie fle­xi­blen Pau­sen­re­ge­lun­gen. Es gab in der Ver­gan­gen­heit Phasen mit Schicht­ar­beit (vor allem wäh­rend der Pro­to­ty­pen­fer­ti­gung), aktu­ell ist das jedoch kein Thema. Mit­un­ter betrifft Schicht­ar­beit die Beschäf­tig­ten, die vor Ort beim Kunden ein­ge­setzt sind, wenn bei diesem Schicht­ar­beit besteht.

Alle Mitarbeiter*innen führen Zeit­kon­ten. Die Arbeit in Teil­zeit ist mög­lich, wird aber nur von weni­gen Beschäf­tig­ten in Anspruch genom­men. Eltern­zeit ist eben­falls mög­lich und wird von vielen Beschäf­tig­ten genutzt. Home­of­fice, mög­lich vor allem in den Berei­chen mit Bild­schirm­ar­beits­platz, wird kaum nach­ge­fragt. Es wird nicht erwar­tet, dass Emails in der Frei­zeit bear­bei­tet werden müssen. Die Befrag­ten geben an, dass die Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie gege­ben ist.

Beschäf­tigte aus Inbe­trieb­nahme und Ser­vice müssen wäh­rend der Geschäfts­zei­ten spä­tes­tens 30 Minu­ten, nach Fei­er­abend 60 Minu­ten nach Ein­gang eines Kun­den­an­ru­fes (wegen Stö­rung o. Ä.) tele­fo­nisch darauf reagie­ren. Bei Kunden im nähe­ren Umkreis müssen sie dann inner­halb von zwei Stun­den dort ein­tref­fen. Ruf­be­reit­schaft besteht von Montag bis Frei­tag von 8 bis 20 Uhr. Bereit­schafts­dienste werden zum Teil rotie­rend ver­ge­ben, um Dau­er­be­las­tun­gen der­sel­ben Mitarbeiter*innen zu ver­mei­den. Bei zwei großen Kunden in der Region bestehen 24-Stun­den-Bereit­schafts­dienste, die sich drei Kolleg*innen auf­tei­len (jeder ca. 1,5 Wochen im Monat). In der Ver­gü­tung und im Zeit­konto werden Bereit­schafts­dienste berücksichtigt.

Beschäf­tigte, die beim Kunden vor Ort ein­ge­setzt werden, müssen teil­weise auf­grund wech­seln­der Ein­satz­orte eine mobile Fle­xi­bi­li­tät auf­wei­sen. Es wird ver­sucht, Ein­sätze außer­halb des Unter­neh­mens­stand­or­tes lang­fris­tig plan­bar zu gestal­ten und Wün­sche der Beschäf­tig­ten bezüg­lich der Ein­satz­zei­ten zu berück­sich­ti­gen. Aktu­ell wird außer­dem ver­sucht, die Beschäf­tig­ten nur wochen­weise zu Kunden zu schi­cken und ihnen ein Wochen­ende am Wohn­ort zu ermöglichen.

Das wird län­ger­fris­tig auf­grund einer Expan­sion im Kun­den­be­reich über Deutsch­land hinaus nicht immer rea­li­sier­bar sein. Mobi­li­tät und Ein­satz beim Kunden außer­halb des Wohn­or­tes sind im Unter­neh­men 1b und daher nach der Fusion im Gesamt­un­ter­neh­men von beson­de­rer Bedeu­tung. Eine beson­dere Her­aus­for­de­rung besteht für das Unter­neh­men vor allem darin, die Bereit­schaft der Beschäf­tig­ten zur mobi­len Arbeit zu erhöhen.

Zeit- und Leistungsdruck

Vor allem in Zeiten mit Pro­duk­ti­ons­spit­zen und in Phasen der Pro­to­ty­pen­fer­ti­gung kommt es zu Über­stun­den. Intern gibt es die Rege­lung, 40 Über­stun­den auf dem Zeit­konto für Zeiten mit redu­zier­ter Auf­trags­lage „anzu­spa­ren“. Die meis­ten Beschäf­tig­ten haben jedoch, ver­ein­zelt sogar deut­lich, Stun­den über dem Stan­dard­kon­tin­gent ange­sam­melt. Die Abtei­lung Ser­vice und Inbe­trieb­nahme, die am Ende des Fer­ti­gungs­pro­zes­ses steht, gerät auf­grund vorher ent­stan­de­ner Ver­zö­ge­run­gen sehr häufig unter Zeit­druck. Aber auch in den Berei­chen Mon­tage und im Ent­wick­lungs­be­reich wird von Zeit- und Leis­tungs­druck berich­tet. Von den Befrag­ten wird die Bereit­schaft, Über­stun­den zu erbrin­gen „wenn es brennt“, als Teil der Unter­neh­mens­kul­tur gese­hen. Ver­ein­zelt wird Unter­stüt­zung durch Leiharbeiter*innen rea­li­siert. Aller­dings gestal­tet es sich wegen spe­zi­el­ler Anfor­de­run­gen an Kennt­nisse und Fer­tig­kei­ten häufig schwie­rig, geeig­ne­tes Per­so­nal zu finden. Zusätz­li­cher Zeit­druck sowie eine zusätz­li­che Belas­tung der Vor­ar­bei­ter ent­ste­hen dabei durch die Anlern­phase der neuen Kolleg*innen. Über­stun­den sollen nach Mög­lich­keit durch Frei­zei­ten abge­setzt werden. Ist das nicht mög­lich, können sie auch aus­ge­zahlt werden. Per­spek­ti­visch wird mit einer Zunahme der Belas­tun­gen gerechnet:

Stress ist ein großer Faktor, der – ich habe das Gefühl – eher zunimmt als abnimmt. Die Belas­tun­gen werden stei­gen (Inter­view 4)

Soziale Bezie­hun­gen

Die Arbeit in festen Teams ist im Unter­neh­men nicht in allen Berei­chen vor­han­den. Bei den Kolleg*innen in Mecha­nik- und Elek­tro-Mon­tage erfolgt inso­fern Team­ar­beit, als dass es für einige Anla­gen Spezialist*innen/Expert*innen gibt, die dann in bestimm­ten Pro­jek­ten zusam­men arbei­ten. Durch die häufig wech­seln­den Pro­dukte und auch nur sehr gerin­gen Wie­der­ho­lungs­fak­tor bei den Anla­gen­ty­pen sind keine festen Teams mög­lich. Den­noch wird die Team­bil­dung bewusst gestal­tet und mög­li­che Pro­bleme zwi­schen Kolleg*innen werden dabei berücksichtigt.

Alle Befrag­ten berich­ten, dass das Unter­neh­men durch ein posi­ti­ves Sozi­al­klima, Offen­heit und Ver­trauen gekenn­zeich­net ist. Flache Hier­ar­chien und „kurze Dienst­wege“ ermög­li­chen eine schnelle Besei­ti­gung von Pro­ble­men und direkte Kommunikation.

4.1.3 Sons­ti­ges

Phy­si­ka­li­sche und che­mi­sche Fak­to­ren, Phy­si­sche Fak­to­ren (Lärm, Rein­raum, Gelblicht)

Das Arbei­ten im Rein­raum ist am eige­nen Stand­ort vor allem für Beschäf­tigte der mecha­ni­schen Mon­tage und der Inbe­trieb­nahme rele­vant, teil­weise auch für die der elek­tri­schen Mon­tage sowie ver­ein­zelt der Soft­ware­ent­wick­lung, sofern erste Tests an Pro­duk­ten vor­ge­nom­men werden müssen. Ein zen­tra­les Merk­mal ist dabei das Tragen von Schutz­klei­dung, um die Ver­schmut­zung mit Par­ti­keln zu ver­mei­den. Vor allem Beschäf­tigte bei Kunden mit hoher Rein­raum­klasse arbei­ten wäh­rend der gesam­ten Arbeits­zeit in kom­plet­ter Rein­raum­klei­dung: Over­all, Haube, Mund­schutz, Über­stie­fel, Hand­schuhe. Am eige­nen Stand­ort kann über­wie­gend auf Mund­schutz ver­zich­tet werden. Ein wei­te­res Merk­mal des Rein­raums ist der Ein­satz von Fil­ter­an­la­gen, die eine kon­ti­nu­ier­li­che Fil­te­rung der Luft gewähr­leis­ten. Am alten Stand­ort beschrei­ben die Beschäf­tig­ten einen stän­dig spür­ba­ren Luft­zug. Nach Umzug an den neuen Stand­ort werden neue Fil­ter­an­la­gen ver­baut, durch die eine gleich­mä­ßi­gere Zir­ku­la­tion der Luft erfolgt. Eben­falls ver­bes­sern sich die Licht­ver­hält­nisse durch Ein­satz neuer Beleuch­tungs­tech­nik am neuen Stand­ort. Es wird ein großes Maß an Hel­lig­keit erreicht. Sowohl am alten als auch am neuen Stand­ort ist ein Teil des Licht­ein­falls durch Tages­licht gespeist.

Arbeitsmittel/ Arbeits­platz

In Zeiten mit guter Auf­trags­aus­las­tung kommt es in den Werk­hal­len am alten Stand­ort mit­un­ter zu Platz­pro­ble­men. Ver­ein­zelt hat es Ver­su­che der Schicht­ar­beit gege­ben, um grö­ße­res Arbeits­vo­lu­men bei wenig Platz durch sequen­ti­el­les Arbei­ten zu bewäl­ti­gen. Aktu­ell ist dies nicht der Fall. Am neuen Stand­ort werden die Räum­lich­kei­ten höhe­rem Pro­dukt- und Per­so­nal­auf­kom­men besser gerecht.

Die Berei­che des Unter­neh­mens sind in meh­re­ren Gebäu­den auf dem Fir­men­ge­länge unter­ge­bracht. Dabei sind Lager und Pro­duk­ti­ons­be­reich von­ein­an­der getrennt. Mate­rial muss, unab­hän­gig von den Wit­te­rungs­ver­hält­nis­sen, über die Straße in den Pro­duk­ti­ons­be­reich trans­por­tiert werden.

Vor allem diese Wege sollen am neuen Stand­ort opti­miert werden: Das Lager wird sich in der­sel­ben Halle befin­den wie Pro­duk­ti­ons- und Rein­raum­be­rei­che. So können die Mate­ria­lien direkt aus dem Lager über eine Waren­schleuse in den Rein­raum ver­bracht werden. Die CNC-Fer­ti­gung wird in einer dem Rein­raum ange­schlos­se­nen zwei­ten Halle unter­ge­bracht werden. Die beiden Hallen werden durch einen innen­lie­gen­den Durch­gang mit­ein­an­der ver­bun­den sein. Aller­dings wird es auch am neuen Stand­ort eine räum­li­che Tren­nung von Office- und Fer­ti­gungs­be­reich geben, die in unter­schied­li­chen Gebäu­den unter­ge­bracht sind. 

Unsi­cher­hei­ten im Zuge der Fusion

Die bevor­ste­hende Fusion ist zum Zeit­punkt der Inter­views ein großes Thema im Unter­neh­men. Vor allem auf der unte­ren Mitarbeiter*innen-Ebene fühlen sich Beschäf­tigte nicht aus­rei­chend infor­miert bzw. ver­un­si­chert, wie neue Struk­tu­ren, Berei­che und Funk­tio­nen aus­se­hen werden. Dies liegt auch daran, dass die neuen Arbeits­ver­träge noch nicht vor­lie­gen und struk­tu­relle wie per­so­nelle Fragen unge­klärt sind. Geplant ist, alle Beschäf­tig­ten zu über­neh­men, aber Umstruk­tu­rie­run­gen erfor­der­lich sein werden. Durch Mitarbeiter*innengespräche sowie einen monat­li­chen News­let­ter mit Infor­ma­tio­nen rund um den Zusam­men­zug sollen der Grad der Infor­miert­heit und Trans­pa­renz erhöht werden.

4.2 Kör­per­li­che Be- und Entlastungen

Grö­ßere tech­no­lo­gi­sche Ver­än­de­run­gen hat es vor oder wäh­rend der Befra­gun­gen im Unter­neh­men nicht gege­ben. Ent­spre­chend werden keine nen­nens­wer­ten Ver­än­de­run­gen kör­per­li­cher Gefähr­dun­gen, Be- und Ent­las­tun­gen angegeben.

Nach­fol­gend werden kör­per­li­che Belas­tun­gen und Gefähr­dun­gen sowie die ergrif­fe­nen Schutz­maß­nah­men tabel­la­risch auf­ge­führt, die sich (unab­hän­gig vom tech­no­lo­gi­schen Wandel) im Unter­neh­men finden lassen (s. Tabelle 1). Der Fokus liegt dabei auf der Pro­duk­tion. In Abhän­gig­keit vom Arbeits­platz können die Belas­tun­gen variieren.

Tabelle 1: Kör­per­li­che Gefähr­dun­gen, Schutz­maß­nah­men und sich daraus erge­bene Hinweise

bestehende Gefähr­dung Schutz­maß­nah­men, Hilfs­mit­tel (Aus­wahl) Emp­feh­lun­gen, Hin­weise der Autoren
Strom Lehr­gänge; Arbeits­an­wei­sun­gen zu Prüf­vor­gän­gen (in Vor­be­rei­tung); am Ende des Arbeits­ta­ges alle Heiß­ge­räte vom Netz nehmen Fer­tig­stel­lung und Nut­zung der Arbeits­an­wei­sung zu Prüfvorgängen
Arbeits­um­ge­bung: Hitze, Schutz­klei­dung (Rein­raum-Over­alls, Hand­schuhe, Haube, Schuhe, ggf. Mund­schutz), Heben, Tragen, Knien, Über­kopf­ar­beit, Arbeit in engen Räumen, mono­tone Kör­per­hal­tun­gen (vor allem Office), Feucht­ar­beit (Hand­schuhe), Höhenarbeit Berück­sich­ti­gung kör­per­li­cher Pro­bleme bei der Ein­satz­pla­nung; Knie­kis­sen (Eigen­bau); boden­nahe Roll­sitze, Hebebühnen/ Traghilfen/ Gestelle (vor allem beim Kunden durch beengte Räum­lich­kei­ten nur begrenzt nutz­bar); latex­freie Hand­schuhe; Haut­pfle­ge­mit­tel; z.T. höhen­ver­stell­bare Tische (Abtei­lung Konstruktion) Rück­sicht­nahme auf kör-per­li­che Pro­bleme bei Ein­satz­pla­nung auch nach Fusion mög­lich?; Nut­zung von Trag­hil­fen ver­bes­sern, Bewe­gung an Bild­schirm­ar­beits­plät­zen anre­gen Ver­füg­bar­keit der Hilfs­mit­tel vor Ort beim Kunden ver­bes­sern, Inves­ti­tion in pro­fes­sio­nelle Knie­kis­sen, höhen­ver­stell­bare Montagevorrichtungen
Che­mi­sche Gefahr­stoffe: Löt­dämpfe, Iso­pro­pa­nol, Öl, Schmier­stoffe, Kleber, Ethanol Absaug-/Fil­ter­an­lage, Latex­freie Hand­schuhe, Aus­hänge Gefahr­stoff­hin­weise; Schutz­klei­dung; Arbeitsanweisung/Belehrung
Wei­tere Ein­wir­kun­gen: UV-Licht, Laser, Lärm, Rein­raum-Luft (kli­ma­ti­siert, trocken) Schutz­bril­len; Leis­tungs­über­prü­fung (Laser­mess­ge­rät); Arbeitsanweisung/Belehrung
Mecha­ni­sche Gefähr­dung: Stoßen, Quet­schen, her­un­ter­stür­zende Teile, beweg­li­che Teile (Robo­ter), scharfe Werk­zeuge, Heißgeräte Not-Aus-Knöp­fe/­Tot­mann­schal­ter; Helm­pflicht; Arbeitsanweisung/Belehrung

Mit Blick auf das auto­ma­ti­sierte Lager­lift­sys­tem wird erwar­tet, dass kör­per­li­che Belas­tun­gen abneh­men. Alle Teile, die in diesem System ein­ge­la­gert sind, werden zu zen­tra­len, ergo­no­misch güns­ti­gen Aus­ga­be­fens­tern beför­dert. Damit ent­fal­len sowohl Lauf­wege als auch das Heben zum Teil schwere Kisten aus ergo­no­misch ungüns­ti­gen Regalpositionen.

Aktu­ell noch nicht rele­vant, aber per­spek­ti­visch von Bedeu­tung können die Gefähr­dun­gen im Zusam­men­hang mit Rei­se­tä­tig­keit sein, vor allem in Län­dern mit Gesund­heits­ge­fah­ren wie Hepa­ti­tis o.ä. In diesem Fall muss der betreu­ende Betriebs­arzt Imp­fun­gen und spe­zi­fi­sche Vor­sorge in seinem Ange­bot berücksichtigen.

4.3.1 Unfälle

Zu typi­schen Unfäl­len bzw. Ver­let­zun­gen im Bereich der Pro­duk­tion gehö­ren Schnitt­ver­let­zun­gen, Quet­schun­gen und Prel­lun­gen (Stoß­ver­let­zun­gen). Das Ausmaß wird als über­schau­bar ein­ge­schätzt: So gab es in den letz­ten 12 Mona­ten keinen anzei­ge­pflich­ti­gen Unfall, acht nicht anzei­ge­pflich­tige Unfälle sowie zwei nicht anzei­ge­pflich­tige Wege­un­fälle. Unter den nicht anzei­ge­pflich­ti­gen Unfäl­len wurde ein Elek­troun­fall als beson­ders schwer­wie­gend erach­tet, der sich bei einem Prüf­vor­gang im Bereich der Elek­tro­mon­tage ereig­nete. In der Folge dieses Unfalls wurde die Erstel­lung einer Arbeits­an­wei­sung für diesen Prüf­vor­gang durch den Sicherheitsingenieur*in vor­be­rei­tet, zum Zeit­punkt der Befra­gung lag sie jedoch noch nicht vor.

4.3.2 Befin­den

Das Arbei­ten in Rein­raum-Luft, die sehr tro­cken und kli­ma­ti­siert ist, kann zu Pro­ble­men mit den Augen und der Haut führen. Auch durch das Tragen von Hand­schu­hen werden Haut­pro­bleme berich­tet. Latex­freie Schutz­hand­schuhe, Baum­woll­un­ter­zie­her und die Bereit­stel­lung von Pfle­ge­pro­duk­ten soll Abhilfe schaffen.

Wie­der­holte Atem­wegs­be­schwer­den eines Beschäf­tig­ten an einem Löt­ar­beits­platz ver­schwan­den nach Einbau einer Filteranlage.

Rücken­be­schwer­den werden von den Befrag­ten eher im Bereich der Bild­schirm­ar­beits­plätze verortet.

Ein Beschäf­tig­ter ist zum Zeit­punkt der Befra­gung in der beruf­li­chen Wie­der­ein­glie­de­rung, ein wei­te­rer Beschäf­tig­ter ist lang­zeit­er­krankt. Zusam­men­hänge zu Arbeits­be­las­tun­gen bestehen dabei nicht. Auch wird ange­ge­ben, dass bisher kein Beschäf­tig­ter aus gesund­heit­li­chen Grün­den aus dem Unter­neh­men aus­ge­schie­den ist.

In Zeiten mit hohen Arbeits­be­las­tun­gen wird wahr­ge­nom­men, dass einige Beschäf­tigte gestress­ter sind. Ein Befrag­ter ver­mu­tet die zuneh­mende Bedeu­tung von stress­be­ding­ter Bean­spru­chun­gen auf­grund zuneh­men­der Belastungen.

4.4 Demo­gra­phi­sche Situation

Die Mehr­heit der Beschäf­tig­ten (45%) ist zwi­schen 30 und 39 Jahre alt. Wei­tere 40% ver­tei­len sich annä­hernd gleich auf die Grup­pen 40 bis 49 sowie 50 bis 50 Jahre. Im Unter­neh­men ist das Bewusst­sein vor­han­den, dass manche Tätig­kei­ten für ältere Beschäf­tigte pro­ble­ma­ti­scher sind als für jün­gere (z. B. kör­per­li­che Belas­tun­gen, tech­ni­sche Anfor­de­run­gen). Bei Bedarf wird ver­sucht, darauf in der Ein­satz­pla­nung Rück­sicht zu nehmen.

Es gab einen Kol­le­gen, der hat mich ange­spro­chen, für gewisse Arbei­ten sieht er sich nicht mehr in der Lage; das ver­su­che ich natür­lich zu berück­sich­ti­gen. Die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen sind dann für den Kol­le­gen schwer, sich ein­zu­ar­bei­ten. Ich sollte ihn nicht für die kom­ple­xe­ren Pro­jekte vor­se­hen. Es ging auch, das zu berück­sich­ti­gen. Wir hatten Pro­jekte mit Seri­en­fer­ti­gung, gleich­blei­ben­der Fer­ti­gung ohne tech­ni­sches Know­How, da konnte ich ihn ein­set­zen (Inter­view 4)

Mit Blick auf die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen sind jün­gere Kolleg*innen häufig schnel­ler damit ver­traut. Die Mehr­heit der älte­ren Beschäf­tig­ten ist jedoch mit den Anfor­de­run­gen durch neue Soft­ware o. Ä. „mit­ge­wach­sen“. Inwie­fern dies so bleibt, ist nicht abzusehen.

5.1 Anpas­sun­gen des AGS auf­grund ver­än­der­ter Arbeitsbedingungen

Es wird von einem Befrag­ten ange­ge­ben, dass der tech­no­lo­gi­sche Wandel es zuneh­mend erfor­der­lich macht, einen festen Ansprechpartner*in für Pro­bleme der Beschäf­tig­ten sowie für Fragen in Sachen Arbeits­schutz und Gesund­heits­för­de­rung zu benen­nen. Deut­lich wird außer­dem, dass die Größe des Unter­neh­mens es aktu­ell erleich­tert, auf gesund­heit­li­che Beson­der­hei­ten von Beschäf­tig­ten ein­zu­ge­hen und diese zu berücksichtigen.

Auf­grund des Umzugs an einen neuen Fir­men­stand­ort wird es eine Über­prü­fung und Über­ar­bei­tung des Arbeits- und Gesund­heits­schut­zes geben, d.h. es wird eine Bege­hung am neuen Stand­ort durch die Fach­kraft für Arbeits­si­cher­heit, den Betriebs­arzt und die Sicher­heits­be­auf­trag­ten erfol­gen, um mög­li­che Gefah­ren zu iden­ti­fi­zie­ren und ent­spre­chende Schutz­maß­nah­men bzw. Gefah­ren­hin­weise zu rea­li­sie­ren. Dies betrifft bei­spiels­weise auch das auto­ma­ti­sierte Lagerliftsystem.

Eine Beson­der­heit im befrag­ten Unter­neh­men liegt darin, dass der Arbeits­schutz des Kunden mit­ge­dacht wird: dieser muss bereits in der Kon­struk­tion und Her­stel­lung der Robo­ter- und Auto­ma­ti­sie­rungs­an­la­gen berück­sich­tigt werden. So werden in den Pro­duk­ten ver­schie­dene Sicher­heits­me­cha­nis­men instal­liert, wie Scan­ner, Licht­schran­ken und Sen­so­ren sowie Schutz­me­cha­nis­men in der Soft­ware. Dabei werden Wün­sche der Kunden sowie gesetz­li­che Vor­schrif­ten (z. B. der DGUV) berück­sich­tigt, die je nach Ein­satz­zweck, geplan­ten Gege­ben­hei­ten am Ein­satz­ort, Auf­trag­ge­ber und Lie­fer­ort (national/international) vari­ie­ren können.

Auch der Zukauf von Bau­tei­len wird mit dem Kunden im Rahmen der Pro­dukt­spe­zi­fi­ka­tion dahin­ge­hend abge­spro­chen, dass dieser vor­gibt, welche Zer­ti­fi­kate die Bestand­teile (z.B. Robo­ter­arm, Bat­te­rie) auf­wei­sen müssen. Die Pro­dukte des Unter­neh­mens sind zer­ti­fi­ziert, eine sicher­heits­tech­ni­sche Abnahme erfolgt dann letzt­lich vor Ort beim Kunden durch dessen Akteure des AGS.

5.2 Dar­stel­lung des AGS und der BGF (ohne Bezug zum tech­ni­schen Wandel)

Für den AGS im Unter­neh­men sorgen vier interne Sicher­heits­be­auf­trage, sechs interne Ersthelfer*innen, sieben interne Brandschutzhelfer*innen sowie eine externe Fach­kraft für Arbeits­si­cher­heit und ein exter­ner Betriebsarzt.

Es werden regel­mä­ßig Gefähr­dungs­be­ur­tei­lun­gen durch­ge­führt. Eine Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung psy­chi­scher Belas­tun­gen liegt bisher nicht vor und wird aktu­ell im Rahmen eines Pro­jekts erst­ma­lig durch­ge­führt. Dar­über hinaus werden die gesetz­li­chen Stan­dards des Arbeits­schut­zes und der Arbeits­si­cher­heit rea­li­siert (z.B. regel­mä­ßige Unter­wei­sun­gen, Tragen von Schutz­klei­dung, Umgang mit Gefahr­stof­fen). Beschäf­tigte, die beim Kunden arbei­ten, werden dort vor Ort bezüg­lich der Gefähr­dun­gen und Schutz­maß­nah­men durch den Kunden unterwiesen.

Für die Beschäf­tig­ten des Unter­neh­mens gibt es Unter­su­chun­gen der Ange­bots­vor­sorge beim Betriebs­arzt, die zu vorher bekannt gege­be­nen Ter­mi­nen im Unter­neh­men statt­fin­den. Dabei gibt es keine per­sön­li­chen Ein­la­dun­gen; die Teil­nahme an der Vor­sorge wird über halb­of­fene Listen abge­fragt. Für einige Beschäf­tigte besteht das Pflicht­an­ge­bot Höhen­taug­lich­keit (G41).

Für die Gesund­heits­för­de­rung ist kein eige­nes Budget vor­ge­se­hen. Das Unter­neh­men nutzt die Steu­er­frei­heit von 500 EUR pro Arbeit­neh­mer und Kalen­der­jahr, um zusätz­li­che Maß­nah­men zur Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stan­des und der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung umzu­set­zen (z.B. Gesund­heits­tag). Im Unter­neh­mens­leit­bild liegt der Schwer­punkt auf Qua­li­täts­ma­nage­ment. Die Gesund­heits­för­de­rung ist dort nicht ver­an­kert. Sie spielt den­noch eine wich­tige Rolle: Es werden ver­schie­dene gesund­heits­be­zo­gene Maß­nah­men im Unter­neh­men ange­bo­ten bzw. durch­ge­führt (s. Tabelle 2) und die Füh­rungs­ebene ist offen für Ver­bes­se­rungs­vor­schläge im Hin­blick auf Hilfs­mit­tel, Schutz­maß­nah­men und die gesund­heit­li­che Situa­tion allgemein.

Tabelle 2: Maß­nah­men der Gesund­heits­för­de­rung und wei­ter­füh­rende Infor­ma­tio­nen sowie Hin­weise zur Ver­bes­se­rung (aus Sicht der Autoren)

Maß­nahme wei­tere Informationen Emp­feh­lun­gen, Hin­weise der Autoren
Gesund­heits­tag alle 2 Jahre Teil der Arbeits­zeit unter­stützt durch den Betriebs­arzt und Kran­ken­kasse Themen: Rücken­schu­lung, Ernäh­rung (Blut­zu­cker- Mes­sung, BMI), Yoga, Ent­span­nung, Fahr-sicher­heit, Ver­kehrs­si­cher­heit, Erste Hilfe Betei­li­gungs­quote ca. 30-50 Teil­neh­mer (von 58) The­men­wün­sche von Beschäf­tig­ten einholen
mobile Phy­sio­the­ra­pie kommt auf Wunsch ins Unter­neh­men Selbst­zah­ler­ba­sis in der Arbeitszeit
Betei­li­gung an Sportveranstaltungen/ Orga­ni­sa­tion gemein­sa­mer Sportausflüge Fir­men­lauf, Paddeltour im Gesamt­un­ter­neh­men beibehalten
Bereit­stel­lung von Obst (Obst­korb o.ä.) im Office-Bereich des Unter­neh­mens 1b im Gesamt­un­ter­neh­men eta­blie­ren, finan­zi­elle Unter­stüt­zung der Geschäfts­füh­rung ein­ho­len, auf Berei­che außer­halb des Office-Bereichs ausweiten
aktive Pau­sen­ge­stal­tung (geplan­tes Vorhaben) Ange­bot von Sport- und Bewegungsmöglichkeiten Eta­blie­rung als Fir­men­kul­tur; Vor­ge­setzte als Vorbilder
Anbin­dung eines exter­nen Fit­ness­stu­dios (wieder verworfen) zu geringe Resonanz

Es wird außer­dem ange­strebt, den Beschäf­tig­ten mit Rei­se­tä­tig­keit die Mög­lich­keit zur sport­li­chen Betä­ti­gung zu geben. Dabei werden Wün­sche (z.B. nach Fit­ness­be­reich, Schwimm­be­cken) bei der Hotel­aus­wahl zu berück­sich­ti­gen versucht.

6.1 Per­so­nal­ent­wick­lung

Die dau­er­hafte Gewin­nung von Fach­kräf­ten ist ein wich­ti­ges Thema für das Unter­neh­men. Es ist nicht ein­fach, qua­li­fi­zier­tes Per­so­nal zu finden, was sich bei­spiel­weise auch in der Akquise von Leiharbeiter*innen für Auf­trags­spit­zen zeigt. Daher ist es von großer Bedeu­tung, Beschäf­tigte län­ger­fris­tig ans Unter­neh­men zu binden.

Das Unter­neh­men hat für den Bereich der Per­so­nal­ent­wick­lung keine eigen­stän­dige Abtei­lung. Dies wird sich im Zuge der Fusion ver­än­dern und damit ein grö­ße­rer Fokus auf die Ent­wick­lung und Bin­dung der Beschäf­tig­ten gelegt. Mitarbeiter*innengespräche gibt es bisher auf infor­mel­ler Ebene. Mit der Fusion besteht auf­grund der wach­sen­den Mitarbeiter*innenzahl und auch auf­grund der Unsi­cher­hei­ten bezüg­lich der Arbeits­ver­träge und struk­tu­rel­ler Ver­än­de­run­gen die Not­wen­dig­keit, diese Gesprä­che stär­ker for­ma­li­siert durch­zu­füh­ren, was bereits begon­nen wurde.

Das Unter­neh­men ist an der Wei­ter­qua­li­fi­zie­rung seiner Beschäf­tig­ten inter­es­siert. Es unter­stützt Beschäf­tigte im Abend­stu­dium durch die finan­zi­elle Betei­li­gung an Stu­dien- bzw. Prü­fungs­ge­büh­ren und durch die Mög­lich­keit, in Teil­zeit­be­schäf­ti­gung zu wech­seln bzw. zeit­lich fle­xi­bel agie­ren zu können. Nach Abschluss des Stu­di­ums erhal­ten die Beschäf­tig­ten die Mög­lich­keit, neue Auf­ga­ben­be­rei­che sowie neue Ver­ant­wort­lich­kei­ten zu über­neh­men, die mit einer höhe­ren Ent­loh­nung ver­bun­den sind.

Zwei­mal wöchent­lich werden wäh­rend der Arbeits­zeit Eng­lisch­kurse ange­bo­ten, um dem wach­sen­den inter­na­tio­na­len Kun­den­stamm gerecht zu werden.

Zur Ermitt­lung von Qua­li­fi­zie­rungs­be­dar­fen und zur Koor­di­na­tion ent­spre­chen­der Mitarbeiter*innenschulungen gibt es eine Pro­jekt­gruppe, die diese Auf­ga­ben übernimmt.

6.2 Wis­sens­ma­nage­ment, Wissenssicherung

Wissen wird doku­men­tiert und in Manua­len oder pro­jekt­be­zo­ge­nen Unter­la­gen fest­ge­hal­ten. Hier besteht jedoch noch Ver­bes­se­rungs­be­darf. Die Her­aus­for­de­rung besteht darin, Wissen mög­lichst breit zu streuen und Beschäf­tigte fle­xi­bel für ver­schie­dene Auf­ga­ben ein­set­zen zu können, gleich­zei­tig aber eine hohe Spe­zia­li­sie­rung dieser Beschäf­tig­ten zu gewähr­leis­ten. Hier wird ansatz­weise bereits durch interne Wei­ter­gabe von Wissen ver­sucht, dieses auf min­des­tens zwei Per­so­nen zu ver­tei­len, zum Bei­spiel bei Beschäf­tig­ten im Softwarebereich.

Auch wenn Wissen zum Teil in Manua­len doku­men­tiert wird, ist es schwie­rig, län­gere Abwe­sen­hei­ten von Kolleg*innen z.B. auf­grund von Eltern­zeit, auch ange­sichts von Fach­kräf­te­man­gel, zu kom­pen­sie­ren. Auch wird bei Abwe­sen­hei­ten von Kolleg*innen mit­un­ter man­gelnde Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen Abtei­lun­gen oder feh­lende Doku­men­ta­tion deut­lich, was bei­spiels­weise Abspra­chen mit Kunden oder andere Sach­ver­halte betrifft.

7. Per­spek­ti­ven und Gestaltungshinweise

Deut­lich wurden in den Gesprä­chen anste­hende Ver­än­de­run­gen, die kurz- bis mit­tel­fris­tig auf das Unter­neh­men zukom­men werden. Diese erge­ben sich aus tech­no­lo­gi­schen Ver­än­de­run­gen, aus der Ver­än­de­rung der Auf­trags- und Kun­den­si­tua­tion (Zunahme inter­na­tio­na­ler Kunden, Akquise von Groß­auf­trä­gen) sowie aus der Fusion. Sie wurden zum Teil, sofern es sich um aktu­ell anste­hende Ver­än­de­run­gen han­delt, bereits an ent­spre­chen­der Stelle in der Fall­stu­die auf­ge­führt und sind im Fol­gen­den über­blicks­ar­tig dargestellt.

Tech­no­lo­gi­sche Veränderungen

  • neues Lager­lift­sys­tem (Tei­le­an­for­de­rung über Bedien­ter­mi­nal, elek­tro­ni­sche Doku­men­ta­tion der Ausgabe)
  • stär­kere Ver­net­zung ver­schie­de­ner Soft­ware-Sys­teme (z. B. Lager­lift­sys­tem und Zeit­er­fas­sung mit SAP)
  • all­ge­mein: Ein­ar­bei­tung in neue Arbeits­mit­tel und elek­tro­ni­sche Hilfsmittel
  • län­ger­fris­tig: Unter­stüt­zung der Service-/Wartungskolleg*innen durch Robo­ter­sys­teme bzw. Assis­tenz­sys­teme (z.B. Tablet, mit dem alle Fehler gesam­melt und bear­bei­tet werden, so dass nicht zu jedem Gerät/System per­sön­lich vor Ort gegan­gen werden muss) –> Reduk­tion der Reisetätigkeit
  • eher Zukunfts­vi­sion: Tracking in der Pro­duk­tion; Arbeits­schritte aktu­ell noch nicht über SAP abge­bil­det; einen kon­kre­ten Ein­füh­rungs­ter­min gibt es nicht –> es ist gut vor­stell­bar, dass Kun­den­wün­sche dies beschleu­ni­gen; aktu­ell gibt es Sta­tus­mee­tings und Tele­fon­kon­fe­ren­zen, um über den Stand der Pro­duk­tion zu infor­mie­ren; hier ist denk­bar, dass Kunden eine elek­tro­ni­sche Abfrage des Pro­duk­ti­ons­sta­tus wün­schen könn­ten (wie z.B. bei Paketdienstleistern)

Zuneh­mend inter­na­tio­nale Kunden, Anstieg des Auftragsvolumens

  • mobile Fle­xi­bi­li­tät wird zuneh­mend gefor­dert sein; Ein­sätze beim Kunden werden auch zuneh­mend Wochen­en­den sowie mehr Kol­le­gen als bisher betreffen
  • Inten­si­vie­rung bzw. Aus­wei­tung von Sprachschulungen
  • Anpas­sun­gen der arbeits­me­di­zi­ni­schen Vor­sorge (Imp­fun­gen), Ver­si­che­run­gen (was ist auf Reisen ver­si­chert, was nicht)
  • Anpas­sun­gen Arbeits­zeit (Bereit­schaf­ten? Schichtarbeit?):

Durch neue Kunden aus zum Bei­spiel USA, sind evtl. Abstim­mungs­run­den um 18-19 Uhr erst. Dadurch erge­ben sich neue Her­aus­for­de­run­gen für die Kern­ar­beits­zeit. Evtl. bedarf es neuer Aus­gleich­sys­teme (Inter­view 3)

  • even­tu­ell wird Schicht­ar­beit zur Bewäl­ti­gung von Auf­trä­gen nötig

Ver­än­de­rung der Betriebsgröße/Fusion

Füh­rungs­ver­hal­ten, Per­so­nal­ma­nage­ment/-ent­wick­lung, Wis­sens­ma­nage­ment, Teilhabe

  • Umgang mit Personalzuwachs
  • Schaf­fung einer Personalabteilung
  • Ver­än­de­run­gen der Führungsebenen
  • Eta­blie­rung von Mitarbeiter*innengesprächen
  • Neu­re­ge­lun­gen von Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Funk­tio­nen; Neu­re­ge­lun­gen von Zugän­gen und Auf­ga­ben­be­rei­chen (z.B. über Logins)
  • bes­sere Abstim­mung von Poten­zia­len und Bedar­fen nötig (Per­so­nal­ein­satz, Wis­sens­ma­nage­ment, Skill­ma­trix), d.h. Ermitt­lung und Abde­ckung von Schu­lungs­be­dar­fen der Beschäf­tig­ten; Stel­len­be­schrei­bun­gen und Ver­ant­wor­tungs­be­rei­che klar for­mu­lie­ren und definieren
  • Wissen sicht­bar und teil­bar machen; Ver­ein­heit­li­chung des Wis­sens­ma­nage­ments (Wie werden Pro­zesse und Stan­dards doku­men­tiert und wei­ter­ge­ge­ben?); Siche­rung des Zugangs zu diesem Wissen (Wo wird doku­men­tiert, z.B. über Sharepoint?)

Kom­mu­ni­ka­tion

  • Rege­lun­gen der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wege (News­let­ter, Share­Point, Nut­zung von Listen o. Ä.)
  • Eta­blie­rung von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­re­geln – wie werden pro­jekt­be­zo­gene Infor­ma­tio­nen allen rele­van­ten Per­so­nen zugäng­lich gemacht
  • Umgang mit Email-Flut: Ver­ein­ba­rung von Stan­dards: Betreff­zeile, cc-Regeln, mehr per­sön­li­che Kom­mu­ni­ka­tion suchen

Ver­ein­heit­li­chung von Struk­tu­ren, Abläu­fen und Software

  • Inhouse-Buch­hal­tung und Per­so­nal­ab­tei­lung für das gesamte Unternehmen
  • Klä­rung der Zustän­dig­kei­ten für den gemein­sa­men Arbeits- und Gesund­heits­schutz (Sicherheitsingenieur*in; Betriebs­arzt; Ersthelfer*in; ASA)
  • stei­gen­der Grad der Digi­ta­li­sie­rung (Share­point, SAP, Zeit­er­fas­sung, Urlaubs­an­träge, Mitarbeiter*innen-Logins); even­tu­ell Zugänge der Mitarbeiter*innen zu Rech­nern neu regeln (Teamleiter*innen und Beschäf­tigte aus dem Office-Bereich haben eigene Rech­ner und daher einen leich­te­ren Zugang zu digi­ta­len Infor­ma­tio­nen als Beschäf­tigte aus der Produktion)
  • Fest­le­gen von ein­heit­li­chen Ordner-/Lauf­werk­struk­tu­ren
  • Beschrän­kung von Zugän­gen und Bear­bei­tungs­mög­lich­kei­ten durch Logins, Funktionstrennung
  • Maß­nah­men der Betrieb­li­chen Gesundheitsförderung
  • Kern­ar­beits­zei­ten
  • klären, ob gewünscht: Betrieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment: Stan­dar­di­sie­rung der Abläufe, For­mu­lare etc.

Aus den Ver­än­de­run­gen aller Berei­che ergibt sich zuneh­mend Schu­lungs­be­darf in ver­schie­de­nen Berei­chen, die jeweils einen Teil der Beschäf­tig­ten betref­fen (Eta­blie­rung Inhouse-Buch­hal­tung, Ein­füh­rung von SAP, Ver­än­de­rung der Füh­rungs­ebe­nen und –auf­ga­ben, Instal­la­tion eines neuen elek­tro­ni­schen Lagerliftsystems).

Hin­weise und Anre­gun­gen für AGS und BGF

Hand­lungs­be­darf ent­steht zunächst durch die anste­hen­den und benann­ten Ver­än­de­run­gen, die sich durch tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen, eine ver­än­derte Auf­trags­lage und vor allem durch Fusion und Umzug an den neuen Fir­men­stand­ort erge­ben. Dar­über hinaus wurden in den Gesprä­chen einige Ideen deut­lich, die Opti­mie­rungs­mög­lich­kei­ten mit Blick auf Belas­tun­gen und Gesund­heit der Beschäf­tig­ten betref­fen. Ergänzt werden diese Aspekte durch Anre­gun­gen der Autoren der Fallstudie.

  • Ver­bes­se­rung der Hilfs­mit­tel­aus­stat­tung, wie z. B. Knie­kis­sen (vor allem für die Beschäf­tig­ten vor Ort beim Kunden)
  • Ver­bes­se­rung von Hand­lings­vor­rich­tun­gen, um deren Nut­zung zu fördern

Wir haben Robo­ter­ge­stelle, aber die Schwie­rig­keit ist ein­fach nur, diesen Robo­ter, der teil­weise recht unhand­lich ist, da ist alles rund, keine Griffe dran, weil die ja dann stören bei der Bewe­gung. Ist dann halt ein biss­chen schwie­rig, da muss man dann wirk­lich mit Man­nes­kraft ran. (Inter­view 6)

  • mehr Schil­der mit Hin­weis „Ver­let­zungs­ge­fahr“ (am neuen Stand­ort prüfen)
  • Facharbeiter*innen statt Abteilungsleiter*innen als Sicher­heits­be­auf­tragte benennen
  • bes­sere Abde­ckung von Kolleg*innenausfall bei Eltern­zeit; bes­sere Doku­men­ta­tion von Abspra­chen etc., um Ver­tre­tun­gen die Arbeit zu erleich­tern (z.B. im Sharepoint?)
  • Umgang mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten (z.B. im Lager­lift­sys­tem) – Rege­lun­gen des Daten­schut­zes und Schaf­fung von Trans­pa­renz gegen­über den Beschäftigten
  • Mög­lich­kei­ten akti­ver Pau­sen­ge­stal­tung schaf­fen und „legi­ti­mie­ren“ (Vor­bild­funk­tion Vor­ge­setzte; motivieren)
  • Anschaf­fung von Head­sets (für die Abtei­lung Verkauf)
  • höhen­ver­stell­bare Tische im Officebereich
  • Über­stun­den: Reduktion/Abbummeln ermög­li­chen und anregen
  • stär­kere Ein­bin­dung der Beschäf­tig­ten in den Gesund­heits­schutz /die Gesund­heits­för­de­rung (Gesund­heits­zir­kel, ASA, Vorschlagswesen)
  • Eta­blie­rung einer Personalvertretung.

8. Fazit

Das Unter­neh­men kann als Her­stel­ler von Robo­ter- und Auto­ma­ti­sie­rungs­lö­sun­gen als Trei­ber des tech­no­lo­gi­schen Wan­dels gese­hen werden. In den eige­nen Struk­tu­ren und Pro­zes­sen sind die tech­no­lo­gi­schen Umbrü­che aktu­ell eher punk­tu­ell und von gerin­ge­rem Ausmaß.

Der Ein­satz von Auto­ma­ti­sie­rungs­lö­sun­gen ist auf­grund der Pro­to­ty­pen­kon­struk­tion und der damit ein­her­ge­hen­den Vari­anz in den Fer­ti­gungs­schrit­ten nicht sinn­voll. Digi­ta­li­sie­rung spielt in den ein­zel­nen Orga­ni­sa­ti­ons­ein­hei­ten eine unter­schied­li­che Rolle. Anste­hende tech­no­lo­gi­sche Ver­än­de­run­gen, vor allem im Bereich der Digi­ta­li­sie­rung, erge­ben sich einer­seits aus der Fusion und dem damit ver­bun­de­nen Umzug an einen neuen Stand­ort, dem schlag­ar­ti­gen Zuwachs an Beschäf­tig­ten und der Not­wen­dig­keit, Struk­tu­ren zweier Unter­neh­men mit unter­schied­li­chem Digi­ta­li­sie­rungs­grad anzu­glei­chen. Außer­dem wird der Umzug als Gele­gen­heit genutzt, ein neues, auto­ma­ti­sier­tes Lager­lift­sys­tem zu instal­lie­ren. Dabei bieten diese Ansätze der Digi­ta­li­sie­rung und Ver­net­zung (z.B. SAP, Share­point) die Mög­lich­keit, auf Infor­ma­tio­nen schnell und direkt zuzu­grei­fen sowie das unter­neh­mens­in­terne Wis­sens­ma­nage­ment (z.B. Doku­men­ta­tion von Wissen, Fest­schrei­bung von Pro­zes­sen) umfas­send und trans­pa­rent zu rea­li­sie­ren. Gleich­zei­tig besteht dabei die Schwie­rig­keit, die Viel­zahl ver­füg­ba­rer Daten öko­no­misch und effi­zi­ent zu ver­wal­ten und zu nutzen.

Die anste­hen­den Ver­än­de­run­gen brin­gen Qua­li­fi­zie­rungs­be­darf in ver­schie­de­nen Berei­chen mit sich. Wei­ter­hin wurde darauf ver­wie­sen, dass die Größe des Unter­neh­mens es erleich­tert, die gesund­heit­li­che Situa­tion und die indi­vi­du­el­len Vor­aus­set­zun­gen der Beschäf­tig­ten, z.B. bei der Ein­satz­pla­nung zu berück­sich­ti­gen. Es bleibt abzu­war­ten, inwie­fern dies mit einem mehr als ver­dop­pel­ten Per­so­nal­um­fang wei­ter­hin mög­lich ist.

Eine große Her­aus­for­de­rung für das Unter­neh­men stellt die Gewin­nung und lang­fris­tige Bin­dung qua­li­fi­zier­ter Fach­kräfte dar. Dabei muss es gelin­gen, die breite Streu­ung von Wissen einer­seits und die hohe Spe­zia­li­sie­rung ande­rer­seits in Ein­klang zu brin­gen. D.h. die Beschäf­tig­ten müssen mög­lichst fle­xi­bel für viele Pro­jekte ein­setz­bar sein und gleich­zei­tig auch über sehr tiefes Wissen in bestimm­ten Berei­chen verfügen.

Die zuneh­mende Kun­den­ge­win­nung im In- und Aus­land macht es dar­über hinaus erfor­der­lich, die Beschäf­tig­ten für mobile Ein­sätze über Fir­men­stand­ort hinaus und damit län­gere Abwe­sen­hei­ten vom Wohn­ort zu moti­vie­ren. Auch stel­len sich mittel- bis län­ger­fris­tig Fragen zur Neu­re­ge­lung von Arbeits­zei­ten auf­grund inter­na­tio­na­ler Kun­den­kon­takte, bei denen Zeit­ver­schie­bun­gen zu berück­sich­ti­gen sind.

Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass die „Indus­trie 4.0“ punk­tu­ell und viel­mehr in Form eines Pro­zes­ses denn eines Umbruchs Einzug in das Unter­neh­men hält. Trei­ber von tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lun­gen sind neben orga­ni­sa­ti­ons­be­zo­ge­nen Ver­än­de­run­gen vor allem Anfor­de­run­gen und Wün­sche der Kunden. Momen­tan stel­len jedoch die Fusion, die Fach­kräf­te­ge­win­nung und -siche­rung sowie der Umgang mit Folgen der Glo­ba­li­sie­rung (Mobi­li­tät, Arbeits­zeit) eine grö­ßere Her­aus­for­de­rung für das Unter­neh­men dar als der tech­no­lo­gi­sche Wandel.