1. Ziel­stel­lung und Grundannahmen

Ziel:

  • Beschrei­bung neuer Tech­no­lo­gien und damit ein­her­ge­hen­den Ver­än­de­run­gen der Arbeit und Arbeitsgestaltung
  • Unter­su­chung der sich daraus erge­ben­den Ver­än­de­run­gen in den Belas­tun­gen, in der Gesund­heit und den Beschwer­den der Beschäf­tig­ten sowie Anpas­sun­gen im Arbeits- und Gesundheitsschutz

Grund­an­nah­men:

Durch die Aus­la­ge­rung ein­fa­cher Soft­ware­leis­tun­gen in Bil­lig­lohn­län­der sowie die Eta­blie­rung von Cloud-Diens­ten steigt der Inno­va­tions- und Preis­druck kon­ti­nu­ier­lich und müssen Soft­ware-Dienst­leis­tun­gen in immer kür­ze­ren Zeit­räu­men rea­li­siert werden.

2. Zugang und Material

Der Zugang zu den Inter­view­part­nern erfolgte über ein Unter­neh­mens­netz­werk bzw. inner­halb des Unter­neh­mens über das Per­so­nal des Betrieb­li­chen Gesund­heits­ma­nage­ments. Es wurden sechs Inter­views mit Per­so­nen aus den Berei­chen Per­so­nal, Busi­ness Tech­no­logy, Arbeits­schutz, Betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment, Betriebs­rat, Con­sul­ting durchgeführt.

Die Dauer der Inter­views vari­ierte zwi­schen 52 Minu­ten und 1 Std. 44 Minu­ten. Die Inter­views wurden mit Dik­tier­ge­rät auf­ge­zeich­net, tran­skri­biert und mit der Soft­ware MAXQDA einer the­ma­ti­schen Ana­lyse unter­zo­gen. Dar­über hinaus erfolgte Zugang zu aus­ge­wähl­ten Unter­neh­mens­da­ten. Es fand eine Unter­neh­mens­be­ge­hung am befrag­ten Stand­ort statt.

3. Basis­da­ten und betrieb­li­che Strukturen

Bei der vor­lie­gen­den Fall­stu­die han­delt es sich um einen IT-Dienst­leis­ter, der Unter­neh­men bei der digi­ta­len Trans­for­ma­tion unter­stützt. Dazu gehö­ren neben der tech­ni­schen und stra­te­gi­schen Bera­tung das Anfor­de­rungs­ma­nage­ment sowie die Ent­wick­lung, Tes­tung und das Betrei­ben der Soft­ware. An diesen Geschäfts­fel­dern ori­en­tiert sich die Struk­tur des Unter­neh­mens: Die Beschäf­tig­ten arbei­ten in Pro­jekt­fel­dern, die the­men­ab­hän­gig in Busi­ness Units zusam­men­ge­fasst sind, welche wie­derum in über­ge­ord­ne­ten Geschäfts­fel­dern auf­ge­hen. Das Unter­neh­men ist an ver­schie­de­nen Stand­or­ten ange­sie­delt. Beschäf­tigte aus einem Pro­jekt­feld sind nicht zwin­gend am selben Stand­ort behei­ma­tet – es besteht in eini­gen Pro­jekt­fel­dern auch die vir­tu­elle Zusam­men­ar­beit zwi­schen Beschäf­tig­ten an ver­schie­de­nen Standorten.

Die Beson­der­heit besteht im Pro­jekt­ge­schäft, d.h. im Ver­kauf von kun­den­ori­en­tier­ten Pro­blem­lö­sun­gen. Diese sind indi­vi­du­ell und – wenn­gleich auf vor­han­de­nes Wissen auf­set­zend – immer wieder neu zu ent­wi­ckeln. Dauer und Umfang der Pro­jekte vari­iert sehr stark (Wochen, Monate, Jahre).

Die Anga­ben bezie­hen sich auf das gesamte Unter­neh­men, sofern diese nicht als stand­ort­be­zo­gen aus­ge­wie­sen sind.

 

Basis­da­ten und betrieb­li­che Struk­tu­ren Unter­neh­men (Stand 2016)1
Anzahl Beschäf­tigte 1.532, plus 357 Lernende
Jah­res­um­satz 173 Mio €
Per­so­nal­struk­tur
Alters­struk­tur: 36,4 Jahre (mit Ler­nen­den); 38,0 (ohne Lernende)
Frauen/Männer Frauen: 29,1%, Männer 70,9%
Arbeits­ver­träge 96,9% unbe­fris­tete Beschäf­tigte / 89,2% in Vollzeit
Arbeits­zeit 38 Std./Wo; flexibel
Arbeits- und Gesundheitsschutz
Kran­ken­stand (erkran­kungs­be­ding­ter Aus­fall von Arbeits­ta­gen durch­schn. Monats­wert in %) 3,44%
betriebs­ärzt­li­che Versorgung extern
Fach­kraft für Arbeitssicherheit extern
Tari­fie­rung und Interessenpolitik
Tarif­ver­trag ver­trag­li­che Bindung
Per­so­nal­ver­tre­tung Betriebs­rat vorhanden

4. Anwen­dung neuer Technologien

Zum einen stellt das Unter­neh­men einen Dienst­leis­ter für Digi­ta­li­sie­rung dar und ist damit ein Trei­ber dieser. Zum ande­ren spie­len auch in den eige­nen Pro­zes­sen Auto­ma­ti­sie­rung, Digi­ta­li­sie­rung und Ver­net­zung eine zuneh­mende Rolle. Ver­än­de­run­gen betra­fen und betref­fen vor allem die Berei­che Soft­ware­ent­wick­lung, Test und Betrieb.

Da können Sie sich vor­stel­len, was an sich für ein Change aktu­ell mit der gesam­ten digi­ta­len Trans­for­ma­tion für so ein Soft­ware­ent­wick­lungs­un­ter­neh­men statt­fin­det. Das beglei­ten wir seit drei Jahren im großen Pro­gramm. Mit großem Change-Manage­ment, mit großen Anfor­de­run­gen, Betei­li­gung der gesam­ten Geschäfts­be­rei­che, mit Com­mu­nities und Schu­lungs­maß­nah­men und mög­li­cher­weise ganzen orga­ni­sa­to­ri­schen Chan­ges, daran sind wir gerade aktu­ell mit rie­sen­gro­ßem Per­so­nal­auf­wand, um unser eige­nes Unter­neh­men umzu­ge­stal­ten.“ (Inter­view 2)

4.1 Auto­ma­ti­sie­rung

Es wird eine zuneh­mende Auto­ma­ti­sie­rung von Geschäfts­pro­zes­sen über Bereichs­gren­zen hinweg berich­tet. So wurde bei­spiels­weise eine elek­tro­ni­sche Rech­nungs­be­ar­bei­tung imple­men­tiert. Dabei werden Rech­nun­gen ein­ge­scannt, nach bestimm­ten Kri­te­rien vom System geprüft und die Frei­gabe erfolgt dann auto­ma­ti­siert. Für einen Groß­teil der Rech­nun­gen ist diese auto­ma­ti­sierte Bear­bei­tung realisierbar.

Elek­tro­ni­sche Rech­nungs­be­ar­bei­tung ist schon ein großer Vor­teil. Alles was an Post rein­kommt, das wird ein­ge­scannt, gerade die Rech­nun­gen, und die Frei­ga­be­pro­zesse laufen halt dann kom­plett elek­tro­nisch.“ (Inter­view 6)

Im Bereich der Soft­ware-Ent­wick­lung wurde der gesamte Deploy­ment-Pro­zess auto­ma­ti­siert, d.h. die Bereit­stel­lung der Soft­ware von der Erstel­lung über die Tes­tung bis hin zur Instal­la­tion. Die Bereit­stel­lung vir­tu­el­ler Cli­ents und vir­tu­el­ler Server erfolgt eben­falls automatisiert.

… zum Bei­spiel fünf Ent­wick­ler arbei­ten an einem System oder an einer Web­seite und jeder macht mit seinem Code, das wird von einem ande­ren System ein­ge­le­sen und es wird zusam­men­ge­baut und auf unse­ren Server gestellt und früh kann sich dann jeder angu­cken, wie das Gesamt­ergeb­nis ist. Und dieses System, was das ganze zusam­men­baut, das kann auto­ma­tisch eine Mel­dung ein­ge­ben in den Chat, was erle­digt und ein­ge­baut ist oder welche Fehler ent­stan­den sind.“ (Inter­view 6)

4.2 Nut­zung von stan­dar­di­sier­ten und Cloud-Lösun­gen (Fremd­an­bie­ter)

Eine wesent­li­che tech­no­lo­gi­sche Ände­rung betrifft die zuneh­mende Nut­zung von Cloud-Tech­no­lo­gien, d.h. für einen Teil der betrieb­li­chen Pro­zesse werden IT-Infra­struk­tu­ren genutzt, die über das Inter­net bereit­ge­stellt werden. Es werden fer­tige Frames genutzt, so dass Lösun­gen für den Kund*in nicht von Grund auf neu pro­gram­miert werden müssen, son­dern dort auf­set­zen. Die Her­aus­for­de­rung besteht dann darin, durch indi­vi­du­elle Kon­fi­gu­ra­tio­nen die Pro­zesse der Kund*in auf den bestehen­den Platt­for­men abzubilden.

Wo man sich früher dann über­legt hat […], wie krieg ich jetzt irgend­wel­che Anfor­de­rungs­punkte aus dem System, wie kriege ich die in die Soft­ware-Ent­wick­lung hinein und von der Soft­ware-Ent­wick­lung wieder in den Test und von dem Test in den Betrieb, da gibt es heute durch­ge­hende Platt­for­men, die das ein­fach zur Ver­fü­gung stel­len und dann können alle da ent­spre­chend arbei­ten. Und sowas krieg ich eigent­lich auf Fin­ger­schnips zur Ver­fü­gung gestellt.“ (Inter­view 4)

Das ist heute Stan­dard, dass ich eines der vor­han­de­nen Werk­zeuge heute bestelle und morgen habe […] Das Pro­jekt setzt also auf einer höhe­ren Abs­trak­ti­ons­ebene auf, was wir zur Ver­fü­gung stel­len.“ (Inter­view 2)

Dar­über hinaus wurden für die Geschäfts­pro­zesse des Unter­neh­mens Ent­schei­dun­gen dahin­ge­hend getrof­fen, Kern­pro­zesse selbst zu gestal­ten und weni­ger zen­trale Pro­zesse aus­zu­la­gern (s. Gründe für den tech­no­lo­gi­schen Wandel). So wird bei­spiels­weise das E-Mail-System nicht mehr selbst betrie­ben, son­dern wurde an einen Fremd­an­bie­ter aus­ge­la­gert. So wird per­spek­ti­visch auch mit der Tele­fon­an­lage verfahren.

4.3 Digi­ta­li­sie­rung, Daten­er­fas­sung und Vernetzung

Auf­grund des Geschäfts­fel­des (IKT) sind bereits viele Pro­zesse im Unter­neh­men digi­ta­li­siert, wenn­gleich es (noch) nicht ganz papier­los aus­kommt. Digi­ta­li­siert und auch zum Teil auto­ma­ti­siert ist z.B. das Ange­bots- und Auf­trags­ma­nage­ment. So gibt es z.B. ein digi­ta­les Kata­log­sys­tem, über wel­ches die Beschäf­tig­ten Infra­struk­tu­ren für die Arbeit beim Kund*in bestel­len können.

Die Ver­wal­tung von Auf­trä­gen erfolgt über ein Issue-Tracking-System (Ticket-System), das u.a. die Zuord­nung von Auf­ga­ben zu Beschäf­tig­ten und die Über­wa­chung des Bear­bei­tungs­sta­tus ermög­licht. Die gespei­cher­ten Daten des Ticket-Sys­tems werden zum Zwecke der Opti­mie­rung aus­ge­wer­tet. Anhand der ein­ge­gan­ge­nen Auf­träge, Bear­bei­tungs­zei­ten usw. wird ersicht­lich, wo es Schwach­stel­len gibt, welche Anfra­gen häufig oder selten gestellt werden, so dass hier die Res­sour­cen ent­spre­chend ange­passt werden können.

Zum Ein­satz kommen auch Doku­men­ten-Manage­ment-Sys­teme, digi­ta­ler Rech­nungs­ein­gang und Ver­ar­bei­tungs­sys­teme sowie ERP-Sys­teme. So werden bspw. elek­tro­ni­sche Pro­jekt­ak­ten erstellt, in denen alle rele­van­ten Unter­la­gen abge­legt sind bzw. zum Teil, wie im Falle von Rech­nun­gen, auto­ma­tisch abge­legt werden (s. auch Auto­ma­ti­sie­rung). Auch wurden ver­schie­dene digi­tale Sys­teme inte­griert, so sind CM- und ERP-Sys­teme mit­ein­an­der verbunden.

Im Bereich der Per­so­nal­ent­wick­lung wird die Orga­ni­sa­tion der Mitarbeit*innengespräche digi­tal ver­wal­tet, so dass z.B. deut­lich wird, wann Gesprä­che fällig sind. Aktu­ell werden Recrui­t­ing Pro­zesse stär­ker digi­ta­li­siert (s. Perspektiven).

4.3.1 Intranet/Sharepoint

Zur Daten­er­fas­sung bzw. -pflege und zum Daten- bzw. Infor­ma­ti­ons­aus­tausch steht das wiki­ba­sierte Intra­net,  Share­Point und andere interne Software/Anwendungen zur Ver­fü­gung, auf das über einen Client auch orts­un­ab­hän­gig zuge­grif­fen werden kann. Diese Sys­teme sind über Schnitt­stel­len mit­ein­an­der ver­knüpft. Nach­fol­gend findet sich eine Aus­wahl von Funk­tio­nen, die es erfüllt:

  • So wurden zur Pflege von per­so­nal­be­zo­ge­nen Daten Self-Ser­vices ein­ge­führt, die die Beschäf­tig­ten für die Urlaubs­pla­nung und -ver­wal­tung, Zeit­er­fas­sung und für Ände­run­gen in Bezug auf Konto- oder Adress­da­ten nutzen. Die Zeit­er­fas­sung wird manu­ell im System ein­ge­ge­ben. Kon­tie­rung erfolgt frei­wil­lig und auf Vertrauensbasis.
  • Eben­falls (manu­ell) erfasst wird die Zeit, die auf die ein­zel­nen Kun­den­pro­jekte ver­wen­det wird. Daraus errech­net sich die Aus­las­tungs­quote. Ziel ist eine hohe Aus­las­tungs­quote, d.h. ein Groß­teil der gear­bei­te­ten Stun­den auf Kun­den­pro­jekte zu verbuchen.
  • Über das System lässt sich auch der Status der ein­zel­nen Mitarbeiter*innen erken­nen (off­line vs. online). Der Umgang mit auf­ge­zeich­ne­ten per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten ist inner­halb des Unter­neh­mens klar geregelt.
  • Auch die Raum­pla­nung und Ver­gabe vom Mee­ting-Räumen am Stand­ort erfolgt digi­tal über dieses zen­trale System.
  • Im Intra­net sind zahl­rei­che unter­neh­mens­be­zo­gene Infor­ma­tio­nen abge­legt, wie z.B. zu stan­dar­di­sier­ten Unter­neh­mens­pro­zes­sen, auf die alle Beschäf­tig­ten Zugriff haben.

Die Abrech­nung von Dienst­rei­sen erfolgt über einen Cloud-Anbie­ter, zu dem die Belege aktu­ell noch als Papier­ver­sion ver­schickt werden. Gegen­wär­tig wird ein System ein­ge­führt, in dem die Beschäf­tig­ten über eine App die Belege foto­gra­fie­ren und papier­los zur Abrech­nung verschicken.

4.3.2 Digi­tale Kommunikation

Die Ver­tei­lung der Beschäf­tig­ten auf ver­schie­dene Stand­orte macht eine vir­tu­elle Zusam­men­ar­beit erfor­der­lich, wenn die Zusam­men­set­zung der Teams stand­ort­über­grei­fend erfolgt, d.h. wenn Pro­jekt­fel­der stand­ort­über­grei­fend besetzt sind. Tech­no­lo­gisch wurden hier Vor­aus­set­zun­gen durch hohe Band­brei­ten und Netz­an­bin­dun­gen sowie die Instal­la­tion von Tele­fonspin­nen für gemein­same Mee­tings an unter­schied­li­chen Stand­or­ten geschaffen.

Es wird ver­stärkt auf interne soziale Netz­werke fokus­siert, d.h. die Nut­zung von Tools zur Stär­kung der inter­nen Kom­mu­ni­ka­tion wurde in den letz­ten Jahren vor­an­ge­trie­ben. Dazu gehört die Imple­men­tie­rung von Col­la­bo­ra­tion-Com­mu­nity-Lösun­gen, wie z.B. die Arbeit mit WebEx für Tele­fon­kon­fe­ren­zen in denen der Bild­schirm geteilt werden soll, Chats (Lync), Share­point, aber auch das wiki­ba­sierte Intra­net. Die Kom­mu­ni­ka­tion mit WebEx wird als wach­send beschrie­ben. Andere Kanäle haben sich in ihrer Funk­tion ver­än­dert: Das Intra­net wurde z.B. zunächst nur als Infor­ma­ti­ons­platt­form genutzt, mitt­ler­weile hat es sich zu einer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­platt­form mit Blogs und Kom­men­tar­funk­tion wei­ter­ent­wi­ckelt. So haben Beschäf­tig­ten- und The­men­grup­pen Com­mu­nities zum Aus­tausch ein­ge­rich­tet, über ein App­Pa­ge­Ma­kro können Fragen ein­ge­stellt werden.

Auch die Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen System und Beschäf­tig­ten läuft digi­tal, z.B. über Chat.

Wei­ter­hin wird aber auch mit­tels E-Mail kom­mu­ni­ziert. Im Ver­gleich zu Chats wird E-Mail aber von eini­gen Befrag­ten als lang­sam erlebt. Im Chat ist – anders als bei der E-Mail – sicht­bar, wer online ist.

Eine wei­tere – eher struk­tu­relle – Ver­än­de­rung, die von der wach­sen­den Ver­füg­bar­keit digi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Aus­tausch­ka­näle pro­fi­tiert (aber eher nicht von ihr ver­ur­sacht ist), betrifft das zuneh­mende Zusam­men­wach­sen der ursprüng­lich getrenn­ten Pro­zess­be­rei­che Soft­ware­ent­wick­lung, Test und Betrieb.

4.4 Wei­tere tech­no­lo­gi­sche Veränderungen

Die Nut­zung mobi­ler Lösun­gen gewinnt zuneh­mend an Bedeu­tung. In immer stär­ke­rem Maß wach­sen Hard- und Soft­ware zusam­men, z.B. stel­len Sen­so­rik und Aktua­to­rik inte­grale Bestand­teile von Hard­ware dar, so dass für ein Soft­ware-Unter­neh­men auch Hard­ware immer mehr an Bedeu­tung gewinnt.

4.5 Gründe für den tech­no­lo­gi­schen Wandel

Ein Trei­ber des tech­no­lo­gi­schen Wan­dels im Unter­neh­men ist der rasante tech­no­lo­gi­sche Wandel am Markt – große Kon­zerne bieten preis­wert vir­tu­elle Infra­struk­tur, so dass der Wett­be­werb und die Not­wen­dig­keit zur Agi­li­tät immer größer werden und Anpas­sun­gen im Unter­neh­men erfor­dern. Das bedeu­tet, dass der stei­gende Preis- und Inno­va­ti­ons­druck es not­wen­dig machen, vor allem im Hin­blick auf stan­dar­di­sierte Pro­zesse und Tools Res­sour­cen ein­zu­spa­ren. Aus diesem Grund werden stan­dar­di­sier­bare Pro­zesse, vor allem solche aus weni­ger bedeut­sa­men Geschäfts­pro­zes­sen aus­ge­la­gert. In diesem Zusam­men­hang ist auch die Nut­zung von IT-Infra­struk­tu­ren über Clouds zu ver­ste­hen: Anbie­ter wie Google, Sales Force oder amazon web­ser­vices können diese sehr viel bil­li­ger anbie­ten als es die eige­nen Programmierer*innen leis­ten könn­ten. Diese Ent­wick­lun­gen werden wie­derum durch die Bereit­schaft der Kund*innen ermög­licht, ihre Daten außer­halb eige­ner Server auszulagern.

Trei­ber des tech­no­lo­gi­schen Wan­dels sind aber auch die Kund*innen, die den neus­ten Stand in immer kür­ze­ren Bear­bei­tungs­zei­ten ein­for­dern. Auch die Sicher­heits­an­for­de­run­gen werden immer größer, d.h. Fehler müssen inner­halb kür­zes­ter Zeit beho­ben werden. Um sich den Anfor­de­run­gen des Kund*in anpas­sen zu können, müssen Rück­mel­de­zy­klen kurz sein und Zeit durch die Auto­ma­ti­sie­rung von Stan­dard­pro­zes­sen ein­ge­spart werden.

Und wie­derum die Kunden akzep­tie­ren natür­lich auch nicht mehr, dass sie da jetzt drei Wochen X Leute bezah­len sollen, die sich über solche Sachen Gedan­ken machen […].“ (Inter­view 4)

[…] die Lösung wird viel­mehr stan­dar­di­siert, Kunden erwar­ten viel mehr Stan­dar­di­sie­rung, weil sie ein­fach viel schnel­ler reagie­ren müssen. […] die Kunden erwar­ten, dass Fea­tures wöchent­lich dazu­kom­men, neue Funk­tio­nen. (Inter­view 3)

Aber auch die Beschäf­tig­ten selbst geben Impulse für tech­no­lo­gi­sche Ver­än­de­run­gen, wenn sie Ideen zur Unter­stüt­zung ihrer Arbeit mit­tels IT ein­brin­gen, z. B. die Rech­nungs­prü­fung auf Wunsch der Ver­ant­wort­li­chen nicht nur am PC, son­dern auch über mobile End­ge­räte rea­li­siert werden soll.

Schließ­lich ist auch das Wachs­tum des Unter­neh­mens ein Grund für den tech­no­lo­gi­schen Wandel. Um z. B. die Sicher­stel­lung der inter­nen Infra­struk­tur zu gewähr­leis­ten, wurden bestimmte Pro­zesse dieses Bereichs digi­ta­li­siert (Bei­spiel Ticketsystem).

Durch Digi­ta­li­sie­rung und Stan­dar­di­sie­rung von Geschäfts­pro­zes­sen lassen sich Pro­zesse ver­ein­fa­chen, erleich­tern und beschleu­ni­gen, werden Res­sour­cen ein­ge­spart, so dass eine Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung bei zuneh­men­der Qua­li­täts­si­che­rung erreicht werden kann.

 

4.6 Betei­li­gung der Beschäf­tig­ten und Reaktionen

Betei­li­gung

Ent­schei­dun­gen zu Change-Pro­zes­sen werden in ver­schie­de­nen Gre­mien unter Ein­be­zug des Betriebs­ra­tes getrof­fen. Dieser steht außer­dem in einem offe­nen Aus­tausch mit der Geschäfts­füh­rung und den Füh­rungs­kräf­ten. Bei grund­le­gen­den Ver­än­de­run­gen muss der Betriebs­rat laut Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz zustim­men. Jedoch gestal­ten sich Ver­än­de­rungs­pro­zesse mit­un­ter auch schlei­chend und nicht immer ist von Beginn an deut­lich, wel­ches Ausmaß Ver­än­de­run­gen anneh­men werden bzw. welche Folgen für die Beschäf­tig­ten damit ver­bun­den sein werden.

Eigene Ideen und Ver­bes­se­rungs­po­ten­tiale können die Beschäf­tig­ten im Intra­net ein­ge­ben. Halb­jähr­lich findet in einem Impro­ve­ment Board unter Nut­zung ver­schie­de­ner Quel­len (z.B. Gesprä­che, Intra­net) die Samm­lung und Kon­so­li­die­rung dieser Ideen statt, welche dann in Form von Ent­schei­dungs­vor­la­gen mit der Geschäfts­füh­rung bespro­chen werden. Über Ver­än­de­rungs­pro­jekte, die umge­setzt werden, wird im Intra­net infor­miert und diese im Laufe der Umset­zung von Kom­mu­ni­ka­tion begleitet.

Dabei besteht eine Schwie­rig­keit darin, bei der Aus­wahl von Tools, Frame­works und Pro­zes­sen die indi­vi­du­el­len Wün­sche und Vor­stel­lun­gen der Beschäf­tig­ten berück­sich­ti­gen zu wollen und gleich-zeitig aber nur eine Lösung aus vielen aus­wäh­len und imple­men­tie­ren zu können.

In die Pilo­tie­rung von tech­no­lo­gi­schen Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen werden früh­zei­tig Füh­rungs­kräfte, Beschäf­tigte und der Betriebs­rat ein­be­zo­gen. Auch werden Ent­schei­dun­gen wie z.B. die Aus­la­ge­rung des E-Mail-Sys­tems erklärt, um sie vor allem auch für die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten nach­voll­zieh­bar zu machen. Dabei wurde als ein wesent­li­cher Aspekt, z.B. der Auto­ma­ti­sie­rung, die Arbeits­ent­las­tung genannt, die durch die Ver­än­de­rung erreicht werden soll.

Es bestehen Ängste, ja. Man braucht ein Weil­chen, um diesen Pfad zu gehen, das pas­siert nicht von alleine und man muss lange den Kol­le­gen das erklä­ren, bis sie merken, dass sie es gar nicht mehr schaf­fen.“ (Inter­view 2)

 

Reak­tio­nen

Wenn­gleich das Unter­neh­men bemüht ist, alle Beschäf­tig­ten mit Blick auf Ver­än­de­rungs­pro­zesse zu invol­vie­ren und sie „mit­zu­neh­men“, gelingt das nicht bei allen mit dem gewünsch­ten Erfolg.

So tref­fen Ver­än­de­run­gen auf über Jahre eta­blierte Pro­zesse und Vor­ge­hens­wei­sen, die sich nur schwer auf­lö­sen lassen.

Es gibt noch Kol­le­gen, die haben lange mit Fax gear­bei­tet, aber dass man weg­kommt von dieser Email-Kom­mu­ni­ka­tion zu so einer Kom­mu­ni­ka­tion in diesen Netz­wer­ken, in diesen Zusam­men­ar­beits­platt­for­men geht. Dass man nicht mehr Inhalte jeder für sich auf dem Desk­top oder in einem Team File Share ablegt, son­dern dass man das Netz­werk nutzt.“ (Inter­view 5)

Auch stel­len sich die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten die Frage, welche Auf­ga­ben sie dann zukünf­tig über­neh­men werden. Es wird dar­über hinaus von all­ge­mei­nen Ängs­ten bezüg­lich der Ver­än­de­run­gen gesprochen.

Wir haben intern im Unter­neh­men genauso Hürden bei der Digi­ta­li­sie­rung wie andere Unter­neh­men […] Es ist nicht selbst­ver­ständ­lich, dass die Chan­ges ohne wei­te­res hin­ge­nom­men werden.“ (Inter­view 2)

Die Per­spek­tive, stan­dar­di­sierte und sich wie­der­ho­lende Pro­zesse nicht mehr manu­ell durch­füh­ren zu müssen, stei­gert die Akzep­tanz der Ver­än­de­rungs­pro­zesse bei den Beschäftigten.

Die Auto­ma­ti­sie­rung von Rech­nungs­frei­zeich­nun­gen stieß zunächst auf Wider­stand bei den betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten. Lang­fris­tig wird darin jedoch eine Ent­las­tung gesehen.

Und wenn man sich jetzt mit den Kol­le­gen unter­hält, da kann man sich immer gar nicht mehr vor­stel­len, dass man da vor drei Jahren oder so noch alles Mög­li­che da frei­zeich­nen musste. Aber es wird natür­lich nicht unbe­dingt posi­tiv gese­hen. Also jetzt wird es neu­tral betrach­tet. Zum Zeit­punkt, wo das pas­siert ist oder wo das inner­halb der Orga­ni­sa­tion ent­schie­den worden ist, gab es da schon erheb­li­che Wider­stände zu über­win­den.“ (Inter­view 4)

5. Gesund­heit­li­che Be- und Ent­las­tun­gen (Fokus Automatisierung)

5.1 Folgen für die Art der Arbeit

Betrof­fen von Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung ist die Mehr­heit der Beschäf­tig­ten. Die Art der Auf­ga­ben ändert sich. Viele unter­stüt­zende Tätig­kei­ten bzw. stan­dar­di­sierte Auf­ga­ben ent­fal­len durch die tech­no­lo­gi­schen Lösun­gen. Das All­tags­ge­schäft wird so ver­ein­facht (z. B. Rech­nungs­frei­gabe). Aller­dings fallen Auf­ga­ben wie z. B. Prüf­vor­gänge bei Rech­nun­gen weg. Team­as­sis­ten­ten, die Doku­mente und Pro­zesse vor- und nach­be­rei­tet haben, über­neh­men neue Auf­ga­ben, die in Rich­tung pro­jekt­be­zo­gene Unter­stüt­zung von Event­or­ga­ni­sa­tion und Kom­mu­ni­ka­tion gehen.

Von daher hatten dann Team­as­sis­ten­ten, wenn solche Auf­ga­ben weg­fal­len, aus meiner Sicht immer noch ganz viele andere Auf­ga­ben, die dann zu machen sind, aber sie sind halt nicht mehr so häufig wie­der­keh­rend und stan­dar­di­siert, son­dern solche Leute müssen sich dann eher damit…mit einer neuen Rollenbeschreibung…oder sie müssen sich eine neue Rolle selbst beschrei­ben, mit ihrer Füh­rungs­kraft, mit ihrem Team über­le­gen, was kann mein Bei­trag zum Erfolg sein.“ (Inter­view 4)

Durch die Umset­zung von Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung ent­ste­hen für die Beschäf­tig­ten neue Ein­satz­be­rei­che. So müssen die Auto­ma­ti­sie­rungs­pro­zesse selbst durch die Beschäf­tig­ten eta­bliert und gepflegt werden. Die Auto­ma­ti­sie­rung des Deploy­ment-Pro­zess hat zur Folge, dass Soft­ware nicht mehr manu­ell getes­tet und instal­liert wird, son­dern die Beschäf­tig­ten für die Auto­ma­ti­sie­rung nun Skripte pro­gram­mie­ren müssen. Auf­ga­ben wie Über­wa­chung und Ana­lyse sowie Koor­di­nie­rung von kom­ple­xen Sys­te­men gewin­nen an Bedeutung.

Die Tester werden schon noch gebraucht. Aber da ändern sich die Skills zum Bei­spiel. Irgend­ei­ner muss ja die Test­fälle trotz­dem schrei­ben, einer muss sich ja über­le­gen, wie die Auto­ma­ti­sie­rung funk­tio­niert. Es ist typi­scher­weise also nicht so, dass Skills wirk­lich kom­plett über­flüs­sig werden, die ändern sich nur durch die Auto­ma­ti­sie­rung.“ (Inter­view 3)

…es treten Stö­run­gen auf und Ähn­li­ches und durch die höhere Kom­ple­xi­tät ist die Feh­ler­su­che und die wei­tere Opti­mie­rung immer schwe­rer und dauert immer länger.“ (Inter­view 6)

… wir merken aber, diesen Auto­ma­ten dafür zu pro­gram­mie­ren, das kommt nicht irgend­wo­her, der Mit­ar­bei­ter ver­än­dert also seine Arbeit von „ich mache es mit der Hand“ bis zu „ich bin ver­ant­wort­lich für diesen Auto­ma­ten, dass er immer funk­tio­niert, er muss immer gewar­tet werden, der muss ange­passt werden“. Die Auto­ma­ti­sie­rung fällt nicht vom Himmel.“ (Inter­view 6)

Und im Feh­ler­fall, also wir sind uns da sicher oder wir sind froh, wenn 70-80% der Dinge auto­ma­tisch laufen und für die rest­li­chen 20% muss immer noch es einen Men­schen geben, der sich das anguckt. D.h. der muss ana­ly­sie­ren, was ist im Fach­sys­tem schief­ge­gan­gen, warum hat das Ganze hier jetzt nicht funk­tio­niert oder was ist eben bei der Orches­trie­rung, so heißt es, Zusam­men­spiel diese ganzen Sys­teme, was ist dort mög­li­cher­weise schief gegan­gen. D.h. das Wissen wird auf ein neues Level geho­ben. Die Arbeit wird gefühlt bisher dadurch kei­nes­falls weni­ger, eher mehr.“ (Inter­view 6)

Für die Beschäf­tig­ten, die das inzwi­schen aus­ge­la­gerte E-Mail-System betrie­ben haben, fallen die damit ursprüng­lich ver­bun­de­nen Auf­ga­ben weg. Per­spek­ti­visch gilt dies auch für die Betreiber*innen der Tele­fon­an­lage. Aktu­ell erle­ben sie eine Auf­ga­ben­er­wei­te­rung, weil sie zunächst weiter für den Betrieb zustän­dig sind, aber auch einen lang­wie­ri­gen Pro­zess der Suche nach einem geeig­ne­ten Fremd­an­bie­ter ver­ant­wor­ten, zu dem Anfor­de­rungs­ma­nage­ment, Dienst­leis­ter­steue­rung und die Eva­lua­tion des Pro­zes­ses gehö­ren. Auch nach Aus­la­ge­rung der Anlage werden die Dienst­leis­ter wei­ter­hin zu steu­ern sein.

In einem Inter­view wurde die Ein­schät­zung deut­lich, dass früher mehr Generalist*innen gesucht wurden, wäh­rend es heute eher hoch­spe­zia­li­sierte Leute sind, die gebraucht werden.

Arbeit ver­än­dert sich auch in ihrem Tempo: Sie wird immer schnel­ler. Dies liegt zum einen daran, dass Stan­dard­pro­zesse auto­ma­ti­siert laufen. Zum ande­ren ist dies auf die schnel­lere Ver­füg­bar­keit tech­ni­scher Lösun­gen z.B. durch Cloud-Lösun­gen zurück­zu­füh­ren. Die Nut­zung von Cloud-Lösun­gen wie­derum bedeu­tet, dass Pro­gram­mier­auf­ga­ben weg­fal­len, da diese Lösun­gen ja bereits zur Ver­fü­gung gestellt werden. Es muss viel­mehr kon­fi­gu­riert werden. Dies betrifft vor allem die Softwareentwickler*innen.

Die Beschäf­tig­ten können somit immer mehr auf zen­trale Betriebs- und Test­werk­zeuge zurück­grei­fen, die sie für ihre Arbeit nutzen können. Sie ver­wen­den in der Folge weni­ger Zeit auf die Sicher­stel­lung infra­struk­tu­rel­ler Vor­aus­set­zun­gen, son­dern arbei­ten stär­ker und inten­si­ver am Kund*in.

5.2 Psy­chi­sche Be- und Entlastungen

5.2.1 Arbeits­in­halt, Arbeitsaufgabe

5.2.1.1 Qua­li­fi­ka­ti­ons­an­for­de­run­gen (Arbeits­in­halt/-auf­gabe)

In der IKT-Bran­che ist die Not­wen­dig­keit der stän­di­gen Wei­ter­bil­dung und Qua­li­fi­ka­tion ein bekann­tes Phä­no­men, das sich durch den tech­no­lo­gi­schen Wandel noch ver­stärkt hat. Arbeits­auf­ga­ben, die im Zusam­men­hang mit der Auto­ma­ti­sie­rung anfal­len, werden zuneh­mend anspruchs­vol­ler, da die Sys­teme und ent­spre­chend ihre War­tung und Feh­ler­be­he­bung anspruchs­vol­ler und kom­ple­xer werden. Auch die Bereit­stel­lung der Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung bringt für die Beschäf­tig­ten neue Auf­ga­ben mit sich.

Den Men­schen wird es brau­chen, aber mit einer ande­ren Aus­prä­gung der Auf­gabe. Bisher war es eben so, ich hatte einen Daten­bank­ad­mi­nis­tra­tor, der kannte halt seine Daten­bank in- und aus­wen­dig und war der abso­lute Fach­mann und der muss natür­lich jetzt zusätz­lich oder sollte in der Lage sein, diese Schnitt­stel­len zu auto­ma­ti­sie­ren, das ist die eine Her­aus­for­de­rung. Sozu­sa­gen ein zusätz­li­ches Skill, was erfor­der­lich ist, eine zusätz­li­che Fähig­keit.“ (Inter­view 6)

Aber auch das Tempo der Ver­än­de­run­gen stellt eine Her­aus­for­de­rung an die Qua­li­fi­ka­ti­ons­an­for­de­run­gen dar, da sich tech­no­lo­gi­sche Neue­run­gen schnell im Wis­sens­stand der Beschäf­tig­ten abbil­den müssen. Dazu kommt, dass bestimmte spe­zi­fi­sche Kennt­nisse obso­let werden können und sich die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten Wissen auf neuen Gebie­ten aneig­nen müssen. Das betrifft zum Bei­spiel Berufs­grup­pen wie Softwareentwickler*innen und Systemingenieur*innen.

Also das gibt es auch, dass einige Kol­le­gen, gerade die, die sagen, das habe ich auch in Wie­der­ein­glie­de­run­gen, die sagen „ich schaff das nicht mehr, immer auf dem aktu­ells­ten, auf dem neus­ten Stand zu blei­ben. Das geht so rasant schnell“. Gerade viel­leicht auch Kol­le­gen, die früher ganz spe­zi­el­les Know-How, oder auf eine Tech­no­lo­gie, die mitt­ler­weile ver­al­tet ist, dann umzu­schwen­ken und noch­mal mit den eige­nen Anfor­de­run­gen, die man hat, da selber auch wieder so tief rein­zu­stei­gen.“ (Inter­view 1)

Das heißt, die Geschwin­dig­keit, die unsere Kunden haben, die über­trägt sich auf uns. Genauso müssen wir, eigent­lich viel schnel­ler reagie­ren und dieses Wissen auch bei unse­ren Leuten rein­krie­gen. Das ist eigent­lich die große Her­aus­for­de­rung […]  und natür­lich typi­scher­weise auch ein Pro­blem für die Mit­ar­bei­ter, diese Wis­sens­zy­klen, die werden immer schnel­ler“ (Inter­view 3)

Zwar sind bei den Software-Entwickler*innen durch die zuneh­mende Bedeu­tung von Soft­ware-Kon­fi­gu­ra­tion bei gleich­zei­ti­gem Rück­gang der Soft­ware-Ent­wick­lung tech­ni­sche Qua­li­fi­ka­tio­nen wei­ter­hin erfor­der­lich. Den­noch kommt es bei ihnen zu einer deut­li­chen Ver­än­de­rung des Auf­ga­ben­pro­fils, die zu Unter­for­de­rung führen kann. Auch fällt ein Allein­stel­lungs­merk­mal weg, was Aus­wir­kun­gen auf den berufs­be­zo­gene Selbst­wert sowie Fragen nach der beruf­li­chen Ori­en­tie­rung haben kann.

Und dann gibt es manche Leute, die sagen, ja, das ist super, dass ich jetzt nicht mehr eine Woche auf irgend­was warten muss und für die Leute, die in der Ver­gan­gen­heit das mit sehr viel Kom­pe­tenz zusam­men­ge­baut haben, für die fällt dann irgend­wie so ein Allein­stel­lungs­merk­mal weg. Weil die haben das natür­lich toll gemacht, aber (schnipst), das macht jetzt Amazon ganz alleine. Das… also da kann ich Ihnen gar nicht so rich­tig sagen, wie da… man redet dar­über nicht so sehr“ (Inter­view 4)

Dass Hard­ware zuneh­mend auch im Soft­ware-Bereich von Bedeu­tung ist, führt dazu, dass auch Software-Spezialist*innen über einen gewis­sen Grad an Wissen zu Hard­ware benö­ti­gen (z.B. dar­über, welche Sen­so­ren gerade auf dem Markt sind).

Die Beschäf­tig­ten müssen sich neue Skills aneig­nen, die die zuneh­mende vir­tu­elle Kom­mu­ni­ka­tion betref­fen, die andere Anfor­de­run­gen stellt als per­sön­li­che Kom­mu­ni­ka­tion (z.B. Aus­kom­men ohne non­ver­bale Signale, mehr Dis­zi­plin und klare Arti­ku­la­tion bei Tele­fon­kon­fe­ren­zen mit meh­re­ren Teil­neh­mern in einem Raum).

Die Auto­ma­ti­sie­rung von Pro­zes­sen führt auch dazu, dass die Beschäf­tig­ten, vor allem im Bereich mit Kund*innen, sich stär­ker auf die Pro­zesse beim Kund*in kon­zen­trie­ren können und damit noch mehr soziale Kom­pe­ten­zen erfor­der­lich sind. In den Inter­views wird deut­lich, dass Softs­kills im All­ge­mei­nen immer wich­ti­ger werden (Kom­mu­ni­ka­tion, Argumentation).

Man beob­ach­tet es über­all ein Stück­chen, ein Abs­trak­ti­ons­le­vel höher – vor­ge­fer­tigte Dinge, vor­ge­fer­tigte Lei­ter­pla­ti­nen, vor­ge­fer­tigte Chips, vor­ge­fer­tigte Soft­ware und so weiter, das ist bei uns auch so. Und damit kommt natür­lich der, der am Kunden arbei­tet, immer näher an den Kunden ran und kann sich immer mehr mit Kun­den­the­men beschäf­ti­gen und weni­ger mit infra­struk­tu­rel­len Dingen.“(Interview 2)

Durch die Not­wen­dig­keit, stär­ker bereichs­über­grei­fend zu arbei­ten müssen die Beschäf­tig­ten zuneh­mend ein Ver­ständ­nis für die Auf­ga­ben und Anfor­de­run­gen sowie Abläufe in Berei­chen ent­wi­ckeln, in die sie bis dahin noch nicht invol­viert waren und die damit neue, z.T. fach­fremde Kennt­nisse erfordern.

Um zu unter­stüt­zen, dass die Beschäf­tig­ten sich für ihre neuen Auf­ga­ben qua­li­fi­zie­ren, werden sie früh­zei­tig in Ver­än­de­rungs­pro­jekte invol­viert und können mit­ge­stal­ten. Das bedeu­tet aber (pha­sen­weise) eine Zunahme der Auf­ga­ben, wenn neben dem Tages­ge­schäft Ver­än­de­rungs­pro­jekte initi­iert und durch­ge­führt werden, für die keine zusätz­li­chen Beschäf­tig­ten ein­ge­stellt werden (z.B. Suche nach Anbie­ter Telefonanlage).

Auch findet eine Job Rota­tion statt, d.h. die Beschäf­tig­ten wech­seln für einen bestimm­ten Zeit­raum den Arbeits­be­reich im Unter­neh­men und lernen so andere Tätig­kei­ten kennen und eignen sich Fer­tig­kei­ten an.

Dar­über hinaus können sie sich Wissen auf Fort­bil­dun­gen in Form von Tagun­gen und Kon­fe­ren­zen aneig­nen. Die Aus­wahl geeig­ne­ter For­mate und Inhalte können die Beschäf­tig­ten selbst tref­fen. Dies erfor­dert jedoch auch Eigen­in­itia­tive der Beschäftigten.

Sich auf die Ver­än­de­run­gen ein­stel­len zu können, stellt eine wei­tere Belas­tung für die Beschäf­tig­ten dar. Nicht alle Beschäf­tig­ten sind dazu bereit oder in der Lage. Es finden sich ältere Mitarbeiter*innen, die sich mit Blick auf Alters­teil­zeit­re­ge­lun­gen dem Thema ent­zie­hen können. Für andere, jün­gere Mitarbeiter*innen, wird hier per­spek­ti­visch noch eine Her­aus­for­de­rung für das Unter­neh­men bestehen, wenn sie län­ger­fris­tig nicht mit den Ver­än­de­run­gen zurechtkommen.

Ins­ge­samt lässt sich sagen, dass die mit der Arbeit ver­bun­de­nen Anfor­de­run­gen hoch sind.

Und da haben wir ein ganz inter­es­san­tes Phä­no­men, was genau eigent­lich in diese Rich­tung deutet, näm­lich einer­seits sagen die Mit­ar­bei­ter, dass die Belas­tung immer weiter ansteigt, also dass so Fragen wie „Sind die Anfor­de­run­gen, die du bekommst, anspruchs­voll?“ das steigt immer weiter an. Auf der ande­ren Seite sagen die Mit­ar­bei­ter aber auch in diesen Befra­gun­gen „ich habe alle nöti­gen Infor­ma­tio­nen, die ich brau­che, um meine Auf­ga­ben zu erfül­len.“ (Inter­view 3)

5.2.1.2 Mono­to­nie (Arbeits­in­halt/-auf­gabe)

Die Auf­ga­ben im Unter­neh­men werden als abwechs­lungs­reich beschrie­ben. So sind die Wün­sche der Kund*innen immer indi­vi­du­el­ler Art, so dass die Beschäf­tig­ten bei der Pro­blem­lö­sung zwar auf Erfah­run­gen aus vor­an­ge­gan­ge­nen Pro­jek­ten zurück­grei­fen können, letzt­lich aber stets neue Lösun­gen ent­wi­ckeln müssen.

Die Her­aus­for­de­rung ist die Bereit­schaft, immer wieder neu zu lernen, sich auf neue Sachen ein­zu­stel­len, da sehr fle­xi­bel zu reagie­ren. Auf der ande­ren Seite ist es auch das, was viele Leute attrak­tiv finden an unse­rem Unter­neh­men, immer wieder neue Sachen ken­nen­zu­ler­nen, neue Sachen aus­zu­pro­bie­ren.“ (Inter­view 3)

Der Reiz, warum man das macht, ist natür­lich immer darin zu sehen, dass man, man hat extrem span­nende Kunden, man hat span­nende Sach­ver­halte in den Unter­neh­men bei den Kunden, die es zu gestal­ten gilt, wo man nach Lösun­gen sucht.“ Inter­view 4)

5.2.1.3 Kon­trolle und Ent­schei­dungs­spiel­raum (Arbeits­in­halt/-auf­gabe)

Die Über­nahme von Stan­dard­pro­zes­sen durch auto­ma­ti­sierte Pro­zesse, z.B. auto­ma­ti­sierte Rech­nungs­frei­gabe, stellt für die Beschäf­tig­ten in gewis­sem Maß eine Abgabe von Kon­trolle dar und erfor­dert Ver­trauen in die Tech­nik. Ent­schei­dungs­spiel­räume sind in diesem Zusam­men­hang nicht gege­ben, da die Beschäf­tig­ten aber auch keine Ent­schei­dun­gen zu tref­fen haben, sobald das System stan­dar­di­sierte Abläufe übernimmt.

Bisher hatte die Füh­rungs­kraft das Gefühl, ich unter­schreib da alles oder gebe da irgend­was frei und dann landet das als Kosten auf meiner Kos­ten­stelle und wenn man den Kol­le­gen jetzt aber solche Sachen weg­nimmt, dann ist natür­lich da auch stück­weit ein Kon­troll­ver­lust zu spüren.“ (Inter­view 4)

Auch bei der Nut­zung der digi­ta­len Tech­no­lo­gien besteht nur in einem begrenz­ten Umfang Ent­schei­dungs­spiel­raum – wenn das ganze Team ein bestimm­tes Tool nutzt, wird es schwie­rig sein, sich dem zu ver­wei­gern oder aber auf ein ande­res Tool zurückzugreifen.

Mit Blick auf die Umset­zung der Kun­den­pro­jekte besteht jedoch ein recht großes Maß an Hand­lungs­spiel­raum, d.h. inner­halb bestimm­ter Vor­ga­ben arbei­ten die Beschäf­tig­ten in ihren Teams rela­tiv selbstgesteuert.

5.2.1.4 Trans­pa­renz (Arbeits­in­halt/-auf­gabe)

Sys­teme wie Lync erlau­ben die Ein­sicht in den Status der Kol­le­gen, so dass Anfra­gen gezielt an Per­so­nen gege­ben werden können, die online sind. Aber auch die Mög­lich­keit, den Kalen­der oder Doku­mente zu teilen und Team­kol­le­gen Ein­sicht zu ermög­li­chen, erhöht die Trans­pa­renz der Kom­mu­ni­ka­tion und Zusam­men­ar­beit sowie der Plan­bar­keit der Arbeit.

Das Per­so­nal­ver­wal­tungs­sys­tem ermög­licht einen trans­pa­ren­ten, direk­ten und schnel­len Zugriff auf Infor­ma­tio­nen wie bspw. Urlaubs­pla­nung und ermög­licht so eine selb­stän­dige Nut­zung von Infor­ma­tio­nen. Neben der Trans­pa­renz schaf­fen die Self-Ser­vices auch eine Erleich­te­rung für die Per­so­nal­ab­tei­lung dar, da sie Ände­run­gen bestimm­ter per­so­nal­be­zo­ge­ner Daten (Adresse, Konto, Urlaubs­an­träge) der wach­sen­den Beleg­schaft nicht selbst ein­pfle­gen muss.

5.2.1.5 Information(sangebot) (Arbeits­in­halt/-auf­gabe)

Durch die Bereit­stel­lung von Sys­te­men sind Auf­ga­ben stan­dar­di­sier­ter gewor­den, so dass es genaue Vor­ga­ben und Infor­ma­tio­nen zu Hand­lungs­ab­läu­fen gibt, die die Arbeit erleich­tern. Wich­tige Infor­ma­tio­nen zu Stan­dard­pro­zes­sen können im Intra­net abge­ru­fen werden. Hier ist auf­be­rei­tet, wie z. B. bestimmte Anträge zu stel­len sind und welche Hilfs­mit­tel dazu benö­tigt werden.

Ein Bei­spiel für ein System, ist da ein pro­zess­mo­du­lie­ren­des System, das sind bestimmte Kern­pro­zesse sind wirk­lich gra­fisch auf­be­rei­tet und für jeden Mit­ar­bei­ter im Intra­net ver­füg­bar, so dass ich weiß, wie läuft ein bestimm­ter Antrag, das ist eben sicht­bar, man kann es genau erken­nen und auch die Hilfs­mit­tel, die ich brau­che, es gibt unser Per­so­nal­sys­tem, wo man das eben elek­tro­nisch beauf­tragt, hab ich direkt einen Link zum Bei­spiel zum Doku­ment, PDF, was auch immer, was ich dafür brau­che, um meine Arbeit anzu­schie­ben. Das ist schon ein­fa­cher.“ (Inter­view 6)

Wei­tere Infor­ma­tio­nen, die durch die Digi­ta­li­sie­rung ein­fa­cher und trans­pa­ren­ter zur Ver­fü­gung stehen, betref­fen z.B. die Urlaubs­pla­nung. Über den eige­nen Urlaub können schnell Infor­ma­tio­nen abge­ru­fen werden, aber auch – sofern von den Beschäf­tig­ten frei­ge­ge­ben – die Pla­nung von ande­ren Kolleg*innen.

Das Ange­bot an Infor­ma­tio­nen durch die Ver­füg­bar­keit ver­schie­de­ner Infor­ma­ti­ons­ka­näle ist groß. Im Zusam­men­hang mit E-Mail-Kom­mu­ni­ka­tion wird die Pro­ble­ma­tik des cc-Set­zens deut­lich, durch die viele unnö­tige Infor­ma­tio­nen zu bear­bei­ten sind. Die Mög­lich­keit, auf eine Viel­zahl an Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­len zugrei­fen zu können, erfor­dert einen kom­pe­ten­ten Umgang damit.

Da setz ich mal schnell noch den noch in Kopie, den noch in Kopie, hab ich alle infor­miert und alle damit noch fünf Minu­ten beschäf­tigt.“ (Inter­view 6)

Die Tools machen es natür­lich leich­ter, wenn ich nur ein Tool hätte, früher hatte ich nur E-Mails zum Bei­spiel, das kriege ich irgend­wann nicht mehr gema­nagt, wenn mein Netz­werk wächst, wächst das, was da zwi­schen­durch statt­fin­det expo­nen­ti­ell. Und dann hab ich, wenn ich da ein paar Hun­dert Leute habe, mit denen ich da agiere, das krieg ich nicht mehr gema­nagt. Da läuft mein E-Mail-Ein­gang ein­fach über. Ich kann gar nicht mehr alle E-Mails lesen. Des­we­gen sind die neuen Sachen sowas wie Lync oder so, um mal schnell eine Anfrage zu stel­len, reicht es ja oder um schnell anzu­ru­fen oder so.“ (Inter­view 3)

Also ja, das ver­teilt sich über die Kanäle, aber trotz­dem muss ich damit zurecht­kom­men. Und ich muss das auch abschal­ten können. Ich habe hier auf dem Handy zum Bei­spiel, kriege ich meine Diens­te­mails und irgend­wann mach ich es halt aus. Ja und das ist wieder eine per­sön­li­che Fähig­keit des Mit­ar­bei­ters. Es gibt Leute, die kommen damit nicht zurecht, dann wird es irgend­wann zu viel. Die können dann auch im Urlaub nicht abschal­ten, weil sie stän­dig da drauf­gu­cken. Es gibt andere Leute, die sagen „ich bin jetzt im Urlaub“, bleibt liegen das Ding, so what, küm­mert sich mein Ver­tre­ter drum. Das hat weni­ger was mit der Tech­nik zu tun, das muss ich per­sön­lich hin­krie­gen.“ (Inter­view 3)

Für die Arbeit stehen über­wie­gend alle erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen zur Verfügung.

5.2.1.6 Stö­run­gen und Unter­bre­chun­gen (Arbeits­in­halt/-auf­gabe)

Die Zunahme an Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln und -kanä­len führt zu einer Zunahme an Infor­ma­tio­nen und kann in der Folge dazu bei­tra­gen, bei der Arbeit häu­fi­ger unter­bro­chen zu werden.

Und da werden gerade viele Dinge pro­biert und viele Kol­le­gen sind da auch scharf drauf mit­zu­ma­chen, aber man hat dann halt immer mehr Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel. Was dazu bei­trägt, dass ich häu­fi­ger unter­bro­chen werde.“ (Inter­view 6)

Das heißt, ich wechsle den Auf­ga­ben­kon­text sehr schnell und häufig, das wird immer schlim­mer. Diese Zustände nehmen zu und die Kol­le­gen müssen sich das aneig­nen. Dar­über klagen die, glaube ich, am meis­ten, diese Unter­bre­chung. (Inter­view 2)

Stö­run­gen und Unter­bre­chun­gen werden aber auch auf nicht digi­ta­lem Weg ver­ur­sacht, weil sich z.B. meh­rere Kolleg*innen ein Büro teilen und durch Anfra­gen oder Geräu­sche der ande­ren Stö­run­gen auf­tre­ten können.

5.2.2 Arbeits­or­ga­ni­sa­tion

5.2.2.1 Arbeits­zeit, Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie, Arbeits­ort (Arbeits­or­ga­ni­sa­tion)

Die Arbeits­zei­ten sind fle­xi­bel, es gibt keine Kern­ar­beits­zeit. Eine unter­neh­mens­in­terne Rege­lung besagt, dass zwi­schen 6 und 20 Uhr gear­bei­tet werden darf, aber nicht mehr als 10 Stun­den. Im Rahmen einer mobile-working-Ver­ein­ba­rung darf frei­wil­lig bis 22 Uhr gear­bei­tet werden. Es besteht in eini­gen Berei­chen Ruf­be­reit­schaft. Es gibt Zeit­kon­ten (mög­lich sind Doku­men­ta­tion von Minus­stun­den und Über­stun­den), die manu­ell geführt werden. Über­stun­den werden nicht aus­ge­zahlt, son­dern erfol­gen als Zeit­aus­gleich. Wird ein Grenz­wert an Über­stun­den über­schrit­ten , wird der Betriebs­rat ein­ge­schal­tet, die Füh­rungs­kraft infor­miert und mit dem Beschäf­tig­ten Abbau­kon­zepte erarbeitet.

Zeit­li­che Fle­xi­bi­li­tät besteht in beide Rich­tun­gen. Wäh­rend es mög­lich ist, wäh­rend der Arbeits­zeit Pri­va­tes zu erle­di­gen, wird aber auch erwar­tet, bei Schwie­rig­kei­ten oder Eng­päs­sen in Pro­jek­ten Über­stun­den zu machen oder Arbeits­zei­ten an Gege­ben­hei­ten bei den Kund*innen anzupassen.

Stän­dige Erreich­bar­keit außer­halb von Son­der­fäl­len und Bereit­schafts­diens­ten wird nicht gefor­dert. Hier spielt aber das Ver­hal­ten der Füh­rungs­kraft eine große Rolle. Schreibt diese am Wochen­ende oder nach Fei­er­abend E-Mails, kann das den Druck auf das Team erhö­hen, dass dies von ihnen auch erwar­tet wird. Der Betriebs­rat the­ma­ti­siert diese Erwar­tun­gen bezüg­lich der stän­di­gen Erreich­bar­keit und appel­liert an die Füh­rungs­kräfte, das Thema im Team anzusprechen.

Die Ver­ein­bar­keit von Beruf und Pflege spielte in der Ver­gan­gen­heit eine unter­ge­ord­nete Rolle. Das Thema gewinnt jedoch zuneh­mend an Bedeu­tung, so dass im Unter­neh­men Modelle dazu ent­wi­ckelt werden müssen.

Ver­ein­bar­keit Eltern­schaft und Beruf. Im Ver­lauf der letz­ten Jahre sind immer mehr Beschäf­tigte Eltern gewor­den. Wäh­rend früher häufig auch abends im Büro gear­bei­tet wurde, ist ein pünkt­li­cher Büro­schluss inzwi­schen wich­ti­ger gewor­den. Viele Frauen arbei­ten in Teil­zeit. Für viele Beschäf­tigte besteht der Anspruch, die Arbeit wie vor dem Eltern­sein zu leis­ten, das aber in enge­rem Zeit­re­gime oder gar kür­ze­rer Arbeits­zeit. Dies erhöht bei einem Teil der Beschäf­tig­ten den Leis­tungs­druck (s. auch Zeit- und Leistungsdruck).

Es gibt Eltern-Kind-Büros, die das Arbei­ten in betreu­ungs­freien Zeiten ermög­li­chen, z.B. an Kita-Schließtagen.

Auch wenn das Unter­neh­men die Ver­ein­bar­keit von Berufs- und Pri­vat­le­ben wich­tig nimmt, wurde deut­lich, dass bei Beschäf­tig­ten mit zeit­li­chen Begren­zun­gen (z.B. durch Kita-Zeiten) die Sorge ent­ste­hen könnte, für das Staf­fing von Pro­jek­ten weni­ger „attrak­tiv“ zu sein und nicht mehr für Pro­jekte ein­ge­plant zu werden.

Arbeits­ort. Neben der Arbeit am Stand­ort ver­brin­gen vor allem die Beschäf­tig­ten im Kun­den­ge­schäft einen Teil ihrer Arbeits­zeit beim Kunden. Der Groß­teil dieser ist aktu­ell in Deutsch­land und Europa ange­sie­delt, zuneh­mende Inter­na­tio­na­li­sie­rung ist jedoch ten­den­zi­ell zu erwar­ten. Zuneh­mend ist die Arbeit vor Ort beim Kunden wich­tig, d.h. die Anfor­de­run­gen an die Rei­se­be­reit­schaft steigen.

Ein ande­res Thema ist auch Rei­se­be­reit­schaft. Es reicht nicht, wenn ich weiß, wie ich die Soft­ware pro­gram­miere, ich muss wissen, wie die Soft­ware ein­ge­setzt wird und wie der Kunde ein­setzt. Das bedeu­tet, ich muss eng mit dem Kunden zusam­men­ar­bei­ten, es heißt des­halb auch, dass ich oft vor Ort beim Kunden arbei­ten muss. Das ist ein Thema, das hat sich jetzt erhöht, also die Bereit­schaft auch mal meh­rere Tage die Woche vor Ort beim Kunden zu arbei­ten. Haben zwar durch die Tech­no­lo­gien viele Mög­lich­kei­ten, ich kann, wenn ich Soft­ware ent­wickle von über­all her machen, Haupt­sa­che ich hab Inter­net­zu­gang, aber ich kann mög­li­cher­weise nicht den Kunden ver­ste­hen, dafür muss ich den Kunden beob­ach­ten. Und da hilft es, beim Kunden zu sitzen.“ (Inter­view 3)

Die tech­ni­sche Infra­struk­tur hat sich in den letz­ten Jahren so ver­än­dert, dass die Arbeit in gewis­sem Umfang orts­fle­xi­bel erfol­gen kann (sofern keine Anwe­sen­heit vor Ort oder beim Kunden erfor­der­lich ist). So kann über einen Client auf alle rele­van­ten Daten zuge­grif­fen werden. E-Mails können bei Bedarf auch über das Handy abge­ru­fen werden.

Wie auch die zeit­li­che Fle­xi­bi­li­tät erhöht auch die räum­li­che Fle­xi­bi­li­tät die Gefahr der Ent­gren­zung von Pri­va­tem und Beruf­li­chem und stellt beson­dere Anfor­de­run­gen an das Selbst­ma­nage­ment der Beschäftigten.

5.2.2.2 Zeit- und Leis­tungs­druck (Arbeits­or­ga­ni­sa­tion)

Das breite Ange­bot von preis­wer­ten Cloud-Lösun­gen und die zuneh­mende Ver­schie­bung von Tätig­kei­ten im Soft­ware-Bereich in Bil­lig­lohn­län­der macht es not­wen­dig, den Fokus des Unter­neh­mens auf Soft­ware-Pro­jekte zu legen, die beson­ders und indi­vi­du­ell sind, d.h. als Allein­stel­lungs­merk­mal zu ver­ste­hen sind. Der in der Bran­che bestehende Preis- und Inno­va­ti­ons­druck wird auch an die Beschäf­tig­ten weitergegeben.

Dar­über hinaus machen es die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen und Ent­wick­lun­gen mög­lich (aber auch nötig), dass Arbeits­ab­läufe immer schnel­ler werden, was auch zu einer Zunahme des Zeit- und Leis­tungs­drucks führt.

Also vor zehn Jahren konnte man, wenn man ein Pro­jekt begon­nen hat, noch irgend­wie zwei, drei Wochen dis­ku­tie­ren, wie man jetzt dieses Pro­jekt gestal­tet, mit wel­chem Ticket­sys­tem man arbei­tet und mit wel­cher Soft­ware­ent­wick­lungs­um­ge­bung man da arbei­tet oder wie man auch mit dem Kunden oder Koope­ra­ti­ons­part­nern zusam­men­ar­bei­tet. Und es hat wirk­lich Wochen gedau­ert, bis man dann mal eine gemein­same Arbeits­ba­sis hatte. Mitt­ler­weile geht’s da um Stun­den und dann steht das alles. Also das ist auch wirk­lich tech­ni­sche Infra­struk­tur […].“ (Inter­view 4)

Die Doku­men­ta­tion der geleis­te­ten Stun­den und Zuord­nung zu Kun­den­pro­jek­ten kann zu einem Gefühl der Leis­tungs­über­wa­chung und des Leis­tungs­drucks führen. Die Aus­las­tungs­quote, d.h. der Anteil der Arbeit, der dem Kunden in Rech­nung gestellt werden kann, wird unter­neh­mens­be­zo­gen zurück­ge­mel­det, kann aber durch die Füh­rungs­kraft auch für die ein­zel­nen Beschäf­tig­ten ein­ge­se­hen werden. Somit kann die Sorge ent­ste­hen, bei einer schlech­ten indi­vi­du­el­len Aus­las­tungs­quote zur Rechen­schaft gezo­gen zu werden. Das führt bei einem Teil der Beschäf­tig­ten dazu, dass Tätig­kei­ten, die keinem Kun­den­pro­jekt zuge­hö­ren, wie z.B. krea­tive Pro­zesse oder sich auf dem Lau­fen­den zu halten, sich in den pri­va­ten Bereich verlagern.

Beson­de­rer Druck besteht für die Beschäf­tig­ten, die von den Kolleg*innen als Expert*innen gese­hen werden – sie werden sehr oft für Pro­jekte ange­fragt, so dass sie beson­ders unter Zeit­druck stehen.

Zeit- und Leis­tungs­druck kann auch durch die Ver­än­de­run­gen der Fami­li­en­si­tua­tion vieler Beschäf­tig­ter gese­hen werden. Es wird berich­tet, dass mitt­ler­weile viele Kolleg*innen Eltern gewor­den sind und nun stär­kere Vor­ga­ben in der zeit­li­chen Ver­füg­bar­keit erle­ben (z.B. Kita-Schluss), so dass die­selbe (oder zum Teil auch als mehr erlebte) Arbeit in enger umgrenz­ten Arbeits­zei­ten oder bei Teil­zeit­re­ge­lun­gen auch in weni­ger Zeit geschafft werden muss (s. auch Arbeits­zeit, Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie, Arbeitsort).

Ins­ge­samt wird die Arbeits­last von einem Teil der Beschäf­tig­ten als hoch emp­fun­den, d.h. es wird als schwie­rig erach­tet, selbst gesetzte Stan­dards in der ver­füg­ba­ren Zeit zu rea­li­sie­ren. In den Inter­views wird eine zuneh­mende Arbeits­ver­dich­tung berichtet.

5.2.2.3 Kom­mu­ni­ka­tion (Arbeits­or­ga­ni­sa­tion)

Trotz der Nut­zung digi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel wird Wert auf den per­sön­li­chen Aus­tausch vis-à-vis gelegt. Dies zeigt sich in regel­mä­ßi­gen Tref­fen in den Teams, aber auch stand­ort­über­grei­fend in ver­schie­de­nen Off­line-Netz­werk­ver­an­stal­tun­gen. Auch wird ver­sucht bestimmte Schu­lun­gen, aber auch Gesprä­che zur beruf­li­chen Wie­der­ein­glie­de­rung an den Stand­or­ten der ent­spre­chen­den Beschäf­tig­ten zu realisieren.

Den­noch erfolgt die Kom­mu­ni­ka­tion mit dem Kund*innen häufig über Tele­fon und ist die Zusam­men­ar­beit mit Kund*innen und Kolleg*innen auch vir­tu­ell erfor­der­lich. Sie unter­schei­det sich damit von der ana­lo­gen Kom­mu­ni­ka­tion. So stellt die Arbeit in Tele­fon­kon­fe­ren­zen andere Her­aus­for­de­run­gen an die Kom­mu­ni­ka­tion, da non­ver­bale Signale nicht zur Ver­fü­gung stehen. Auch ist die Qua­li­tät der Sprach­über­tra­gung mit­un­ter schlech­ter als im per­sön­li­chen Gespräch. Vor allem wenn meh­rere Per­so­nen im Raum sind, muss das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­re­gime den Gege­ben­hei­ten ange­passt werden (z.B. deut­lich spre­chen, Stim­men­ge­wirr ver­mei­den), d.h. auch immer mit an die andere Seite jen­seits des eige­nen Stand­or­tes gedacht werden.

[…] früher haben wir Mee­ting gemacht, jetzt machen wir das Ganze in einer Tele­fon­kon­fe­renz. Es ändert sich eigent­lich nichts. Man kriegt nicht noch­mal eine kleine Anlei­tung, was das bedeu­tet, gegen eine Wand zu reden, was es bedeu­tet zu spre­chen ohne Feed­back zu bekom­men. Ich kann vor einer Gruppe sitzen, die müssen alle nichts sagen, aber ich erkenne an deren Gesich­tern, ob die noch da sind oder nicht. Was so vir­tu­ell immer ein biss­chen schwie­rig ist.“ (Inter­view 5)

Wir haben eine Menge dafür getan, dass die Mee­tings funk­tio­nie­ren. Es hängt natür­lich von jedem selbst ab, wenn zum Start des Mee­tings gerade einer anfängt eine Kon­fe­renz auf­zu­ma­chen oder der ganze Raum quatscht durch­ein­an­der, da sind natür­lich die, die auf der ande­ren Seite sind, abge­han­gen. Es gehö­ren also immer noch dis­zi­pli­nierte Mit­ar­bei­ter dazu, die die Räume bedie­nen können.“ (Inter­view 2)

Wobei wir da jetzt auch eine Arbeits­gruppe haben, die sich mit dem Thema „Vir­tu­el­les Arbei­ten“ beschäf­tigt, wie arbei­ten wir vir­tu­ell zusam­men. Gerade wie führe ich ne Telko und ich frag trotz­dem mal nach den Befind­lich­kei­ten und kann auch mal ein per­sön­li­ches Wort an die Kol­le­gen. Also das wird auch the­ma­ti­siert, dass das vir­tu­elle Arbei­ten doch ein ande­res ist als das ana­loge.“ (Inter­view 1)

Ins­ge­samt hat der Umfang an Kom­mu­ni­ka­tion und Infor­ma­tion zuge­nom­men. Als Ursa­che wird die zuneh­mende Kom­ple­xi­tät der Pro­jekte gese­hen. Denk­bar ist aber auch, dass die fort­schrei­tende Digi­ta­li­sie­rung diesen Zuwachs befördert.

5.2.2.4 Koope­ra­tion (Arbeits­or­ga­ni­sa­tion)

Diese Kom­ple­xi­tät der Themen und die kurzen Rück­mel­de­zy­klen an den Kunden machen in immer stär­ke­rem Ausmaß eine Team- und Pro­jekt­feld über­grei­fende Zusam­men­ar­beit inner­halb des Unter­neh­mens nötig. Das bedeu­tet auch, dass die ein­zel­nen Fach­dis­zi­pli­nen ein Grund­ver­ständ­nis der Auf­ga­ben und Pro­zesse der ande­ren haben. Dies erfor­dert neben fach­li­chen auch soziale Kompetenzen.

Das sind schon Teams, wobei aber jetzt im zuneh­mend auch Pro­jekt­feld-über­grei­fend gear­bei­tet wird, oder muss, weil ein­fach die Themen auch so kom­plex sind. Dass also Pro­jekte mit ver­schie­de­nen Kol­le­gen gestafft werden müssen um ein­fach die Kun­den­an­fra­gen da abzu­de­cken. Also das ist ein ganz großes Thema, diese über­grei­fende Zusam­men­ar­beit.“ (Inter­view 1)

Jeder ist nur für sein Stück­chen ver­ant­wort­lich. Das funk­tio­niert nicht. Des­we­gen müssen wir inter­dis­zi­pli­näre Teams schaf­fen. Teams, die eben Soft­ware­ent­wick­lung, Test und Betrieb in sich schon von Früh­zeit an bei Kunden dabei sind […] Ver­bin­den der gesam­ten Wert­schöp­fungs­kette, früh­zei­ti­ges inter­dis­zi­pli­nä­res Zusam­men­ar­bei­ten, damit dann nicht die Soft­waren­ent­wick­lung irgend­was erstellt, was der Betrieb nicht betrei­ben kann und das Ganze auch noch auto­ma­ti­sie­ren bis in den Betrieb. Und dann regel­mä­ßig früh den Button von blau auf gelb färben und nach­mit­tags ist es in der Pro­duk­tion, auto­ma­ti­siert, inklu­sive voll­stän­di­gen Tests des gesam­tes Relea­ses.“ (Inter­view 2)

Diese pro­jekt­feld­über­grei­fende Arbeit wird durch vir­tu­elle Col­la­bo­ra­tion-Com­mu­nity-Tools wie Lync oder das Intra­net erleich­tert, das eine Platt­form für ver­schie­dene Fach-Com­mu­nities bietet.

Manch­mal gibt es die in der Orga­ni­sa­tion, wir fangen jetzt damit an, diese Super-Tools, sowas wie SAP, Sales­force, weil wir merken, da müssen Leute aus unter­schied­li­chen Berei­chen zusam­men­ar­bei­ten. Ich kann nicht einem großen Part­ner wie Sales­force gegen­über mit über zehn Abtei­lun­gen Kon­takt halten, das muss ich ein Stück weit zusam­men­hal­ten. Also grün­den wir dort dann so eine Art vir­tu­el­les Pro­jekt­feld zum Zusam­men­ar­bei­ten.“ (Inter­view 3)

Aber auch die Mög­lich­keit, Doku­mente zu teilen oder gemein­sam an Doku­men­ten zu arbei­ten sowie die Option, Kalen­der oder Urlaubs­pla­nung zu teilen, macht Kom­mu­ni­ka­tion und Zusam­men­ar­beit zuneh­mend trans­pa­rent und netz­werk­ar­tig (s. auch Transparenz).

Jeder kann alles. Ziel ist es natür­lich damit halt, so die Zusam­men­ar­bei­ten inso­fern opti­mie­ren, dass wir trans­pa­rent, offen, auf Augen­höhe mit­ein­an­der arbei­ten, was halt nicht für so viele so ein­fach ist. Also, trans­pa­rent arbei­ten, ich ver­öf­fent­li­che Arbeits­stände, ich teile meine Gedan­ken, ich sage, was ich den ganzen Tag mache, ich ver­su­che nicht erst das abge­nom­menste, finalste Doku­ment zu ver­öf­fent­li­chen, son­dern fang schon an wäh­rend meiner…während des Ent­ste­hungs­pro­zes­ses so trans­pa­rent wie mög­lich zu sein, um halt dieses Wissen aller zu nutzen.“ (Inter­view 5)

5.2.2.5 Soziale Bezie­hun­gen (Arbeits­or­ga­ni­sa­tion)

Soziale Bezie­hun­gen spie­len auf­grund der hohen Koope­ra­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­er­for­der­nisse eine beson­ders große Rolle. In den Inter­views wird von einem über­wie­gend posi­ti­ven und unter­stüt­zen­den Team­klima gespro­chen; es wird auf­ein­an­der acht geben. Die Bezie­hun­gen zum Vor­ge­setz­ten sind je nach Team mehr oder weni­ger offen und unter­stüt­zend, aber auch hier ent­steht der Ein­druck eines wert­schät­zen­den Umgangs miteinander.

5.2.3 Sons­ti­ges

5.2.3.1 Phy­si­ka­li­sche und che­mi­sche Fak­to­ren, Phy­si­sche Fak­to­ren (Sons­ti­ges)

Die Beschäf­tig­ten arbei­ten teil­weise in Büros mit sehr vielen Arbeits­plät­zen und müssen viel kom­mu­ni­zie­ren, tele­fo­nie­ren, so dass es zu einer Lärm­be­las­tung kommt, die unter den objek­ti­ven Belas­tungs­gren­zen liegt, aber den­noch zu einer Beein­träch­ti­gung führen kann. Auch der Rück­zug in klei­nere Büros, soge­nannte „think­tanks“, für ein Tele­fo­nat lässt sich nicht immer planen und rea­li­sie­ren. Auch han­delt es sich teil­weise um Durchgangsbüros.

5.2.3.2 Arbeitsmittel/ Arbeits­platz (Sons­ti­ges)

Die Mehr­heit der Beschäf­tig­ten arbei­tet in Büro­räu­men am Unter­neh­mens­stand­ort. Home­of­fice ist zwar gene­rell mög­lich, wird aber vor allem durch die Sales-Mitarbeiter*innen genutzt.

Die Beschäf­tig­ten arbei­ten in Büros mit bis zu 12 Arbeits­plät­zen, was in Berei­chen mit viel Tele­fon­kon­takt zu Schwie­rig­kei­ten im Sinne von Stö­run­gen führen kann. Dar­über hinaus stehen wei­tere sepa­rate Räume für Bespre­chun­gen und in eini­gen Gebäu­den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­seln auf den Fluren und Krea­tiv­räume bereit, die einen Rück­zug bzw. die Koope­ra­tion in wech­seln­den Teams ermöglichen.

Nicht für jeden Beschäf­tig­ten wird ein eige­ner Arbeits­platz am Stand­ort vor­ge­hal­ten, da auf­grund der Arbeit vor Ort beim Kunden nie alle Kolleg*innen zur selben Zeit in den Büros anwe­send sind. Die Schaf­fung fle­xi­bler Arbeits­wel­ten ist aber nicht nur aus öko­no­mi­scher Sicht sinn­voll, son­dern stellt auch eine Reak­tion auf die zuneh­mende Not­wen­dig­keit bereichs­über­grei­fen­der Zusam­men­ar­beit dar.

Die können sofort tele­fo­nie­ren an ihrem Arbeits­platz, die können sofort ihren Rech­ner anste­cken ohne dass irgend­was kaputt geht. Jeder kann sich hin­set­zen und arbei­ten, wo er will. Das sind Vor­aus­set­zun­gen, die wir geschaf­fen haben, die, denke ich, auch wich­tig sind für unser fle­xi­bles Office-Kon­zept.“ (Inter­view 2)

In der Rea­li­tät ver­blei­ben dann doch die meis­ten Beschäf­tig­ten auf ihren „Stamm­plät­zen“, wäh­rend die Aus­zu­bil­den­den und die Kolleg*innen, die nicht so oft vor Ort sind, in ihrer Platz­wahl fle­xi­bler sind.

5.2.3.3 Umgang mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten, Tracking, Über­wa­chungs­mög­lich­kei­ten (Sons­ti­ges)

Über das System ließ sich in der Ver­gan­gen­heit bis zu einem gewis­sen Grad dessen Nut­zung durch die ein­zel­nen Beschäf­tig­ten bspw. durch Anzei­gen von Off-/On­line-Zeiten und ihrer Dauer erken­nen. Dies ermög­lichte einer­seits eine Infor­ma­ti­ons­ab­frage für die Koope­ra­tion mit Kolleg*innen (z.B. off­line seit meh­re­ren Tagen deutet auf Urlaub oder Krank­heit hin, so dass man sich an jemand ande­ren wenden kann). Ande­rer­seits bestand die Gefahr einer Leis­tungs­über­wa­chung bzw. eines Miss­brauchs durch Vor­ge­setzte. Nach Ein­grei­fen des Betriebs­ra­tes kann nun zwar der Status, aber nicht die Dauer ein­ge­se­hen werden. Zum Umgang mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten gibt es unter­neh­mens­in­terne Rege­lun­gen, die von den Beschäf­tig­ten im Intra­net ein­ge­se­hen werden können.

5.2.3.4 Angst vor Arbeits­platz­ver­lust (Sons­ti­ges)

Zum Zeit­punkt der Befra­gun­gen ist die große Mehr­heit der Beschäf­tig­ten in einem unbe­fris­te­ten Fest­an­stel­lungs­ver­hält­nis beschäf­tigt. Wenige Beschäf­tigte sind über Leih- und Zeit­ar­beit ein­ge­stellt, im Wesent­li­chen als Schwan­ger­schafts- und Eltern­zeit­ver­tre­tung. In der Ver­gan­gen­heit war die Anzahl dieser befris­te­ten Arbeits­ver­hält­nisse größer und bei den Betrof­fe­nen auch mit der Sorge ver­bun­den, ob eine Fest­an­stel­lung beim Unter­neh­men erfol­gen würde. Dies hat sich im ver­gan­ge­nen Jahr deut­lich redu­ziert. Wei­ter­hin gibt es Anstel­lun­gen von Dienst­leis­tern und Free­lan­cern, die pha­sen­weise zum Ein­satz spe­zi­fi­scher Fer­tig­kei­ten ein­ge­setzt werden. Aktu­ell besteht mit Blick auf das Unter­neh­mens­wachs­tum kein Anlass zur Sorge um den Arbeitsplatz.

Die Über­füh­rung ana­lo­ger in digi­tale und auto­ma­ti­sierte Pro­zesse führte zu einer effi­zi­en­te­ren Abwick­lung von Stan­dard­ab­läu­fen und damit auch zu einer Res­sour­cen­ein­spa­rung. Auf­grund des wirt­schaft­li­chen Wachs­tums des Unter­neh­mens war es jedoch nicht erfor­der­lich, Beschäf­tigte zu ent­las­sen. Viel­mehr wurden und werden neue Beschäf­tigte ein­ge­stellt bzw. geht mit der Tech­no­lo­gi­sie­rung eine erhöhte Pro­duk­ti­vi­tät bei unver­än­der­ter Per­so­nal­si­tua­tion einher.

Den­noch wurden in der Ver­gan­gen­heit Sorgen und Ängste von Beschäf­tig­ten bezüg­lich der eige­nen Arbeit berichtet.

Für Beschäf­tigte, deren Auf­ga­ben durch Aus­la­ge­rung an Dritt­an­bie­ter oder durch Auto­ma­ti­sie­rung ent­fal­len, bestand zunächst Unsi­cher­heit dar­über, inwie­fern der eigene Arbeits­platz gefähr­det ist. Als deut­lich wurde, dass das Unter­neh­men eher expan­diert als Stel­len abbaut, gab und gibt es wie­derum Unsi­cher­heit dar­über, welche Auf­ga­ben zukünf­tig in ihren Bereich fallen werden. Dies erfor­dert eine Neu­ori­en­tie­rung und Anpas­sung an neue Aufgaben.

Mög­li­cher­weise ist ein ande­rer betei­ligt, manche gar nicht mehr, weil es von der Maschine über­nom­men wird. Wir haben aber dort auch viele, die die Frage stel­len, was mache ich dann zukünf­tig? […] Wir können nicht wirk­lich effek­tiv immens Mit­ar­bei­ter ein­spa­ren. Aber wir können mit der glei­chen Anzahl von Mit­ar­bei­tern mehr machen. Unsere Firma, der Umsatz wächst ja auch, die Anzahl der Mit­ar­bei­ter wächst. Das ist das, was wir den Kol­le­gen sagen und was die mitt­ler­weile auch merken, wenn man einmal mit der Auto­ma­ti­sie­rung anfängt, merkt man wie auf­wen­dig das ist. Spä­tes­tens dann kommt die Ein­sicht, das stimmt, was er gesagt hat, mein Job wird nicht weg­fal­len, der ver­än­dert sich bloß.“ (Inter­view 2)

5.3 Kör­per­li­che Be- und Entlastungen

Als pri­märe kör­per­li­che Belas­tung kann die über­wie­gend sit­zende Tätig­keit und die Bild­schirm­ar­beit (z.T. meh­rere Moni­tore) gese­hen werden. Dies war aber auch schon vor der zuneh­men­den Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung von Unter­neh­mens­pro­zes­sen der Fall. Wäh­rend im Unter­neh­men sehr auf ergo­no­mi­sche Aspekte geach­tet wird, kann dies bei der Arbeit beim Kunden nicht gewähr­leis­tet werden.

Also viele Mit­ar­bei­ter Con­sul­ting, Sales teil­weise auch für län­gere Zeit beim Kunden. Und da können wir natür­lich jetzt weni­ger Ein­fluss nehmen auf die Arbeits­platz­ge­stal­tung. Also ich habe auch schon von Kol­le­gen gehört, die sitzen da beim Kunden an irgend­ei­nem klei­nen Kat­zen­tisch irgendwo mit dran, was dann weni­ger schön ist.“ (Inter­view 1)

5.4 Gesund­heit­li­che Situation

5.4.1 Unfälle

Haupt­un­fall­ur­sa­che stel­len im Unter­neh­men Wege­un­fälle, hier vor allem Fahr­rad­un­fälle dar. Dabei ist zu beach­ten, dass ein Groß­teil der Beschäf­tig­ten mit dem Rad zur Arbeit kommt.

5.4.2 Befin­den

Der Gesund­heits­zu­stand der Beschäf­tig­ten kann der­zeit, vor allem mit Blick auf die Zahlen der Kran­ken­kasse, als sehr gut bezeich­net werden, d. h. es liegt ein gerin­ger Kran­ken­stand vor. Ein Grund dafür ist ver­mut­lich auch im jungen Durch­schnitts­al­ter der Beschäf­tig­ten zu sehen. Aber bereits jetzt ist schon ten­den­zi­ell erkenn­bar, dass krank­heits­be­dingte Aus­fälle im Unter­neh­men häu­fi­ger werden bzw. länger andau­ern. (s. auch demo­gra­phi­sche Situation)

Das Thema Arbeits­last und Über­las­tung findet sich für einen Teil der Teams in den Mitarbeiter*innenbefragungen und wird auch in allen Inter­views deut­lich. Auch die Not­wen­dig­keit, sich stän­dig auf dem Lau­fen­den halten zu müssen, belas­tet einen Teil der Beschäf­tig­ten, wenn sie das Gefühl haben, dieser Anfor­de­rung nicht mehr gewach­sen zu sein.

Also das gibt es auch, dass einige Kol­le­gen […] „ich schaff das nicht mehr, immer auf dem aktu­ells­ten, auf dem neus­ten Stand zu blei­ben. Das geht so rasant schnell“. Gerade viel­leicht auch Kol­le­gen, die früher ganz spe­zi­el­les Know-How, oder auf eine Tech­no­lo­gie, die mitt­ler­weile ver­al­tet ist, dann umzu­schwen­ken und noch­mal mit den eige­nen Anfor­de­run­gen, die man hat, da selber auch wieder so tief rein­zu­stei­gen. Das ist schwie­rig. Ja, das gibt es schon.“ (Inter­view 1)

Ich glaube die… viele Kol­le­gen sehen diese Trends, die Sie gerade anspra­chen, schon als Belas­tung, stück­weit auch als Bedro­hung. Also es ist schon auch so, dass wir durch­aus Kol­le­gen haben, die nach vielen, vielen Jahren bei uns in der Orga­ni­sa­tion dann den Wunsch äußern, das Unter­neh­men zu ver­las­sen, weil sie ein­fach wirk­lich keine Lust und keine Ener­gie mehr haben in der IT-Bran­che zu arbei­ten. Da merkt man dann schon, dass es schein­bar für manche auf die Zeit dann irgend­wann ein­fach zu anstren­gend wird und diese Trends dann immer wieder mit zu ver­fol­gen, viel­leicht auch Teil davon zu sein. Das scheint irgendwo manche gut anzu­stren­gen und von daher denk ich, dass es schon eine gewisse Belas­tung dar­stellt.“ (Inter­view 4)

Nicht alle Beschäf­tig­ten kommen gut mit den Anfor­de­run­gen an räum­li­che Mobi­li­tät zurecht (Kund*innenbetreuung).

Zuneh­mend werden auch Erschei­nun­gen wie Bur­nout berichtet.

B: Im Durch­schnitt werden auch wir natür­lich lang­sam älter, wir merken das auch und ver­su­chen dann dem­entspre­chend ent­ge­gen zu steu­ern. I: Woran merken Sie das? B: Die Sta­tis­tik. Aber jetzt auch so Themen wie typi­sche Berufs­krank­hei­ten, sowas wie Bur­nout oder solche Sachen, haben wir früher über­haupt nicht gehabt, tritt jetzt aber schon ab und zu mal auf.“ (Inter­view 3)

Zu den häu­figs­ten kör­per­li­chen Beschwer­den gehö­ren Muskel-Ske­lett-Beschwer­den, häufig durch sit­zende Tätig­kei­ten verursacht.

5.5 Demo­gra­phi­sche Situation

Alters­struk­tur

Das Unter­neh­men ist mit einem Durch­schnitts­al­ter von 36,4 Jahren (mit Ler­nen­den) rela­tiv jung. Die meis­ten Beschäf­tig­ten sind zwi­schen 30 und 40 Jahre alt. Wenn­gleich der Alters­durch­schnitt durch eine starke Rekru­tie­rung von Nach­wuchs­kräf­ten nur mar­gi­nal gestie­gen ist, ist eine Ver­än­de­rung spür­bar: das Durch­schnitts­al­ter lag in den Grün­dungs­jah­ren des Unter­neh­mens bei 34 Jahren.

Zuneh­mend gewinnt das Thema demo­gra­phi­scher Wandel aber an Rele­vanz, da z.B. die Füh­rungs­kräfte häufig schon länger im Unter­neh­men sind und sie eine Gruppe der altern­den Beleg­schaft dar­stel­len. So wird per­spek­ti­visch bei­spiels­weise die Zunahme von krank­heits­be­ding­ten Aus­fäl­len ange­nom­men. Bereits jetzt ist schon ten­den­zi­ell erkenn­bar, dass krank­heits­be­dingte Aus­fälle im Unter­neh­men häu­fi­ger werden bzw. länger andauern.

Doch nicht nur mit Blick auf die gesund­heit­li­che Situa­tion, son­dern auch auf die Per­so­nal­ent­wick­lung spielt die demo­gra­phi­sche Ent­wick­lung eine Rolle: es stellt sich die Frage wie Ange­bote und Per­spek­ti­ven für Beschäf­tigte geschaf­fen werden können, die schon länger im Unter­neh­men sind.

In der Mehr­heit der Inter­views wurde deut­lich, dass viele Beschäf­tigte in der Ver­gan­gen­heit bereit waren, einen Teil der Frei­zeit für das Unter­neh­men bereit­zu­stel­len. Dies hat sich inzwi­schen gewan­delt – als Gründe werden zum Teil das Alter als sol­ches und eine redu­zier­tere Ener­gie als auch die Ein­schrän­kun­gen durch Fami­lie und Kinder gesehen.

Alters­teil­zeit wird zuneh­mend ein Thema: Das vom Unter­neh­men ange­bo­tene Kon­zept wird inzwi­schen von mehr Beschäf­tig­ten ange­fragt als in der Vergangenheit.

Alter und tech­no­lo­gi­scher Wandel

Unter­schiede zwi­schen den Alters­grup­pen zeigen sich bspw. in der Nut­zung von Tools zur Kom­mu­ni­ka­tion und Kol­la­bo­ra­tion. Dabei sind die jün­ge­ren Kolleg*innen nicht unbe­dingt tech­ni­kaf­fi­ner als die älte­ren, aber sie finden bei ihrem Ein­stieg in das Unter­neh­men z.T. Struk­tu­ren und Pro­zesse vor, die sich dort im Laufe der Zeit eta­bliert haben und mit­un­ter dem Poten­zial der Tech­no­lo­gien ent­ge­gen stehen (z.B. Soft­ware zur Koope­ra­tion und Trans­pa­renz in Projekten).

… ist es halt genau die Her­aus­for­de­rung, dass die Ansprü­che, die ich an die Arbeits­welt habe, für viele sehr weit weg ist, weil die jetzt schon drei­ßig Jahre auf eine andere Art und Weise gear­bei­tet haben. […] Wie kriege ich so die Leute, die 5, 10 Jahre vorm Ende ihrer Arbeits­zeit sind und schon sehr viele Ände­run­gen mit­ge­macht haben, jetzt auch noch dazu moderne Tools zu nutzen.“ (Inter­view 5)

In den Inter­views wurde sowohl davon berich­tet, dass ältere Beschäf­tigte durch­aus die Sorge oder Frage umtreibt, ob sie mit dem tech­no­lo­gi­schen Wandel mit­hal­ten können. Es wurde aber auch die Ansicht geäu­ßert, dass das Alter nicht zwin­gend mit der Fähig­keit zusam­men­hängt, mit tech­ni­schen Anfor­de­run­gen und immer kürzer wer­den­den Inno­va­ti­ons­zy­klen zurecht­zu­kom­men. Grund­sätz­lich ist das Unter­neh­men bestrebt, seine Beschäf­tig­ten mög­lichst lang im Unter­neh­men zu halten und ent­spre­chend auf Bedürf­nisse bezüg­lich der Qua­li­fi­zie­rung und mög­li­cher Ein­satz­be­rei­che zu reagieren.

Wie jün­gere von älte­ren Beschäf­tig­ten lernen können und umge­kehrt, wird eben­falls ein immer rele­van­te­res Thema. Die alters­be­zo­gene Durch­mi­schung in den Teams ist über­wie­gend gege­ben und natür­lich gewachsen.

Die Frage ist auch, wie Beschäf­tigte kurz vor dem Ruhe­stand moti­viert werden können, die tech­no­lo­gi­schen Ver­än­de­run­gen mit­zu­tra­gen bzw. die dadurch ent­ste­hen­den neuen Auf­ga­ben zu bewältigen.

Noch gibt es kein Kon­zept, wie beson­dere Bedürf­nisse einer älter wer­den­den Beleg­schaft in der Orga­ni­sa­tion abge­bil­det werden können bzw. wie darauf zu reagie­ren ist, z.B. mit Blick auf Prä­ven­tion, Gesund­heits­si­tua­tion, zeit­li­che und mobile Flexibilität.

6 Arbeits- und Gesund­heits­schutz (AGS), Betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung (BGF)

6.1 Anpas­sun­gen des AGS auf­grund ver­än­der­ter Arbeitsbedingungen

Stei­gende psy­chi­sche Belastungen

In den Maß­nah­men nimmt der Umgang mit der beschrie­be­nen Arbeits­last und den stei­gen­den psy­chi­schen Belas­tun­gen einen zen­tra­len Bestand­teil ein. Zur Reduk­tion der Arbeits­last im Sinne einer Ver­hält­nis­prä­ven­tion gibt es weni­ger kon­krete Aus­sa­gen. Es finden sich Ange­bote wie Selbst- und Zeit­ma­nage­ment- und Meditationskurse.

Orts­fle­xi­bles Arbeiten

Das mobile Arbei­ten führt dazu, dass die Mitarbeiter*innen für ihren mobi­len Arbeits­platz und dessen ergo­no­mi­sche Aspekte selbst ver­ant­wort­lich sind. Gemäß der Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung unter­liegt mobi­les Arbei­ten, anders als Tele­ar­beit, nicht den (Arbeits­schutz-) Vor­schrif­ten. Daher hat das Unter­neh­men in einer Betriebs­ver­ein­ba­rung fest­ge­hal­ten, dass es zum Thema mobi­les Arbei­ten ein Gespräch zwi­schen Füh­rungs­kraft und Mitarbeiter*in geben muss. Es ist auch eines der Schwer­punkt­the­men der jähr­li­chen Arbeits­schutz­be­leh­rung, zu dem ein Foli­en­satz erstellt wurde, den die Füh­rungs­kräfte nutzen können. Vom Betriebs­arzt gibt es die Emp­feh­lung, das Note­book an einen Bild­schirm und eine Tas­ta­tur anzuschließen.

In eini­gen Berei­chen gibt es keine festen Arbeits­plätze für die Beschäf­tig­ten. Um hier die Akteure des Arbeits­schut­zes (z.B. Brand­schutz, Erst­hel­fer, Eva­ku­ie­rungs­hel­fer) zu kenn­zeich­nen, wird dies nicht über Tür­schil­der gere­gelt, son­dern über ent­spre­chende Schutz­wes­ten, die über die Stuhl­lehne gehängt werden. So wird der räum­li­chen Fle­xi­bi­li­tät Rech­nung getragen.

Der tech­ni­sche Arbeits­schutz bedeu­tet, ich weiß genau, wo sitzen meine Eva­ku­ie­rungs­hel­fer, wo Erst­hel­fer, da haben sie ein Büro­schild, ist da ein Kreuz dran, eine Mar­kie­rung, wenn alle Leute raus­ge­hen, kann ich die durch­zäh­len, dass ich weiß, dass alle auch aus dem Gebäude sind beim Feu­er­alarm zum Bei­spiel. Das sind diese klas­si­schen Mecha­nis­men, die in vielen Unter­neh­men noch so funk­tio­nie­ren. Bei uns haben wir zum Bei­spiel drüben in den fle­xi­blen Arbeits­wel­ten so, man weiß gar nicht, wo wer sitzt, damit weiß ich auch nicht, wo der Erst­hel­fer sitzt, da brau­che ich das drau­ßen an der Tür auch nicht schrei­ben, damit funk­tio­nie­ren diese ganzen Mecha­nis­men im Unter­neh­men nicht mehr. Wir wissen nicht, wenn das Gebäude geräumt wird, ob alle drau­ßen sind, wir wissen nicht, wer wen zählen soll. Das ist ein Punkt, der beim Gespräch mit der Betriebs­kran­ken­kasse beson­ders auf­fäl­lig war vom Change, weil wir können an der Stelle diese Vor­ga­ben nicht umset­zen, die der Kon­zern uns macht. Da sind wir eine Beson­der­heit. Das war, glaube ich, mit das Gra­vie­rendste.“ (Inter­view 2)

6.2 Dar­stel­lung des AGS und der BGF/BGM (ohne Bezug zum tech­ni­schen Wandel)

Gesund­heit und bewuss­ter Umgang mit Gesund­heit nehmen im Unter­neh­men und der Unter­neh­mens­phi­lo­so­phie einen großen Stel­len­wert ein und sind Teil des Inte­grier­ten Manage­ment Systems.

Struk­tur

Es gibt eine Per­so­nal­stelle für einen Gesundheitsbeauftragte(n). Dieser ist für das Betrieb­li­che Gesund­heits­ma­nage­ment feder­füh­rend ver­ant­wort­lich. Für ein­zelne Ange­bote werden zur Unter­stüt­zung der Umset­zung Mitarbeiter*innen bzw. Ansprechpartner*innen an den ande­ren Stand­or­ten ein­ge­bun­den (z.B. bei Team-Events).

Die betriebs­ärzt­li­che Ver­sor­gung wird durch einen exter­nen Anbie­ter vor Ort geleis­tet. Dazu gehö­ren die arbeits­me­di­zi­ni­sche Vor­sorge und Bera­tun­gen in Ergo­no­mie-Fragen. Aber auch Ange­bote wie Hör­tests und Grip­pe­schutz­imp­fun­gen sowie die Durch­füh­rung der Gesund­heits­tage (nicht an allen Stand­or­ten) sind Teil der Betreuung.

Für das Betrieb­li­che Gesund­heits­ma­nage­ment ist ein eige­nes Budget vor­ge­se­hen, das jedes Jahr neu ver­han­delt wird. Dabei ist es auf­grund des vor­wie­gend prä­ven­ti­ven Cha­rak­ters der Ange­bote und der aktu­ell guten gesund­heit­li­chen Situa­tion (gemes­sen am Kran­ken­stand) im Unter­neh­men nicht immer ein­fach und selbst­ver­ständ­lich, die lang­fris­tige Not­wen­dig­keit der Maß­nah­men in einem ent­spre­chen­den Budget durch­zu­set­zen. Ange­bote, die nicht aus­rei­chend genutzt und ange­nom­men werden, werden hin­ter­fragt und ggf. wieder abgesetzt.

Inhalte, Bestand­teile und Themen

Da es sich im Unter­neh­men im Wesent­li­chen um Bild­schirm­ar­beits­plätze han­delt, liegt der Fokus des Arbeits­schut­zes auf ergo­no­mi­schen Aspek­ten (Bild­schirm, Tas­ta­tur, Tisch und Büro­stuhl und deren Posi­tion im Raum)

Eine Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung psy­chi­scher Belas­tun­gen wird mit­tels regel­mä­ßi­ger Mitarbeiter*innenbefragungen rea­li­siert. In Teams mit Hand­lungs­be­darf finden Work­shops zur Ana­lyse und Lösung von Pro­blem­fel­dern statt. Die jewei­lige Füh­rungs­kraft bespricht mit ihrem Team die Ergebnisse.

Im Unter­neh­men werden im Rahmen des Betrieb­li­chen Gesund­heits­ma­nage­ments zahl­rei­che Ange­bote rea­li­siert, die alle Beschäf­tig­ten (aus­ge­nom­men die Freelancer*innen) in Anspruch nehmen können. Zu den Ange­bo­ten gehören:

  • Betrieb­li­ches Eingliederungsmanagement
  • Füh­rungs­kräf­te­be­ra­tung durch externe Psycholog*innen
    • tele­fo­ni­sche Sofort­be­ra­tung (Hot­line)
    • monat­li­ches Vor-Ort-Beratungsangebot
    • Supervision/Mediation
  • Vor­sorge und arbeits­me­di­zi­ni­sche Leistungen
  • Gesund­heits­tag (an einem der Stand­orte), am Haupt­stand­ort wird auf­grund des Einmal-Cha­rak­ters und der Dys­ba­lance zwi­schen Ange­bot und Nach­frage (zu viele Mitarbeiter*innen) eher auf meh­rere Aktio­nen pro Jahr gesetzt
  • Kurs­an­ge­bote
    •  Stress-, Zeitmanagement
    • Acht­sam­keits­trai­ning (monat­lich)
    • Yoga
  • För­de­rung von gesun­dem Verhalten 
    • sport­be­zo­gene Team-Events (Dra­chen­boot­ren­nen, Team-Lauf, Wett­kämpfe) (Un-ter­stüt­zung mit Tri­kots o.ä.); Teil­nahme am Stadt­ra­deln à hier hat es sich als beson­ders moti­vie­rend erwie­sen, wenn sich Ver­tre­ter der Geschäfts­füh­rung oder Füh­rungs­kräfte aktiv beteiligen)
    • Job-Rad: Mitarbeiter*innen können ein Rad leasen für die pri­vate Nut­zung (Brut­to­ge­halt-Umwand­lung)
    • Bewe­gungs­ele­mente in aus­ge­wähl­ten Büro­be­rei­chen (Pun­ching-Ball, Tisch­fuß­ball, Roller; beson­ders werden die Roller wegen der langen Flure genutzt) (aller­dings wurde ein Work­out-Raum auf­grund drin­gend benö­tig­ter Büro­flä­che wieder aufge-geben)
    • Initi­ie­ren von Aktio­nen (z. B. Treppensteigen)
    • Online-Tool mit Rücken­übun­gen (bewegte Mini-Pause)
    • wöchent­li­che Obstlieferungen
    • Mög­lich­keit, Mas­sage in Anspruch zu nehmen (mit finan­zi­el­ler Betei­li­gung des Unternehmens)
    • Ruhe­raum mit Medi­ta­ti­ons­mat­ten und -kissen
    • Fahr­si­cher­heits­trai­nings.

Ein Teil der Sport­an­ge­bote wird und wurde von den Beschäf­tig­ten selbst initi­iert (z. B. Lauf-, Yoga-, Pila­tes-, Vol­ley­ball- und Fuß­ball­gruppe) und findet Unter­stüt­zung durch das Unter­neh­men, z. B. in Form von Bereit­stel­lung von Platz­mie­ten und Startgelder.

Wenn­gleich mit Blick auf Sport­kurse diverse Ange­bote vom Unter­neh­men gemacht werden, ist die Beach­tung der Indi­vi­dua­li­tät der Beschäf­tig­ten wich­tig. So ist es Ansatz des Unter­neh­mens zu akzep­tie­ren, dass jeder Mit­ar­bei­ter seinen eige­nen Weg zum Aus­gleich und zur Ent­span­nen hat und es dem­entspre­chend ein breit gefä­cher­tes Ange­bot gibt, dass die Beschäf­tig­ten nutzen können, aber nicht müssen. Es soll kein sozia­ler Druck auf­ge­baut werden, dass z. B. Joggen der einzig rich­tige Weg zum Aus­gleich ist und von allen genutzt werden sollte.

Mit Blick auf die psy­chi­schen Anfor­de­run­gen stellt im Unter­neh­men aktu­ell die Ori­en­tie­rung auf Stär­ken und die Imple­men­tie­rung von Ansät­zen der Posi­ti­ven Psy­cho­lo­gie ein wich­ti­ges Thema dar. Dazu werden Work­shops in den ein­zel­nen Teams durch­ge­führt, in denen Aspekte wie Wert­schät­zung, Kom­mu­ni­ka­tion, Koope­ra­tion, Feed­back und Acht­sam­keit the­ma­ti­siert werden. Auch geht es um die Fokus­sie­rung auf die Stär­ken der ein­zel­nen Beschäf­tig­ten, sodass davon aus­ge­hend Anre­gun­gen für die stär­ken­ori­en­tierte Ver­tei­lung von Auf­ga­ben gege­ben werden können. Füh­rungs­kräfte sollen außer­dem sen­si­bi­li­siert werden für die län­ger­fris­tige psy­chi­sche und kör­per­li­che Gesund­erhal­tung ihrer Beschäf­tig­ten und für ihre Vor­bild­funk­tion in diesem Zusammenhang.

Die Pau­sen­kul­tur wird wich­tig genom­men – vor weni­gen Jahren wurde eine Betriebs­kan­tine mit aus­ge­wo­ge­nem Ange­bot ein­ge­rich­tet und von den Beschäf­tig­ten sehr gut angenommen.

Ergo­no­mie. In eini­gen Bespre­chungs­räu­men gibt es Sitz-Steh-Tische bzw. bei beson­de­rem gesund­heit­li­chen Bedarf höhen­ver­stell­bare Tische, die die Wahl zwi­schen Stehen und Sitzen ermög­li­chen. Auch werden bei Bedarf wei­tere Hilfs­mit­tel zur Ver­fü­gung gestellt (wie z.B. spe­zi­elle Tat­sta­tur, Kopf­stütze). Bei Gefähr­dungs­be­ur­tei­lun­gen und Arbeits­stät­ten­be­ge­hun­gen werden Stühle und Tische ergo­no­misch ein­ge­stellt. Den­noch ist die Ein­stel­lung und im wahrs­ten Sinne des Wortes Hal­tung der Beschäf­tig­ten ent­schei­dend für das kör­per­li­che Befin­den, wenn das Mobi­liar nicht ent­spre­chend seiner Mög­lich­kei­ten genutzt wird (z.B. durch fal­sche Körperhaltung).

Akzep­tanz der Maß­nah­men. Grund­sätz­lich werden die Maß­nah­men des BGM gut ange­nom­men. Mit­un­ter fehlt es an der Nach­hal­tig­keit. Das zeigt sich darin, dass Ein­mal­an­ge­bote eine große Nach­frage erfah­ren. Wenn sie dann in dau­er­hafte Ange­bote umge­wan­delt werden, nimmt die Teil­neh­mer­zahl ab. Als Grund wird häufig die feh­lende Zeit ange­ge­ben. Wie in fast allen Unter­neh­men stellt sich die Frage, wie sich mit den Maß­nah­men die­je­ni­gen Beschäf­tig­ten errei­chen lassen, die davon am meis­ten pro­fi­tie­ren würden. In der Mehr­heit werden die­je­ni­gen erreicht, die bereits viel für ihre Gesund­heit tun.

7 Per­so­nal­ent­wick­lung/-manage­ment, Wissensmanagement

7.1 Per­so­nal­ent­wick­lung

Rekru­tie­rung und Bin­dung an das Unternehmen

Eine große Her­aus­for­de­rung besteht in der Rekru­tie­rung und Bin­dung von Fach­kräf­ten, vor allem weil das Unter­neh­men per­so­nell expan­diert. Auch sind die Anfor­de­run­gen so viel­fäl­tig gewor­den, dass selten auf ein spe­zi­fi­sches Profil hin gesucht wird, son­dern Bewerber*innen viel­mehr ein­ge­la­den werden und anhand deren Vor­aus­set­zun­gen eine Pas­sung inner­halb des Unter­neh­mens geprüft wird. Früher wurden nach Aus­sa­gen der Befrag­ten mehr Gene­ra­lis­ten gesucht, heute eher Spezialisten.

Die Rekru­tie­rungs- und Bewer­bungs­pro­zesse ver­än­dern sich in Rich­tung Digi­ta­li­sie­rung – im Ver­gleich zu klas­si­schen Bewer­bungs­un­ter­la­gen, die die Interessent*innen ein­sen­den, gewinnt die Mög­lich­keit an Bedeu­tung, eine Bewer­bung über sein Lin­kedIn- oder Xing-Profil ein­zu­rei­chen. Dem­entspre­chend müssen Bewer­bungs­pro­zesse ange­passt werden. Daran wird der­zeit im Unter­neh­men gearbeitet.

Ein großes Anlie­gen ist die Bin­dung der Fach­kräfte an das Unter­neh­men. Dies ist beson­ders vor dem Hin­ter­grund des Fach­kräf­te­man­gels von Bedeu­tung. Dar­über hinaus wird das Phä­no­men beschrie­ben, dass die Zahl der Pro­be­zeit­kün­di­gun­gen in den letz­ten Jahren zuge­nom­men hat, d.h. dass Bewerber*innen auf­grund des Ange­bots an Stel­len das Unter­neh­men „testen“ und bereit sind, den Arbeit­ge­ber wieder zu wech­seln. In diesem Zusam­men­hang sei erwähnt, dass ein posi­ti­ves Klima im Unter­neh­men ein wich­ti­ges Thema dar­stellt: so werden z.B. Aktio­nen der Per­so­nal­ab­tei­lung unter­stützt (z.B. Ver­tei­len von Dan­kes­kar­ten; team­be­zo­gene Schu­lun­gen zur posi­ti­ven Psy­cho­lo­gie), eine Unter­neh­mens­kul­tur der gegen­sei­ti­gen Wert­schät­zung zu etablieren.

Das Unter­neh­men ist bestrebt, bei Bedarf einen Wech­sel zwi­schen Berei­chen oder Auf­ga­ben zu ermög­li­chen. Dies ist z.B. rele­vant, wenn ein Beschäf­tig­ter merkt, dass er den Anfor­de­run­gen nicht mehr gewach­sen ist oder wenn die bis­he­ri­gen Auf­ga­ben als nicht mehr pas­send oder anspre­chend erlebt werden. Dabei besteht noch recht wenig Offen­heit, wenn es darum geht, bei Bedarf jeman­den mit weni­ger her­aus­for­dern­den oder anspruchs­vol­len Auf­ga­ben zu betrauen.

Das ist ein Thema, wie gesagt, Ein­zel­fälle, aber gefühlt stei­gend, mit dem noch zu wenig offen umge­gan­gen wird. […] wenn jemand sagt, ne, das ist jetzt so, ich schaff es nicht mehr oder ich will mir das auch gar nicht mehr antun. Das ist aber schon noch nega­tiv behaf­tet. Ich denke, das wird sich noch ändern mit der Zeit, wenn es eben mehr Fälle gibt.“ (Inter­view 6)

 

Qua­li­fi­zie­rung und Entwicklung

Das Unter­neh­men hat einen eige­nen Per­so­nal- und Ent­wick­lungs­be­reich. Über diesen Bereich laufen die zen­tra­len Mitarbeiter*innenschulungen, d.h. Ange­bote, die einen Groß­teil der Beschäf­tig­ten betref­fen (z.B. Ver­trags­ge­stal­tung). Der Bedarf für fach­spe­zi­fi­sche Qua­li­fi­zie­run­gen wird von den ein­zel­nen Berei­chen abge­schätzt und ent­spre­chende Schu­lun­gen und Leis­tun­gen ein­ge­kauft. Dafür steht ein Budget zur Ver­fü­gung, das sich pro Mitarbeiter*in und Jahr berech­net. Infor­ma­tio­nen zum Wei­ter­bil­dungs­be­darf erge­ben sich aus den Mitarbeiter*innengesprächen, werden an die Per­so­nal­ab­tei­lung wei­ter­ge­lei­tet, die dann einen Schu­lungs­plan erstellt, in dem fest­ge­legt wird, wel­cher Mitarbeiter*in wann mit wel­cher Maß­nahme geschult wird.

Per­so­nal­ent­wick­lung wird eng am Geschäft aus­ge­rich­tet, d.h. es werden Bedarfe ermit­telt und geeig­nete Kon­zepte und Maß­nah­men ent­wi­ckelt, die dann team- oder berufs­grup­pen­be­zo­gen in Form von Pro­gram­men rea­li­siert werden.

Die Qua­li­fi­zie­rung der Beschäf­tig­ten stellt ange­sichts des rasan­ten tech­no­lo­gi­schen Wan­dels in der IKT-Bran­che eine große Her­aus­for­de­rung dar. Bestimmte Skills können mit­un­ter gar nicht so schnell bei den Beschäf­tig­ten aus­ge­bil­det werden, wie sie gebraucht werden. Auch ist es not­wen­dig, den Beschäf­tig­ten das Wissen direkt im Unter­neh­men zu ver­mit­teln, da aktu­ell benö­tigte Skills zum Teil an den Uni­ver­si­tä­ten noch gar nicht gelehrt werden.

Auch ange­sichts des Fach­kräf­te­man­gels ist es not­wen­dig, dass das Unter­neh­men seine Beschäf­tig­ten auf die eige­nen Bedarfe hin ausbildet.

Also ich glaube mitt­ler­weile, dass der all­ge­meine bespro­chene Fach­kräf­te­man­gel auch darauf zurück­zu­füh­ren ist, dass die Unter­neh­men und das sehe ich dann wieder sozu­sa­gen aus einer Innen­per­spek­tive, also auch wir suchen Leute, die mög­lichst pass­ge­nau auf diese Anfor­de­run­gen passen sollen und die Leute gibt es aber nicht. Und des­halb müssen wir uns eben auch damit aus­ein­an­der­set­zen, welche Leute brau­chen wir, dass wir die selber ent­wi­ckeln können.“ (Inter­view 4)

 

Arten und Wege der Qualifizierung

Es finden Schu­lun­gen zu den Tools statt, die im Unter­neh­men zum Ein­satz kommen. Auch ver­än­derte Arbeits­be­din­gun­gen durch tech­no­lo­gi­sche Ver­än­de­run­gen wie die zuneh­mende vir­tu­elle Zusam­men­ar­beit, werden im Unter­neh­men und in der Wei­ter­bil­dung berück­sich­tigt. Bemer­kens­wert ist in diesem Zusam­men­hang, dass Schu­lun­gen, ins­be­son­dere solche zur Ver­mitt­lung von Soft Skills, auf tra­di­tio­nelle Weise durch­ge­führt werden, eben ohne Zuhil­fe­nahme von WebEx und E-Lear­ning, um dem Umstand Rech­nung zu tragen, dass ein wesent­li­cher Teil der Kom­mu­ni­ka­tion non­ver­bal abläuft.

Ein wei­te­rer Aspekt der Wei­ter­qua­li­fi­zie­rung stellt die Teil­nahme an Kon­fe­ren­zen, Messen usw. dar, auf denen die Beschäf­tig­ten als Spea­ker auf­tre­ten und Aus­tausch in ihrem Fach­ge­biet pfle­gen. Die Beschäf­tig­ten werden dafür frei­ge­stellt. Beschäf­tigte können neben Ange­bo­ten des Unter­neh­mens auch eigene Vor­schläge zu Schu­lun­gen auf dem Markt an ihren Vor­ge­setz­ten her­an­tra­gen. Je nach betrieb­li­chem Bezug der Schu­lung werden diese Ange­bote nach Prü­fung vom Unter­neh­men finan­ziert und der Beschäf­tigte frei­ge­stellt oder aber durch Teil­fi­nan­zie­rung unter­stützt und der Beschäf­tigte erbringt einen Eigen­an­teil in Form von Geld oder Freizeit.

Um Wissen kurz­fris­tig sicher­zu­stel­len und die Beschäf­tig­ten in kurzer Zeit zu qua­li­fi­zie­ren, finden Boot­camps statt.

Auch findet Per­so­nal­ro­ta­tion statt, d h. Beschäf­tigte wech­seln für eine bestimmte Zeit den Arbeits­be­reich im Unter­neh­men. Das för­dert einer­seits die Fer­tig­kei­ten selbst, aber auch den Blick für das ganz­heit­li­che Zusam­men­ar­bei­ten der ein­zel­nen Fer­ti­gungs­schritte, da Koope­ra­tion zwi­schen diesen Ein­hei­ten zuneh­mend an Bedeu­tung gewinnt.

Dar­über hinaus stel­len Wissen-Tan­dems eine Mög­lich­keit im Unter­neh­men dar, Wissen zu sichern und Per­so­nal weiter zu qua­li­fi­zie­ren. Dabei arbei­ten ein Senior und ein Junior zusam­men. Außer­dem gibt es die Mög­lich­keit, sich von Kolleg*innen coa­chen zu lassen bzw. für Kolleg*innen als Coach zu fungieren.

Auch gibt es für ein­zelne Auf­ga­ben­be­rei­che soge­nannte Nach­wuchs-Teams:

Die Schu­lung der Füh­rungs­kräfte wird im Rahmen einer Füh­rungs­kräf­teaka­de­mie realisiert.

7.2 Füh­rung

Auf­grund der Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung von Pro­zes­sen und Pro­zess­ket­ten und dem damit ver­bun­de­nen Weg­fall von Auf­ga­ben bzw. den damit ver­bun­de­nen Ver­än­de­run­gen im Auf­ga­ben­spek­trum der Teamassistent*innen kam es in der Folge zu einer Ver­än­de­rung in den Zustän­dig­keits­span­nen – meh­rere Berei­che teilen sich nun eine Team­as­sis­tenz, wäh­rend vorher jeder Bereich über eine eigene Team­as­sis­tenz verfügte.

Füh­rungs­span­nen sind in den letz­ten Jahren größer gewor­den, was aber weni­ger auf den tech­no­lo­gi­schen Wandel als viel­mehr auf wirt­schaft­li­che Gründe zurück­zu­füh­ren ist.

Auf­ga­ben der Führungskräfte

In Zeiten des tech­no­lo­gi­schen Wan­dels gehört es zu den Auf­ga­ben der Füh­rungs­kraft, ihr Team „mit­zu­neh­men“, wenn es um Ver­än­de­run­gen der Auf­ga­ben und Anfor­de­run­gen geht, die mit der Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung im Zusam­men­hang stehen.

Unab­hän­gig vom tech­no­lo­gi­schen Wandel besteht, ins­be­son­dere in aus­ge­wähl­ten Berei­chen wie z.B. dem Inno­va­ti­ons­ma­nage­ment, die Auf­gabe der Füh­rungs­per­son weni­ger darin, den Beschäf­tig­ten zu sagen, was zu tun ist, son­dern viel­mehr darin, sie in der Umset­zung eige­ner Ideen zu unter­stüt­zen. Denn inner­halb bestimm­ter Vor­ga­ben arbei­ten die Beschäf­tig­ten in ihren Teams rela­tiv selbst­ge­steu­ert. In diesem Zusam­men­hang stellt das stär­ken­ori­en­tierte Führen ein zuneh­mend wich­ti­ges Thema dar. Dabei wird der Fokus sehr stark darauf gelegt, welche Inter­es­sen und Fer­tig­kei­ten ein Beschäf­tig­ter hat und danach zu schauen wie ein Pro­jekt­team zusam­men­ge­setzt werden kann (Staf­fing). In ersten Ver­an­stal­tun­gen mit den Füh­rungs­kräf­ten wird dies der­zeit the­ma­ti­siert. Erfah­run­gen bestehen bisher noch keine.

Auf­grund des Fach­kräf­te­man­gels und des Wachs­tums des Unter­neh­mens ist eine wei­tere wich­tige Funk­tion der Füh­rungs­kräfte, die Beschäf­tig­ten im Unter­neh­men zu halten, z.B. durch moti­vie­rende Auf­ga­ben und einen wert­schät­zen­den Umgang. Die Erwar­tun­gen der Mitarbeiter*innen an die Füh­rungs­kräfte haben sich nach Aus­sa­gen der Befrag­ten in den letz­ten Jahren gewan­delt und für einige Füh­rungs­kräfte stellt es eine neue Her­aus­for­de­rung dar, sich mit diesen Erwar­tun­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen. Sie werden weni­ger in der Rolle des Über­wa­chers und Auf­ga­ben­ver­tei­lers gese­hen als viel­mehr in der Rolle des Beglei­ters und Mentors.

Und das schlägt aus meiner Sicht auch stark auf die Füh­rungs­kräfte zurück, weil die Füh­rungs­kräfte müssen sich bemü­hen ihre Mit­ar­bei­ter in der Orga­ni­sa­tion zu halten und span­nende Jobs also span­nende Auf­ga­ben zu geben, ordent­lich mit ihren Mit­ar­bei­tern umzu­ge­hen, auf Sorgen und Nöte zu achten, Kon­flikte ange­mes­sen zu bear­bei­ten. Da wird mitt­ler­weile, glaube ich, sehr viel Erwar­tung auch von den Mit­ar­bei­tern an die Füh­rungs­kräfte gege­ben, aus­ge­spei­chert. Und die Füh­rungs­kräfte müssen sich erst­mal mit diesem Rol­len­mo­dell, also dass über­haupt ein Mit­ar­bei­ter solche Erwar­tun­gen hat, dass stellt manche Füh­rungs­kraft vor große Nach­denk­pro­zesse.“ (Inter­view 4)

Aktu­ell wird im Unter­neh­men ein Ver­such gestar­tet, ein Team für die Dauer der Eltern­zeit der Füh­rungs­kraft selbst­or­ga­ni­siert arbei­ten zu lassen. Dies wird im Sinne eines Ver­su­ches beglei­tet und Erfah­run­gen dazu gesam­melt und im Unter­neh­men kom­mu­ni­ziert. Es bleibt abzu­war­ten, wie Füh­rungs­kräfte auf ver­gleich­bare reagie­ren, könnte hier doch eine Ver­än­de­rung ihrer der­zei­ti­gen Rolle mög­lich sein.

7.3 Wis­sens­ma­nage­ment, Wissenssicherung

Wis­sens­si­che­rung und Wis­sens­ma­nage­ment spie­len im Unter­neh­men eine beson­ders zen­trale Rolle, da das Geschäft nicht als Ver­kauf von Pro­duk­ten son­dern als Ver­kauf von Wissen ver­stan­den werden kann. Das Wissen der Beschäf­tig­ten ist die Grund­lage für die Bereit­stel­lung von Soft­ware-Lösun­gen für den Kund*in.

Wis­sens­si­che­rung, vor allem expli­zier­ba­res Wissen betref­fend, erfolgt auch in großem Maße durch die digi­tale Bereit­stel­lung von Infor­ma­tio­nen zu Stan­dard­pro­zes­sen im Intranet.

Ein­kauf folgt einem bestimm­ten Pro­zess und das ist doku­men­tiert in einem POMS-System, das ist das pro­jekt­ori­en­tierte Manage­ment-System. Also wenn ich wissen will, wie funk­tio­niert eine Ein­stel­lung oder wie funk­tio­niert der Ein­kauf bei uns, kann ich dort nach­gu­cken. Das ist etwas, wo ich Wissen expli­zit hin­ter­lege.“ (Inter­view 3)

Von Stan­dard­pro­zes­sen abge­se­hen wird wissen aber nicht „ein­fach so“ doku­men­tiert und wartet auf Abruf, son­dern ist viel­mehr anlass­be­zo­gen als Frage-Ant­wort-Format gesi­chert. So ent­steht die expli­zite Siche­rung des Wis­sens im Intra­net in den ein­zel­nen Com­mu­nities, in die Fragen ein­ge­stellt werden können und auf die dann Ant­wor­ten gege­ben werden. In einer Know­ledge Base können die Beschäf­tig­ten außer­dem zu bestimm­ten Themen Lösun­gen und Bei­träge einstellen.

Neben dem Aus­tausch in Com­mu­nities erfol­gen eine wis­sens­ba­sierte Zusam­men­ar­beit und ein Aus­tausch von Wissen auch in For­ma­ten wie Team­mee­tings und Info­ta­gen.

Neues Wissen wird auch durch Freelancer*innen gewon­nen, die Expert*innen auf einem bestimm­ten Gebiet sind und ihre Fer­tig­kei­ten dem Unter­neh­men für einen bestimm­ten Zeit­raum zur Ver­fü­gung stel­len und das Wissen so an andere weitergeben.

Wis­sens­kul­tur

Zur Wis­sens­si­che­rung trägt auch bei, dass zuneh­mend trans­pa­rent gear­bei­tet wird. Dies wird durch ent­spre­chende Soft­ware geför­dert, die das gemein­same Arbei­ten an Doku­men­ten ermög­licht. Sie unter­stützt dabei den Trend, andere bereits früh­zei­tig in Arbeits­stände ein­zu­be­zie­hen. Durch die Trans­pa­renz von Ent­ste­hungs­pro­zes­sen kann das Wissen aller Betei­lig­ten genutzt werden.

Im Zusam­men­hang mit dem Thema Wis­sens­ma­nage­ment wird auch ein Kul­tur­wan­del im Sinne einer zuneh­men­den Feh­ler­kul­tur genannt, die es erlaubt, Fehler ein­zu­ge­ste­hen und daraus bspw. für andere Pro­jekte zu lernen. Dies führt mittel- bis lang­fris­tig auch zu Kosteneinsparungen.

So diesen Denk­wan­del zu erzeu­gen, Fehler sind wich­tig und um inno­va­tiv zu sein müssen wir Fehler machen. Aber dazu müssen wir aber auch Fehler ein­ge­ste­hen, von Feh­lern lernen, Fehler kom­mu­ni­zie­ren, damit andere die Fehler nicht mehr machen. Und das genau ist das Span­nendste an der Sache, dieses Umden­ken.“ (Inter­view 5)

Im Unter­neh­men gibt es eine Skill-Daten­bank. Das Pro­jekt-Staf­fing erfolgt jedoch in der Regel gezielt und dezen­tral mit den jewei­li­gen Füh­rungs­kräf­ten, so dass Teams mit viel­fäl­ti­gen Kom­pe­ten­zen zusam­men­ge­stellt werden.

Inno­va­ti­ons­ma­nage­ment

Für bestimmte Inno­va­ti­ons­pro­jekte wech­seln aus­ge­wählte Beschäf­tigte tem­po­rär aus ihrem ursprüng­li­chen Geschäfts­be­reich in den Inno­va­ti­ons­be­reich. Dabei han­delt es sich um Beschäf­tigte mit Ideen und Enga­ge­ment („High Poten­ti­als“). Vor­schläge für Inno­va­ti­ons­pro­jekte kommen von den Beschäf­tig­ten selbst und werden durch die Geschäfts­füh­rung aus­ge­wählt und gesteu­ert. Die Ent­wick­lung von Inno­va­tio­nen ori­en­tiert sich an Pro­ble­men der Kund*innen, sodass Beschäf­tigte aus allen Berei­chen mit Kund*innenkontakt und Kon­takt zum Markt für die Inno­va­ti­ons­teams essen­ti­ell sind. Nach einer bestimm­ten Zeit gehen diese Kolleg*innen dann mit dem neu erwor­be­nen Wissen in ihre ursprüng­li­chen Teams zurück.

Auch in den Teams im Geschäfts­be­reich können die Beschäf­tig­ten in Abspra­che mit ihrer Füh­rungs­kraft einen Teil der Arbeits­zeit für Inno­va­ti­ons­ent­wick­lung ver­wen­den. Dar­über hinaus wird in jähr­li­chen Camps über inno­va­tive Ideen diskutiert.

8 Per­spek­ti­ven und Gestaltungshinweise

8.1 Tech­no­lo­gi­sche Perspektiven

Das Unter­neh­men wird kurz- und mit­tel­fris­tig wei­tere Ver­än­de­run­gen vor­neh­men, von deren Folgen die Arbeit der Beschäf­tig­ten beein­flusst werden wird. Diese sind nach­fol­gend stich­punkt­ar­tig dargestellt:

  • Aus­la­gern der Tele­fon­an­lage an Fremdanbieter
  • Auto­ma­ti­sie­rung Ticketsystem
  • Vor­be­rei­tung und Inbe­trieb­nahme eines Enter­prise-Ser­vice-Bus zur Kom­mu­ni­ka­tion ver­schie­de­ner digi­ta­ler Sys­teme über eine zen­trale Schnittstelle
  • Automatisierung/Digitalisierung wei­te­rer Geschäfts­pro­zesse und -berei­che (z.B. Recrui­t­ing über die Nut­zung von Xing- oder Lin­kedIn-Pro­fi­len, Dienstreiseabrechnung.

Dar­über hinaus wurde der Wunsch geäu­ßert, die im Intra­net vor­han­dene End-zu-End-Kom­mu­ni­ka­tion, in der alle sowohl Sender als auch Empfänger*in sein können, auch in der mobi­len App zu rea­li­sie­ren, in der momen­tan nur die Emp­fän­ger-Funk­tion imple­men­tiert ist.

Auch könnte die Mög­lich­keit, dass Beschäf­tigte bei ihrer Füh­rungs­kraft bean­tra­gen können Stun­den für Inno­va­tio­nen abzu­rech­nen, stär­ker in den Teams bekannt gemacht werden. Dies scheint noch nicht in allen Teams deut­lich gewor­den zu sein, so dass Inno­va­tio­nen und krea­tive Ideen ggf. durch die erlebte Not­wen­dig­keit, Arbeits­zeit auf Kun­den­pro­jekte abzu­rech­nen, nicht in vollem Umfang aus­ge­schöpft werden.

Dar­über hinaus besteht noch Ent­wick­lungs­be­darf bei der Feh­ler­kul­tur im Unter­neh­men, wenn­gleich dies bereits in ver­schie­de­nen Kon­tex­ten the­ma­ti­siert wird. Damit ist die Offen­heit gegen­über dem Lernen aus Feh­lern und der Mög­lich­keit gemeint, Ideen zu testen, auch wenn die Mög­lich­keit des Schei­terns besteht sowie Fehler nicht zu bestrafen.

8.2 Bereichs­über­grei­fende Kol­la­bo­ra­tion, unter­neh­mens­über­grei­fende Kooperation

Sehr deut­lich wurde, dass Berei­che im Unter­neh­men zuneh­mend mit­ein­an­der koope­rie­ren müssen. Gleich­zei­tig wurde auch erkenn­bar, dass die Struk­tur des Unter­neh­mens (im Sinne von Abtei­lun­gen/­Pro­fit-Cen­tern) eher ein Hin­der­nis für die Not­wen­dig­keit der bereichs­über­grei­fen­den Koope­ra­tion dar­stellt. Um Agi­li­tät zu errei­chen, die als Vor­aus­set­zung für den Erfolg des Geschäfts gese­hen wird, müssen die Struk­tu­ren agiler und fle­xi­bler werden. Auch vor dem Hin­ter­grund des Wachs­tums des Unter­neh­mens ist dies eine beson­dere Her­aus­for­de­rung. Daran wird gear­bei­tet, es wird jedoch noch deut­li­ches Ent­wick­lungs­po­ten­zial für das Unter­neh­men gesehen.

Und wenn die indi­vi­du­el­len Bereich­se­go­is­men gegen das Zusam­men­wir­ken der gesam­ten Kette arbei­ten, weil jemand sein Käst­chen nur betreut, das funk­tio­niert nicht.“ (Inter­view 2)

… dieses starre Bereichs­den­ken muss abge­baut werden, um gemein­sam zu arbei­ten, abtei­lungs­über­grei­fend zusam­men zu arbei­ten und die Teams fle­xi­bler gestal­ten zu können.“ (Inter­view 5)

Um Kol­la­bo­ra­tion und über­grei­fen­des Arbei­ten zu rea­li­sie­ren, ist u.a. das Thema Job Rota­tion inner­halb des Unter­neh­mens und über Abtei­lungs­struk­tu­ren hinweg aktu­ell von Bedeu­tung. Gleich­zei­tig könn­ten digi­tale Tools noch stär­ker ein­ge­setzt werden, um Zusam­men­ar­beit, Trans­pa­renz und Kol­la­bo­ra­tion zu stär­ken. Dabei hängt die zen­trale IT mit­un­ter den Ansprü­chen der Teams hin­ter­her, so dass sich eine Schat­ten-IT ent­wi­ckelt, d.h. die Beschäf­tig­ten finden und nutzen eigene Tools, mit denen sie ihre Zusam­men­ar­beit optimieren.

Des Wei­te­ren gibt es Hin­weise darauf, dass die Kom­mu­ni­ka­tion sich noch stär­ker ver­la­gern sollte von der E-Mail-Kom­mu­ni­ka­tion hin zum netz­werk­ori­en­tier­ten trans­pa­ren­ten Arbei­ten über Team File Share oder das Intra­net. Auch hier scheint es noch Unter­schiede zwi­schen Teams und Beschäf­tig­ten mit Blick auf die Nut­zungs­in­ten­si­tät und Arbeits­weise zu geben.

Auch die Koope­ra­tion mit ande­ren Unter­neh­men und Bran­chen (z.B. auch aus dem Hard­ware­be­reich) gewinnt in Zeiten des Inter­net der Dinge an Bedeutung.

8.3 Erler­nen von Fer­tig­kei­ten für den digi­ta­len Wandel

In den Gesprä­chen wird die Erwar­tung erkenn­bar, dass Wissen zukünf­tig immer schnel­ler ver­al­ten wird, dass die Inno­va­tions- und Ent­wick­lungs­zy­klen immer kürzer werden. Und ent­spre­chend müssen die Beschäf­tig­ten mit dieser Dyna­mik und diesem Tempo umge­hen. Wich­tig sind hier vor allem die Fer­tig­keit, das Lernen zu lernen, Medi­en­kom­pe­tenz und weni­ger spe­zi­fi­sches Fachwissen

Auch die Not­wen­dig­keit wird erkenn­bar, dass digi­tale Kom­mu­ni­ka­tion bestimmte Fer­tig­kei­ten erfor­dert, die erst ver­mit­telt und erlernt werden müssen. Dies gilt für die Kom­mu­ni­ka­tion über E-Mail (z.B. cc-Rege­lun­gen) und Lynk oder die vir­tu­elle Kom­mu­ni­ka­tion über WebEx (z. B. Weg­fall non­ver­ba­ler Signale).

Eine Ent­wick­lung, die zukünf­tig erwar­tet wird und auf die reagiert werden muss, ist die, dass neue Skills von Bedeu­tung sein werden, die Data-Sci­en­tists, welche per­spek­ti­visch wie­derum auch durch Auto­ma­ten ersetz­bar sein werden. Das heißt, dass Fer­tig­kei­ten auf immer abs­trak­te­rer Ebene erfor­der­lich sein werden.

8.4 Her­aus­for­de­rung demo­gra­phi­scher Wandel, Personalentwicklung

Wenn­gleich die Beschäf­tig­ten im Durch­schnitt recht jung sind, werden zuneh­men­des Alter und damit ver­bun­dene Themen wie der Aus­tausch von Wissen zwi­schen jün­ge­ren und älte­ren Beschäf­tig­ten, Alters­teil­zeit, krank­heits­be­dingte Aus­fälle und dem Bedarf an Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie (d.h. sowohl Kin­der­be­treu­ung als auch Pflege) eine Rolle spie­len. Die Frage ist auch, wie Beschäf­tigte kurz vor dem Ruhe­stand moti­viert werden können, die tech­no­lo­gi­schen Ver­än­de­run­gen mit­zu­tra­gen bzw. die dadurch ent­ste­hen­den neuen Auf­ga­ben zu bewäl­ti­gen. Hier gilt es, per­spek­ti­visch Modelle zu entwickeln.

Na, wir merken das schon, dass es lang­sam, dass immer mehr auch der Wunsch laut wird auch für ältere Arbeits­neh­mer etwas zu tun. Auch Füh­rungs­kräfte, sind lange auch bei uns Füh­rungs­kräfte und werden älter…dass es lang­sam ein Thema wird, wie das Alter im Unter­neh­men… Kommen alle noch so schnell mit usw. Tech­no­lo­gien, Wei­ter­bil­dun­gen usw. Wie können die Jün­ge­ren von den Älte­ren lernen und die Älte­ren von den Jün­ge­ren. Das gewinnt zuneh­mend an Rele­vanz.“ (Inter­view 1)

Dann weiß ich es, aber ich denke auch, dass das viele ältere Kol­le­gen beschäf­tigt. Aber wir haben keine offi­zi­el­len Ant­wor­ten bis jetzt. Wir nehmen so was wahr, wir dis­ku­tie­ren da durch­aus auch mit den Mit­ar­bei­tern oder Füh­rungs­kräf­ten, wie wir da in Ein­zel­fäl­len reagie­ren können, auch in Rich­tung Per­so­nal­ent­wick­lung ver­su­chen wir dort, naja, ent­spre­chende Auf­ga­ben in der Orga­ni­sa­tion zu finden, aber ich habe jetzt kein Kon­zept.“ (Inter­view 4)

Unab­hän­gig vom Alter könnte es, auch ange­sichts der beschrie­be­nen hohen Arbeits­an­for­de­run­gen und Arbeits­ver­dich­tung, zu einer Zunahme von ungüns­ti­gen Bean­spru­chungs­fol­gen kommen, die sich auf die Gesund­heit aber auch das Leis­tungs­ver­mö­gen aus­wir­ken können. Hier stellt sich die Frage, wie das Unter­neh­men darauf reagiert, sofern die Beschäf­tig­ten im Unter­neh­men blei­ben wollen bzw. diese Beschäf­tig­ten im Unter­neh­men gehal­ten werden sollen.

8.5 Betrieb­li­ches Gesundheitsmanagement

Län­ger­fris­tig ist es Ziel des Unter­neh­mens, indi­vi­du­elle Wün­sche und Bedarfe der Beschäf­tigte durch Schaf­fung indi­vi­dua­li­sier­ba­rer Ange­bote (Sport, Gesund­heits­maß­nah­men) noch stär­ker berück­sich­ti­gen zu können.

Wie in fast allen Unter­neh­men stellt sich die Frage, wie sich mit den Maß­nah­men die Beschäf­tig­ten errei­chen lassen, die davon am meis­ten pro­fi­tie­ren würden. In der Mehr­heit werden vor­ran­gig die­je­ni­gen erreicht, die ohne­hin schon eine aus­ge­prägte Gesund­heits­ori­en­tie­rung haben. Eine wei­tere Her­aus­for­de­rung besteht darin, Einmal-Aktio­nen (wie z. B. Ange­bote und Themen eines Gesund­heits­ta­ges), wenn sie in dau­er­haft ange­bo­tene Maß­nah­men über­führt wurden, auch als dau­er­haft genutzte Ange­bote zu eta­blie­ren. Auch muss ein Bewusst­sein bei den Beschäf­tig­ten dafür geschaf­fen werden, dass der Arbeit­ge­ber Ange­bote schaf­fen kann, dass sie dann aber auch in ihrem Ver­hal­ten gefor­dert sind.

Schließ­lich ist jähr­lich aufs Neue ein Budget für das BGM fest­zu­le­gen, wobei es schwie­rig ist, unmit­tel­bare Effekte auf­zu­zei­gen und gegen kurz­fris­tige Bedarfe wie expan­die­rende Büro­flä­che zu behaup­ten, der dann z.B. ein Work­out-Raum wei­chen muss.

Also die Maß­nah­men werden iden­ti­fi­ziert, es wird auf­ge­schrie­ben, es gibt ganz viel Flip Chart, die damit beschrie­ben sind, was man alles ändern müsste und oft­mals landen die dann aber wirk­lich in der Schub­lade, weil ein­fach andere Sachen an Prio­ri­tät gewin­nen.“ (Inter­view 1)

Dar­über hinaus gibt es noch Ver­bes­se­rungs­mög­lich­kei­ten im Hin­blick auf das Ausmaß, in dem Füh­rungs­kräfte ihre Teams für Gesund­heits­the­men (auch psy­chi­sche Gesund­heit) begeis­tern und in Bezug auf Gesund­heits­ver­hal­ten eine Vor­bild­funk­tion einnehmen.

Ins­be­son­dere im Hin­blick auf die Themen Arbeits­last, Arbeits­ver­dich­tung, die in allen Inter­views deut­lich werden, ist darauf hin­zu­wei­sen, dass Ver­hal­tensprä­ven­tion (z.B. Kurse zum Stress­ma­nage­ment, Acht­sam­keit) nur bis zu einem gewis­sen Punkt wirk­sam ist, dass aber auch Ver­hält­nis­prä­ven­tion erfor­der­lich ist, die an den Rah­men­be­din­gun­gen anset­zen muss (z.B. Fragen wie: braucht es per­so­nelle Unter­stüt­zung?; Wie rea­lis­tisch sind die Kun­den­pro­jekte kalkuliert?).

Zu emp­feh­len ist, die Unter­stüt­zung durch Kran­ken- und Unfall­ver­si­che­rer in stär­ke­rem Ausmaß zu nutzen.

8.6 Inter­na­tio­na­li­sie­rung von Kunden, Schichtarbeit

Es ist mög­lich, dass in den kom­men­den Jahren der Kun­den­kreis stär­ker inter­na­tio­na­li­siert aus­fällt und damit auch brei­ter gestreute Arbeits­zei­ten, z.B. durch Schicht­ar­beit abge­deckt werden müssen.

8.7 Mee­ting­kul­tur

Ange­spro­chen wurde, dass die Mee­ting-Kultur Ver­än­de­runspo­ten­tial hat, indem z.B. eine Reduk­tion in der Häu­fig­keit von Tref­fen denk­bar und erstre­bens­wert sei.

8.8 Fazit

Für die erfolg­rei­che Umset­zung tech­no­lo­gi­scher Neue­run­gen im Unter­neh­men stel­len die Tech­no­lo­gien selbst nur eine Facette des Gelin­gens dar. Die Ein­füh­rung der Tech­no­lo­gie muss ein­her­ge­hen mit einem Kul­tur­wan­del und der Anpas­sung von Pro­zes­sen im Unter­neh­men. So stellt bspw. die Imple­men­tie­rung von Kol­la­bo­ra­ti­ons-Tools, die ein trans­pa­ren­tes und gleich­be­rech­tig­tes Zusam­men­ar­bei­ten ermög­li­chen, eta­blierte Hier­ar­chien vor eine Her­aus­for­de­rung, so dass mit der Ein­füh­rung der Tech­no­lo­gie weit­rei­chende Aus­wir­kun­gen auf die Unter­neh­mens­phi­lo­so­phie denk­bar sind.

Eine Her­aus­for­de­rung bei der Imple­men­tie­rung des tech­no­lo­gi­schen Wan­dels liegt in der Iden­ti­fi­ka­tion von den Pro­zes­sen, die sich (sinn­voll) digi­ta­li­sie­ren und auto­ma­ti­sie­ren lassen sowie der Unter­schei­dung zwi­schen aus­la­ger­ba­ren und intern betrie­be­nen Pro­zes­sen. In einem nächs­ten Schritt bedarf es per­ma­nen­ter Kom­mu­ni­ka­tion mit den Beschäf­tig­ten über anste­hende Ver­än­de­run­gen, um Ängste und Beden­ken auf­zu­grei­fen, sie ernst zu nehmen, aber auch gegen Wider­stände zu arbei­ten. Bei der Ein­füh­rung von Tools werden nicht immer die Wün­sche und Vor­stel­lun­gen aller rea­li­sier­bar sein. Wich­tig ist die früh­zei­tige Ein­bin­dung der Beschäf­tig­ten in Ver­än­de­rungs­pro­zesse und Pilotierungen.

Die Ein­füh­rung von Tech­no­lo­gien muss beglei­tet werden: so sollte z. B. die Ein­füh­rung von WebEx nicht nur mit Blick auf die Tech­nik beglei­tet werden, son­dern auch im Hin­blick auf ver­än­derte Kom­mu­ni­ka­tion im vir­tu­el­len Zusam­men­ar­bei­ten. Und auch die Zusam­men­ar­beit an Doku­men­ten muss von einem Teil der Kolleg*innen neu gelernt werden.

Deut­lich werden eine zuneh­mende Ver­dich­tung der Arbeit und eine Zunahme psy­chi­scher Belas­tun­gen durch kurze Inno­va­ti­ons­zy­klen sowie Zeit- und Leis­tungs­druck. Im Rahmen des betrieb­li­chen Gesund­heits­ma­nage­ments finden Ange­bote im Bereich der kör­per­li­chen Akti­vi­tä­ten und des Stress­ma­nage­ments ent­spre­chend große Beach­tung. Den­noch sollte neben der Ver­hal­tensprä­ven­tion der Beschäf­tig­ten auch die Ver­hält­nis­prä­ven­tion mit Blick auf den Zeit- und Leis­tungs­druck nicht ver­nach­läs­sigt werden.