5.2.1.1 Qua­li­fi­ka­ti­ons­an­for­de­run­gen (Arbeits­in­halt/-auf­gabe)

In der IKT-Bran­che ist die Not­wen­dig­keit der stän­di­gen Wei­ter­bil­dung und Qua­li­fi­ka­tion ein bekann­tes Phä­no­men, das sich durch den tech­no­lo­gi­schen Wandel noch ver­stärkt hat. Arbeits­auf­ga­ben, die im Zusam­men­hang mit der Auto­ma­ti­sie­rung anfal­len, werden zuneh­mend anspruchs­vol­ler, da die Sys­teme und ent­spre­chend ihre War­tung und Feh­ler­be­he­bung anspruchs­vol­ler und kom­ple­xer werden. Auch die Bereit­stel­lung der Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung bringt für die Beschäf­tig­ten neue Auf­ga­ben mit sich.

Den Men­schen wird es brau­chen, aber mit einer ande­ren Aus­prä­gung der Auf­gabe. Bisher war es eben so, ich hatte einen Daten­bank­ad­mi­nis­tra­tor, der kannte halt seine Daten­bank in- und aus­wen­dig und war der abso­lute Fach­mann und der muss natür­lich jetzt zusätz­lich oder sollte in der Lage sein, diese Schnitt­stel­len zu auto­ma­ti­sie­ren, das ist die eine Her­aus­for­de­rung. Sozu­sa­gen ein zusätz­li­ches Skill, was erfor­der­lich ist, eine zusätz­li­che Fähig­keit.“ (Inter­view 6)

Aber auch das Tempo der Ver­än­de­run­gen stellt eine Her­aus­for­de­rung an die Qua­li­fi­ka­ti­ons­an­for­de­run­gen dar, da sich tech­no­lo­gi­sche Neue­run­gen schnell im Wis­sens­stand der Beschäf­tig­ten abbil­den müssen. Dazu kommt, dass bestimmte spe­zi­fi­sche Kennt­nisse obso­let werden können und sich die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten Wissen auf neuen Gebie­ten aneig­nen müssen. Das betrifft zum Bei­spiel Berufs­grup­pen wie Softwareentwickler*innen und Systemingenieur*innen.

Also das gibt es auch, dass einige Kol­le­gen, gerade die, die sagen, das habe ich auch in Wie­der­ein­glie­de­run­gen, die sagen „ich schaff das nicht mehr, immer auf dem aktu­ells­ten, auf dem neus­ten Stand zu blei­ben. Das geht so rasant schnell“. Gerade viel­leicht auch Kol­le­gen, die früher ganz spe­zi­el­les Know-How, oder auf eine Tech­no­lo­gie, die mitt­ler­weile ver­al­tet ist, dann umzu­schwen­ken und noch­mal mit den eige­nen Anfor­de­run­gen, die man hat, da selber auch wieder so tief rein­zu­stei­gen.“ (Inter­view 1)

Das heißt, die Geschwin­dig­keit, die unsere Kunden haben, die über­trägt sich auf uns. Genauso müssen wir, eigent­lich viel schnel­ler reagie­ren und dieses Wissen auch bei unse­ren Leuten rein­krie­gen. Das ist eigent­lich die große Her­aus­for­de­rung […]  und natür­lich typi­scher­weise auch ein Pro­blem für die Mit­ar­bei­ter, diese Wis­sens­zy­klen, die werden immer schnel­ler“ (Inter­view 3)

Zwar sind bei den Software-Entwickler*innen durch die zuneh­mende Bedeu­tung von Soft­ware-Kon­fi­gu­ra­tion bei gleich­zei­ti­gem Rück­gang der Soft­ware-Ent­wick­lung tech­ni­sche Qua­li­fi­ka­tio­nen wei­ter­hin erfor­der­lich. Den­noch kommt es bei ihnen zu einer deut­li­chen Ver­än­de­rung des Auf­ga­ben­pro­fils, die zu Unter­for­de­rung führen kann. Auch fällt ein Allein­stel­lungs­merk­mal weg, was Aus­wir­kun­gen auf den berufs­be­zo­gene Selbst­wert sowie Fragen nach der beruf­li­chen Ori­en­tie­rung haben kann.

Und dann gibt es manche Leute, die sagen, ja, das ist super, dass ich jetzt nicht mehr eine Woche auf irgend­was warten muss und für die Leute, die in der Ver­gan­gen­heit das mit sehr viel Kom­pe­tenz zusam­men­ge­baut haben, für die fällt dann irgend­wie so ein Allein­stel­lungs­merk­mal weg. Weil die haben das natür­lich toll gemacht, aber (schnipst), das macht jetzt Amazon ganz alleine. Das… also da kann ich Ihnen gar nicht so rich­tig sagen, wie da… man redet dar­über nicht so sehr“ (Inter­view 4)

Dass Hard­ware zuneh­mend auch im Soft­ware-Bereich von Bedeu­tung ist, führt dazu, dass auch Software-Spezialist*innen über einen gewis­sen Grad an Wissen zu Hard­ware benö­ti­gen (z.B. dar­über, welche Sen­so­ren gerade auf dem Markt sind).

Die Beschäf­tig­ten müssen sich neue Skills aneig­nen, die die zuneh­mende vir­tu­elle Kom­mu­ni­ka­tion betref­fen, die andere Anfor­de­run­gen stellt als per­sön­li­che Kom­mu­ni­ka­tion (z.B. Aus­kom­men ohne non­ver­bale Signale, mehr Dis­zi­plin und klare Arti­ku­la­tion bei Tele­fon­kon­fe­ren­zen mit meh­re­ren Teil­neh­mern in einem Raum).

Die Auto­ma­ti­sie­rung von Pro­zes­sen führt auch dazu, dass die Beschäf­tig­ten, vor allem im Bereich mit Kund*innen, sich stär­ker auf die Pro­zesse beim Kund*in kon­zen­trie­ren können und damit noch mehr soziale Kom­pe­ten­zen erfor­der­lich sind. In den Inter­views wird deut­lich, dass Softs­kills im All­ge­mei­nen immer wich­ti­ger werden (Kom­mu­ni­ka­tion, Argumentation).

Man beob­ach­tet es über­all ein Stück­chen, ein Abs­trak­ti­ons­le­vel höher – vor­ge­fer­tigte Dinge, vor­ge­fer­tigte Lei­ter­pla­ti­nen, vor­ge­fer­tigte Chips, vor­ge­fer­tigte Soft­ware und so weiter, das ist bei uns auch so. Und damit kommt natür­lich der, der am Kunden arbei­tet, immer näher an den Kunden ran und kann sich immer mehr mit Kun­den­the­men beschäf­ti­gen und weni­ger mit infra­struk­tu­rel­len Dingen.“(Interview 2)

Durch die Not­wen­dig­keit, stär­ker bereichs­über­grei­fend zu arbei­ten müssen die Beschäf­tig­ten zuneh­mend ein Ver­ständ­nis für die Auf­ga­ben und Anfor­de­run­gen sowie Abläufe in Berei­chen ent­wi­ckeln, in die sie bis dahin noch nicht invol­viert waren und die damit neue, z.T. fach­fremde Kennt­nisse erfordern.

Um zu unter­stüt­zen, dass die Beschäf­tig­ten sich für ihre neuen Auf­ga­ben qua­li­fi­zie­ren, werden sie früh­zei­tig in Ver­än­de­rungs­pro­jekte invol­viert und können mit­ge­stal­ten. Das bedeu­tet aber (pha­sen­weise) eine Zunahme der Auf­ga­ben, wenn neben dem Tages­ge­schäft Ver­än­de­rungs­pro­jekte initi­iert und durch­ge­führt werden, für die keine zusätz­li­chen Beschäf­tig­ten ein­ge­stellt werden (z.B. Suche nach Anbie­ter Telefonanlage).

Auch findet eine Job Rota­tion statt, d.h. die Beschäf­tig­ten wech­seln für einen bestimm­ten Zeit­raum den Arbeits­be­reich im Unter­neh­men und lernen so andere Tätig­kei­ten kennen und eignen sich Fer­tig­kei­ten an.

Dar­über hinaus können sie sich Wissen auf Fort­bil­dun­gen in Form von Tagun­gen und Kon­fe­ren­zen aneig­nen. Die Aus­wahl geeig­ne­ter For­mate und Inhalte können die Beschäf­tig­ten selbst tref­fen. Dies erfor­dert jedoch auch Eigen­in­itia­tive der Beschäftigten.

Sich auf die Ver­än­de­run­gen ein­stel­len zu können, stellt eine wei­tere Belas­tung für die Beschäf­tig­ten dar. Nicht alle Beschäf­tig­ten sind dazu bereit oder in der Lage. Es finden sich ältere Mitarbeiter*innen, die sich mit Blick auf Alters­teil­zeit­re­ge­lun­gen dem Thema ent­zie­hen können. Für andere, jün­gere Mitarbeiter*innen, wird hier per­spek­ti­visch noch eine Her­aus­for­de­rung für das Unter­neh­men bestehen, wenn sie län­ger­fris­tig nicht mit den Ver­än­de­run­gen zurechtkommen.

Ins­ge­samt lässt sich sagen, dass die mit der Arbeit ver­bun­de­nen Anfor­de­run­gen hoch sind.

Und da haben wir ein ganz inter­es­san­tes Phä­no­men, was genau eigent­lich in diese Rich­tung deutet, näm­lich einer­seits sagen die Mit­ar­bei­ter, dass die Belas­tung immer weiter ansteigt, also dass so Fragen wie „Sind die Anfor­de­run­gen, die du bekommst, anspruchs­voll?“ das steigt immer weiter an. Auf der ande­ren Seite sagen die Mit­ar­bei­ter aber auch in diesen Befra­gun­gen „ich habe alle nöti­gen Infor­ma­tio­nen, die ich brau­che, um meine Auf­ga­ben zu erfül­len.“ (Inter­view 3)