Das Eingreifen des Menschen wird zunehmend als Störfaktor gesehen, was seinen Entscheidungsspielraum durch zunehmende Standardisierung von Abläufen einschränkt – zumindest mit Blick auf die Beschäftigten in der Produktion.
Zunehmend weniger, dass sie nach eigenem Ermessen irgendwo eingreifen. Es wird immer mehr standardisiert, wir geben die Abläufe vor. Die sollen eigentlich dort nicht mehr eingreifen, weil in 90% der Fälle der negative Einfluss größer ist als der positive. (Interview 5)
Die Reihenfolge zur Bearbeitung der Lose ist vom System vorgegeben durch die Verfügbarkeit der Anlagen und die Priorität der Lose. Es bleibt wenig Entscheidungsspielraum, in welcher Reihenfolge vorgegangen wird. Auch werden Handlungsnotwendigkeiten durch Störungsmeldungen des Systems vorgegeben.
Das war in der vorhergehenden Zeit nicht so, da hatten die Leute eine Auswahlmöglichkeit. Die haben einen Bildschirm gehabt, da waren die zu bearbeitenden Lose und Wafer drin, das war auch schon nach Priorität sortiert aber ich musste die Priorität nicht einhalten und eigne Entscheidungen treffen und ihr Erfahrungswissen hat dabei geholfen, z. B. die Anlagen besser zu belasten. (Interview 7)
…wenig Gestaltungsfreiraum, wenig Ermessensspielraum, wenig bis gar keine Kreativität. (Interview 1)
Ebenso gibt es Handlungshilfen, Notfallkonzepte und Vorgaben für Störungsfälle.
Was das Problem ist, bekommt er angezeigt, das kann er vom Leitstand einsehen, da bekommt er mit, was ist jetzt das Problem. Und die Leute sind so qualifiziert, dass sie bestimmte Fehler selber beheben können und bestimmte Fehler weiterdelegieren an Bereitschafter oder das Supportteam. (Interview 5)
Eine mögliche Folge dessen ist, dass die Beschäftigten die Verantwortung für bestimmte Vorgänge an die Maschinen abgeben, dass „Mitdenken“ anders funktioniert:
Es war erschreckend, wie schnell die Leute verlernt hatten, wenn sie uns z. B. diese Regelwerke wie ich Lose ordere damit ich die Anlage möglichst geschickt auslaste, das haben sie uns erzählt und gegeben und teilweise hat jemand das sofort so kodiert und als es dann lief haben wir es produktiv laufen lassen. Und dann fiel das aus und Mitarbeiter sollte selber weitermachen und wusste es schon nach drei Monaten nicht. Also sie haben sich sehr schnell von den Aufgaben verabschiedet, weil es ja dann das System gemacht hat. (Interview 7)
Gleichzeitig wird berichtet, dass die Verantwortung der Beschäftigten in der Linie wächst, wenn in bestimmten Situationen (z. B. bei gleichrangigen Störungen) eigene Entscheidungen getroffen werden müssen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass diese von wirtschaftlicher Relevanz sind, was mit einem Leistungsdruck einhergehen kann. Dazu kommt, dass – wie dies für alle Überwachungsarbeitsplätze charakteristisch ist – Informationen phasenweise ausbleiben und dann mitunter massiert auftreten. Weitere Entscheidungen betreffen Situationen, in denen Abweichungen in den Kontrollprozessen offensichtlich werden und über das weitere Vorgehen zu entscheiden ist (eingreifen oder nicht; in welchem Umfang und an welcher Stelle eingreifen).
Ich hab in einem Workcenter drei Anlagen, die brauchen einen Instandhalter, weil was repariert werden muss. Aber ich habe nur einen. Dann muss natürlich die Führungskraft in der Schicht priorisieren, was zuerst gemacht werden soll. Das ist ein Punkt, wo sie entscheiden müssen. (Interview 5)
…empfinden die Leute jetzt als anstrengender, dieses mehr an Verantwortung, das alles ohne Störungen abläuft. Das ist für sie neu. (Interview 7)