Der Gesundheitsschutz hat einen sehr hohen Stellenwert, was sich in entsprechender Zertifizierung (BS OHSAS 18001) und einem integrierten Gesundheitskonzept widerspiegelt. Neben der gesetzlich vorgeschriebenen Grundversorgung gibt es ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), eine interne betriebliche Sozialberatung und einen internen Betriebsarzt. Mit Gesundheitsfragen beschäftigt sich das Gesundheitsteam, das eng abgestimmt mit dem Betriebsarzt, von der betrieblichen Sozialberatung geleitet wird. Das BGM wird regelmäßig von der Betriebsleitung ausgewertet und es steht ein eigenes Haushaltsbudget zur Verfügung.
Anpassungen des AGS aufgrund veränderter Arbeitsbedingungen
Im Thema Arbeitsschutz hat es im Nachgang der Automatisierung keine besonderen Veränderungen und Anpassungen geben müssen.
Eigentlich hat sich relativ wenig verändert, da seit Jahren relativ stabil aufgebaut sind. Wir haben kontinuierliche Prozesse, was Arbeitsschutz und technische Maßnahmen bis zur persönlichen Schutzausrüstung angeht. (Interview 2)
Veränderungen ergaben sich jedoch im Bereich ergonomischer Maßnahmen. So wurden mehr höhenverstellbare Tische und ergonomische Stühle sowie Fußbetteinlagen/orthopädisches Fußbett für die Reinraumschuhe zur Verfügung gestellt. Im Arbeits- und Gesundheitsschutz (Unterweisungen etc.) wurde das Thema „Sicherheit im Umgang mit Robotern“ aufgenommen. Aufgrund der kleineren Teams wurde ein flexibleres Schichtsystem eingeführt.
Weitere Bestandteile des AGS – unabhängig vom technologischen Wandel – sind beispielweise:
- regelmäßige Treffen verschiedener Bereiche zum AGS und Umweltschutz
Einmal in der Woche sitzen Business, Continuity, Environment and Safety, Betriebsarzt, Betriebsrat zusammen, wo allgemein Themen zum Arbeitsschutz, Umweltschutz besprochen werden und es zum allgemeinen Austausch über Anliegen der Mitarbeiter kommt. (Interview 2)
- ASA-Sitzungen
- kontinuierliche Raumluftmessungen; vor allem mit Blick auf Produktqualität; Vorteil ist, dass Grenzwerte für Produktqualität unterhalb der gesundheitskritischen Werte liegen, so dass darüber automatisch auch eine Kontrolle und Einhaltung gesundheitsbezogener Grenzwerte erfolgt
- standardisierte Einweisungen; Software erinnert an Abarbeiten von Arbeitssicherheitsmodulen
- Analyse von Arbeitsunfällen und ggf. Anpassungen von Schutzmaßnahmen
Darüber hinaus gibt es eine Betriebliche Sozialberatung mit folgenden Funktionen und Aufgaben:
- Anlaufstelle bei Fragen zum Arbeitsplatz, Fragen zur Gesundheit – beruflicher wie privater Art; sozialversicherungstechnische Fragen
- Beratung von Führungskräften, wenn es Probleme mit Mitarbeiter*innen gibt
- Teamberatungen, z. B. Umstrukturierungen
- Schulungen für Führungskräfte im Hinblick auf gesundheitsbezogene Themen (z.B. Führung, Umgang mit psychisch erkrankten Mitarbeiter*innen, Sucht)
- Schulung für Schichtarbeiter*innen (als Teil der regulären Conti-Schicht-Schulung), z.B. gesunde Ernährung, Sucht, BEM
Die Betriebsärztliche Versorgung deckt folgende Bereiche ab:
- Versorgung der anfallenden allgemeinmedizinischen Probleme
- klassische arbeitsmedizinischen, betriebsärztliche Tätigkeit (ArbMedVV), Beispiele:
- Vorsorge Bildschirmarbeit
- Vorsorgepflicht Haut (Feuchtarbeit)
- vereinzelt Vorsorgepflicht Gefahrstoffe (für einige Arbeitsplätze)
- vereinzelt Biomonitoring (bei Gefahrstoffen)
- Vorsorgeuntersuchungen (mittelschwerer Atemschutz; bei Betriebsfeuerwehr: G25 Führen von Fahrzeugen auf Betriebsgelände, G26.3 schwerer Atemschutz)
- Eignungsuntersuchungen: G41 Höhentauglichkeit
- Betriebsarztstelle fungiert darüber hinaus als Medical Service Center (Aufgaben gehen über das klassische betriebsärztliche Aufgabenspektrum hinaus)
- Akutkontakt, Vermitteln von Anlaufstellen und Akutversorgung, auch von kleineren Beschwerden
- Impfungen im Rahmen von reisemedizinischen Aspekten, aber nicht im umfassenden hausärztlichen Versorgungsspektrum
- Grippeschutzimpfungen
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Im vorletzten Jahr wurde zum Thema BEM mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung erstellt, die den Prozess standardisiert regelt. Dabei ist der gesamte Prozess festgelegt, Anschreiben, Zustimmungserklärung, Mitwirkungspflicht, Protokollierung, Aufbewahrungsfristen. Die Beteiligung des Betriebsrates und die Transparenz durch die Betriebsvereinbarung sollen die Akzeptanz des BEM in der Belegschaft fördern. Die Tendenz, BEM anzubieten, ist steigend. Etwa 40% nehmen ein angebotenes BEM in Anspruch. Es gibt positives Feedback von denen, die es annehmen.
Es muss sich noch ein bisschen rumsprechen, dass es hilfreich ist. (Interview 1)
In das BEM-Verfahren eingebunden sind Betriebsarzt, betriebliche Sozialberatung, Führungskraft, Betriebsarzt, ggf. Schwerbehindertenvertretung, Mitarbeiter*innen und Berater aus dem Bereich Human Resources (HR). Momentan ist die Ressourcensituation so, dass nicht allen langzeiterkrankten Mitarbeiter*innen ein BEM angeboten werden kann. Der Fokus liegt auf den dringendsten und schwerwiegendsten Fällen. Die HR-Berater*innen bearbeiten nach Abschluss eines Falles kontinuierlich den nächsten, so dass etwa 20 BEM-Verfahren parallel laufen.
Schichtarbeit ist im Rahmen von BEM oft ein Thema, besonders Nachtarbeit. Hier kann bei Bedarf auf das Kontingent an Wechselschicht zurückgegriffen werden und für einen bestimmten Zeitraum die Nachtschicht ausgesetzt werden, sofern es die Rahmenbedingungen der Abteilung erlauben.
Gesundheitsjahr
Über das Jahr verteilt werden turnusmäßig Angebote zu verschiedenen Themen gemacht (Nutzung als Teil der Arbeitszeit möglich):
- Referate zu gesunder Ernährung, Schlafhygiene (vor allem wichtig bei Schichtarbeit), zu psychischer Belastung, Umgang mit Stress (im Nachgang der Automatisierung besonders relevant geworden); Unterstützung z.T. durch externe Expert*innen
- Laboruntersuchungen (Fettstoffwechsel, Cholesterin, Blutzucker)
- Impfungen
- Hautkrebs-Screening, Darmkrebs-Screening, Glaukom-Vorsorge (in Zusammenarbeit mit der Krankenkasse) durch Fachärzte, die für bestimmten Zeitraum (z. B. eine Woche) an den Standort geholt werden; für ein bestimmtes Kontingent an Mitarbeiter*innen (Anmeldung erforderlich):
Es gibt definierte Kontingente aber natürlich achten wir drauf, dass nicht immer die gleichen kommen sondern dass es möglichst gestreut ist und befundbezogen. (Interview 3)
- Akzeptanz und Nutzung ist hoch, auch wegen Wartezeiten beim Hausarzt
- Mitarbeiter der Nachtschicht sind schwieriger zu erreichen, weil Angebote nicht nachts – Versuch, über versetzte Termine und Wiederholungen allen die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben
- Schwierig: Spagat zwischen individueller Beratung und Gruppenangeboten
- Anregungen zu Themen eher vom Unternehmen (z.B. Thema Führung), weniger von den Beschäftigten
Stationäres Gesundheitsangebot für Beschäftigte
- einwöchige Kur für Mitarbeiter*innen in einer Kureinrichtung, in der Themen zum gesunden Leben wie Stressbewältigung, Ernährung und Bewegung behandelt werden; ein Jahr später noch einmal vier Tage
- Mitarbeiter*innen müssen einen Teil davon als Urlaub nehmen; bei erfolgreicher Teilnahme Rückerstattung des Urlaubs (auch längerfristig gesehen; Teilnahme an Refresher; Konsultationen Betriebsarzt; Durchführung von Trainingseinheiten; Prüfung von Parametern)
- nach Rückkehr regelmäßige Konsultationen beim Betriebsarzt; Beratung in Gesundheitsfragen
- Evaluierung des Angebots mittels Laborwerten à bei den meisten zeigt es Erfolge
- richtet sich vor allem an Personen mit Begleiterkrankungen;
…ist nicht an ein gewisses Alter gekoppelt aber eher für ein älteres Durschnittalter besonders wirksam. (Interview 3)
- Betriebsarzt spricht Mitarbeiter*innen, für die er das Programm für relevant hält, in Vorsorgeuntersuchungen an und motiviert zur Teilnahme
- MA können sich auch eigeninitiativ melden
- hier auch Resonanz von MA aus der Produktion
- mit Wartezeit verbunden
Gesundheitsangebot für Führungskräfte
- stellt ein vergleichbares Konzept dar wiedas Angebot für die Beschäftigten, richtet sich aber an Führungskräfte des Unternehmens; Dauer 1 Tag plus 1 Tag Review-Workshop
Die Flexibilisierung der Schichtmodelle und die Möglichkeit von Teilzeitarbeit ist Teil des BGM. Es gibt ein Kontingent an Stellen in Wechsel-Schicht, auf das vor allem für Mitarbeiter*innen mit gesundheitlichen Problemen und älteren Beschäftigten zurückgegriffen werden kann. Mitarbeiter*innen können Bedarf anmelden (Betriebsarzt, Sozialarbeiterin)
Förderung der Work-Life-Balance
- Eltern-Kind-Büro
- Belegplätze in Kindergärten
- Service und Hilfestellungen im Bereich Pflege (eigene Pflegehomepage eines externen Anbieters)
- Telearbeit möglich
Sonstiges
- zur Prävention von Hautproblemen durch die Feuchtarbeit (Handschuhe) gibt es Hautschutzpläne, Innenfutter-Handschuhe (Unterzieher) aus Baumwolle und Unterstützung mit Pflegepräparaten
- Gesundes Versorgungsangebot in der Kantine
- Trainingsraum
- Angebot Rückenschulung, Sportkurse
- Einsatz (ergonomischer) Hilfsmittel (höhenverstellbare Tische, Stühle), Bildschirmarbeitsplatzbrillen
- Ausleihe und Testung ergonomischer Hilfsmittel durch Mitarbeiter*innen möglich; auf Wunsch Begehung des Arbeitsplatzes und Beratung durch Betriebsarzt; Zusammenarbeit mit HR-Abteilung zur Prüfung der Beantragung von Fördermitteln
- derzeit wird in die Umgestaltung der Pausenräume investiert, die atmosphärisch angenehm gestaltet werden und in denen Rechner zur Verfügung stehen, die allen Mitarbeiter*innen den Zugang zu Intranet und Internet ermöglichen.
- diverse Sozialleistungen (Altersvorsorge)
Die Kommunikation zu Angeboten und Ankündigung erfolgt über Poster, Mails, Ankündigungen/Social-Media-Auftritte im Intranet (mit eigener Seite zum Thema Gesundheit; HR-Seite mit Links zu Gesundheitsthemen; Betriebsarzt mit eigener Intranet-Seite). Es steht ein Online-Tool zur Anmeldung für Angebote bereit. Zugang zum Intranet haben die Beschäftigten in Normalschicht und Schichtleiter mit einem eigenen Rechner. Alle anderen Beschäftigten können Kiosklösungen mit Intra- und Internetzugang nutzen (Rechner in Umkleidebereichen oder bald in neuen Pausenräumen). Die angebotenen Gesundheitskonzepte werden hin und wieder auch in Betriebsversammlungen thematisiert, wie z.B. die Vorstellung von Sozialleistungen (Altersvorsorge etc.).
Akzeptanz: Kurse in den Schichten wurden gut angenommen, als es noch 12-Stunden-Schichten mit längerer Pause dazwischen gab. Generell werden Kurse von Büromitarbeitern besser als von Schichtarbeitern angenommen. Eine Erklärung könnte in den Fahrgemeinschaften und damit verbundenen zeitlichen Einschränkungen liegen. Bei Präventionsangeboten und dem stationären Gesundheitsangebot für die Beschäftigten lässt sich eher kein Unterschied feststellen.
Im Nachgang der COPSOQ-Auswertung wurden Maßnahmen abgeleitet und zum Teil umgesetzt. Dabei ging es um Themen wie Kommunikation und Informationsweitergabe, Wertschätzung und Anerkennung von Leistungen von Mitarbeitern, Führungsstil und damit verbundene Organisationsveränderungen. Aktuell bleiben kleinere Maßnahmen unbearbeitet, da die Beteiligten oft dieselben sind und diese z.T. mit anderen Dingen überlastet.
Nach Auswertung hat es eine ganze Reihe an Sofortmaßnahmen gegeben bis in den organisatorischen Bereich rein. Auch eine Fülle von kleinen Maßnahmen, die aber auch umgesetzt und zu kommunizieren sind. Die sind aber momentan alle wieder aufs Eis gelegt, weil es immer wieder in gleichen Personenkreis reingeht, die Führungskräfte und die Lead-Ingenieure, die derzeit so zu sind, dass das liegengeblieben ist (Interview 2)
Fazit zu Arbeits- und Gesundheitsschutz; Betriebliches Gesundheitsmanagement
- Mensch-Roboter-Interaktion: Entwicklung von Sensorik und Sicherheitstechnik mit Roboterhersteller; Einbezug Sachverständiger BG/DGUV
- Investition in Ergonomie (höhenverstellbare Tische; ergonomische Stühle; orthopädische Einlagen)
- Flexibilisierung des Schichtsystems (aufgrund kleinerer Teams)
- Allgemein hoher Stellenwert der Gesundheit in Unternehmensleitbild (Betriebliches Gesundheitsmanagement; Betriebliche Sozialberatung; Medical Service Center; Gesundheitsjahr (Vorträge, Check-Up); Rückenschule; Sportkurse; Betriebliches Eingliederungsmanagement; Kur (1 Woche); Förderung Work-Life-Balance)